Jack Holborn unter den Freibeutern
ein
bißchen enttäuscht fühlte, immer Jack Holborn sein
zu müssen, aber dann fand ich es doch ganz annehm-
bar und freute mich beinahe, daß ich meinen Namen
nicht ändern mußte, an den ich mich so gewöhnt hat-
te.
Daß meine Mutter nur Hausdame war, machte mir
überraschend wenig aus, wenn man bedenkt, wie
hoch sich meine Hoffnungen manchmal erhoben hat-
ten. Ich schob das auf die Angst, die ich einmal hatte, mit einer gewissen Mrs. London zu eng verwandt zu
sein.
Das einzige, das meine Freude ein wenig beein-
trächtigte, war der Umstand, daß mein Auftritt bei
ihr nicht so großartig verlief, wie ich ihn mir immer 279
gewünscht hatte. Gewiß, ich hatte meine feinen
Freunde, die mir Glanz verliehen, aber davon abgesehen, brachte ich keinerlei materielles Glück.
Ich überlegte, daß wir uns wahrscheinlich irgend-
wo in ziemlich bescheidenen Verhältnissen niederlassen würden, die dann und wann von den Besuchen
zweier reicher Freunde verschönt werden würden.
Das tröstete mich etwas, und ich gab mich der Hoff-
nung hin, daß meine Mutter sich Lord Sheringham und Mister Trumpet ebenso rückhaltlos anschließen würde wie ich, und daß diese ihrerseits für sie schwärmen würden. Meine eigenen Gefühle in dieser Beziehung
wagte ich mir gar nicht einzugestehen.
»Es hätte der Weihnachtstag sein sollen«, sagte
Mister Trumpet bitter, als wir uns dem Haus näher-
ten.
»Warum, Mann, warum? Was ist jetzt der Unter-
schied?«
»Weil ich ein Geschenk für ihn habe. Es hätte war-
ten sollen. Dann wäre es passender gewesen.«
»Dann gib’s ihm morgen.«
»Nein, ich habe versprochen, daß er’s kriegen soll, wenn’s am meisten ins Gewicht fällt. Und das, finde ich, ist jetzt … Hier, Jack, ein Weihnachtsgeschenk –
einen Tag zu früh, aber dennoch ein Weihnachtsge-
schenk – von – du weißt von wem. Nimm es und sei
glücklich.«
Ziemlich gereizt und linkisch steckte er mir etwas
in die Hände. Das Gefühl von grobem Segeltuch war
zuerst verwirrend und dann herzzerbrechend ver-
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traut. Ich konnte beim besten Willen eine ganze Flut von Tränen nicht zurückhalten. Es war ein sehr rührender Augenblick, an den unseligen Mister Morris
erinnert zu werden.
Mister Trumpet hatte mir gerade den vergessenen
Juwelenbeutel des kleinen Segelmeisters gegeben.
Nicht so reich wie der Schatz, den ich einmal vergeu-det hatte, aber immerhin etwa eine halbe Million
Pfund wert.
»Er sagte, ich solle es dir geben, wenn du genug
Verstand hättest, um davon einen guten Gebrauch zu
machen. Ich glaube nicht, daß der Tag schon gekom-
men ist – oder je kommen wird, aber ich hoffe, daß
eine gewisse Dame umsichtiger sein wird als ihr
Sohn.«
»Du hättest – hm – warten sollen, Trumpet«, hörte
ich Lord Sheringham flüstern. »Der Junge ist vor
Rührung ganz außer sich. Seine Augen werden
furchtbar rot und geschwollen sein, wenn er reingeht, um sie kennenzulernen.«
XXVII
Lord Sheringham ließ sich auf das beste empfehlen
und bat um die Vergünstigung, den Hodges seine
Aufwartung machen zu dürfen. Sie waren von der
Großartigkeit des Besuchers riesig erstaunt und sozusagen überrollt. Lady Hodges, eine dünne, nervöse
Person mit dichtem rotem Haar, das von einer Kappe
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gebändigt wurde, war wild vor Erregung und teilte
ihre Aufmerksamkeit zwischen der Karte seiner Lord-
schaft und dem großen Mann selbst. Denn schließlich konnte Lord Sheringham bald wieder fort sein, aber
seine Karte würde für immer bleiben.
Sir Bertram dagegen widmete sich Mister Trumpet
und mir, da er es bequemer fand, einen bloßen »Mi-
ster« und »Master« von oben herab zu behandeln. In
wunderbar kurzer Zeit erfuhren wir, wie groß sein
Park war, wie zahlreich die Dienerschaft und wie
streng sie unter Zucht gehalten wurden.
»A-ah!«
Einen Augenblick dachte ich, es sei eine aufge-
scheuchte Dohle, aber es war Lady Hodge, die er-
fuhr, warum wir Besuch machten. Ein sehr vorneh-
mer, im Innersten verletzter Schrei bezeichnete ihre Aufnahme der Neuigkeit. Sie war ganz dunkelrot geworden – eine sehr ungewöhnliche Farbe für jemand
von ihrem Teint – und starrte mich furchtbar an.
»Sir Bertram – oh, Sir Bertram. Weißt du, weshalb
Seine Lordschaft gekommen ist?«
»Nein, weiß ich nicht, Gnädigste. Ich habe es dir
überlassen, das rauszufinden. So was kannst du gut.
Dafür hast du eine Nase.«
»Wir dachten, er sei durch den Schnee aufgehalten
worden, nicht
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