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Jack Holborn unter den Freibeutern

Jack Holborn unter den Freibeutern

Titel: Jack Holborn unter den Freibeutern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Garfield
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noch lebte,
    und wie.
    Das muß alles gesagt werden, meine Liebe, alles,
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    alles. Warum? Möchten Sie etwa Ihrem eigenen Sohn
    eine Mutter geben, die keine Liebe für ihn zu spüren schien? Pfui, Mrs. Holborn. Sie haben für solche
    Dinge kein Verständnis.«
    Einen Augenblick begegneten sich die Blicke mei-
    ner Mutter mit den meinen, und ich sah, daß sie sehr wohl Verständnis für solche Dinge hatte: ein großes und natürliches – und ich freute mich darüber.
    Aber jetzt wollte sie wissen, wie ich mir mein Ver-
    mögen erworben hatte: alles! Sir Bertram und Lady
    Hodge brannten auch darauf, es zu erfahren: und in-
    folgedessen verließen wir den Tisch erst eine ganze Zeit nach Mitternacht, als längst Weihnachtstag war.
    Zuerst versuchte ich, Mister Trumpet oder Lord
    Sheringham zu überreden, daß sie die Geschichte er-
    zählten, da sie es besser könnten. Aber sie lehnten es beide energisch ab, wahrscheinlich veranlaßt durch
    die unausgesprochene, aber dennoch beredte Bitte
    meiner Mutter, alles von ihrem verlorenen Sohn zu
    hören.
    So fing ich also an: »Meine Geschichte muß begin-
    nen, als ich in Bristol an Bord der Charming Molly
    ging …« Und bis meine beiden Freunde in die Ge-
    schichte eintraten, ging alles recht gut. Dann begannen sie zu unterbrechen und auszuschmücken und zu
    widersprechen, daß ich beinahe aufgab.
    Aber immer kam Mrs. Holborn zu meiner Rettung
    und brachte meine Quälgeister zu einem beschämten
    Schweigen.
    Manchmal unterbrach sie mich allerdings selber.
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    Die Episode mit Taplow setzte ihr so zu, daß sie mich bat, als ich zur kritischen Stelle kam, ich solle sie nicht länger zappeln lassen, sondern ohne Umschwei-fe sagen, ob ich getötet wurde, als ich auf das Deck stürzte. Darüber wurde sehr laut gelacht – und vor
    allem von ihr, als sie begriff, was sie da gesagt hatte.
    Dann entschuldigte sie sich kleinlaut und versprach, sie würde mich nicht mehr unterbrechen, wenn ich
    weiter erzählte.
    Sie hielt Wort und saß in dankenswertem Schwei-
    gen, bis meine Erzählung beendet war. Es ging gut:
    manche Stücke gefielen ihr besser als andere. Sie
    schien durch den Tod von Mister Morris sehr bewegt
    – die Versteigerung gefiel ihr ganz besonders.
    Ich machte ziemlich schnell Schluß, denn ich wollte die dunkleren Seiten der jüngsten Ereignisse nicht zu ausführlich behandeln, da sie nicht zu Weihnachten
    paßten. Klatschen und Bravorufe setzten ein, nach-
    dem ich Schluß gemacht hatte, und schufen Platz für eine lebhafte, allgemeine Diskussion.
    »Und ist das alles wahr?« fragte meine Mutter. »Er
    war wirklich so großartig?«
    »Madame«, sagte Lord Sheringham. »Er hat noch
    nicht die Hälfte erzählt.«
    »Gott sei Dank«, sagte Mister Trumpet, der von
    seinem langen Schweigen nervös geworden war.
    »Und Sie haben ihn beide zum erstenmal am selben
    Tag gesehen?« fuhr meine Mutter fort, als ob sie kei-ne anderen Sorgen hätte. »Seltsam.«
    »Das stimmt, Madame. Ich sah ihn zum ersten
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    Mal an dem Tag, an dem Mister Trumpet an Bord
    kam. Er hatte mir den Rücken zugekehrt und stand
    brütend über einem Faß mit Pökelfleisch. Ich legte
    ihm die Hand auf die Schulter, aber er sah nicht auf.
    Daher ging ich, bevor ich selbst überrascht wurde.«
    Dann ergriff Mister Trumpet das Wort und dann
    wieder Lord Sheringham, und sie sprachen ausführli-
    cher über dies und das, bis meine Mutter die Hände
    in komischer Verzweiflung hochwarf und rief:
    »Genug! Genug! Ich kann nicht alles in mich auf-
    nehmen. Ich möchte lachen und weinen vor Stolz –
    und wünschte nur, ich könnte Sie alle auf immer und ewig bei mir behalten. Ach, meine Herren! ich
    schwöre, daß ich heute nacht kein Auge zutun wer-
    de.«
    Am nächsten Tag – oder um genau zu sein, am sel-
    ben Tag, nachdem wir geschlafen hatten und ins
    kleine Wohnzimmer herabgekommen waren, wurde
    Kriegsrat gehalten, da man allgemein annimmt, daß
    sechs Köpfe besser sind als einer. Das Thema des Tages, nämlich das Holborn-Vermögen, wurde lang und
    ernst durchgesprochen. Die Weisheit von Lord She-
    ringham, die Schlauheit von Mister Trumpet, der
    Stolz von Sir Bertram und die Geschwätzigkeit von
    Lady Hodges trugen alle ihr Scherflein bei, und meine Mutter und ich waren zum Zuhören verurteilt.
    Es wurde beschlossen, daß wir uns ein kleines
    Stadthaus kaufen sollten, in der Nachbarschaft der
    Dover Street – und gleichzeitig ein Landgrundstück in Lancing mieten, das keine halbe Tagereise von

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