Jack McEvoy 01 - Der Poet
sagen?«
»Hören Sie, Thorson, danke für den Kaffee und so weiter, aber ich weiß, dass Sie es waren, der Warren angerufen hat, und ich weiß, dass Sie gestern Abend in meinem Zimmer waren.«
Thorson fuhr an den Bordstein, in einer Zone, in der nur Lieferwagen halten durften. Dann sah er mich an.
»Was haben Sie da eben gesagt?«
»Sie haben genau gehört, was ich gesagt habe. Dass Sie in meinem Zimmer waren. Ich habe noch keine Beweise dafür, aber wenn Warren wieder vor mir irgendetwas veröffentlicht, dann gehe ich zu Backus und sage ihm, was ich gesehen habe.«
»Hören Sie, Sportsfreund, dieser Kaffee war mein Friedensangebot. Wenn Sie ihn mir ins Gesicht kippen wollen, okay. Aber ich habe nicht die geringste Ahnung, was Sie sich da zusammenspinnen, und zum letzten Mal, ich rede nicht mit Reportern. Punktum. Mit Ihnen rede ich jetzt nur, weil Sie eine Spezialgenehmigung haben.«
Er rammte den Schalthebel auf Fahren und schoss hinaus in den Verkehr, was ihm ein wütendes Hupen eines anderen Fahrers einbrachte. Heißer Kaffee schwappte auf meine Hand, aber ich gab keinen Ton von mir. Wir fuhren mehrere Minuten lang schweigend weiter und gerieten schon bald in eine Schlucht aus Beton, Glas und Stahl. Wilshire Boulevard. Wir näherten uns den Hochhäusern der Innenstadt. Der Kaffee schmeckte mir nicht mehr, und ich drückte den Deckel wieder auf den Becher. »Wo wollen wir hin?«, fragte ich schließlich.
»Zu Gladdens Anwalt. Anschließend fahren wir nach Santa Monica zu diesem dynamischen Duo, das dieses Stück Scheiße eingebuchtet hat und es dann wieder laufen ließ.«
»Ich habe den Artikel in der Times gelesen. Sie wussten nicht, wen sie vor sich hatten. Daraus kann man ihnen keinen Vorwurf machen.«
»Ja, richtig, niemand ist je an irgendetwas schuld.«
Es war mir vollauf gelungen, Thorsons Friedensangebot zu akzeptieren und es dann in der Toilette hinunterzuspülen. Jetzt war er wieder arrogant und verdrossen. Sein normales Benehmen, soweit mir bekannt war, aber es war diesmal trotzdem meine Schuld.
»Hören Sie«, sagte ich, stellte meinen Kaffee auf den Boden und hob resignierend die Schultern. »Es tut mir Leid, okay? Wenn ich mich in Bezug auf Sie und Warren und alles andere geirrt haben sollte, dann tut es mir Leid. Die ganze Sache hat sich mir einfach so dargestellt. Wenn ich mich geirrt habe, bitte ich um Entschuldigung.«
Er sagte nichts, und das Schweigen wurde bedrückend. Ich hatte das Gefühl, dass sich der Ball immer noch in meinem Feld befand, dass ich daher noch mehr sagen musste.
»Ich vergesse es, okay?«, log ich. »Und es tut mir auch Leid ..., falls Sie wegen mir und Rachel wütend sind. Es ist einfach passiert.«
»Ich will Ihnen mal was sagen, Jack. Sie können sich Ihre Entschuldigungen sparen. Ich mache mir nichts aus Ihnen, und aus Rachel auch nicht. Sie glaubt das nicht, und ich bin sicher, dass sie Ihnen das gesagt hat. Aber sie irrt sich. Und wenn ich Sie wäre, würde ich bei ihr auf der Hut sein. Bei Rachel steckt immer etwas dahinter. Vergessen Sie das nicht.«
»Okay.«
Ich schlug seine Worte in den Wind, sobald er sie ausgesprochen hatte.
Ich dachte nicht daran, mir meine Gedanken an Rachel von seiner Bitterkeit vergiften zu lassen.
»Haben Sie schon einmal von der Painted Desert gehört, Jack?«
Verblüfft sah ich ihn an.
»Ja, ich habe davon gehört.«
»Waren Sie schon einmal dort?«
»Nein.«
»Also, wenn Sie mit Rachel zusammen sind, dann sind Sie jetzt genau dort. Sie ist die Painted Desert. Ein schöner Anblick, ja. Aber, Mann, dahinter ist Ödnis. Hinter der Schönheit steckt überhaupt nichts, und die Nächte in der Wüste sind sehr kalt.«
Ich hätte gern etwas erwidert, ein verbales Gegenstück zu einem Faustschlag. Aber die Tiefe seiner Bitterkeit und seine Wut bewirkten bei mir, dass ich kein Wort herausbrachte.
»Sie kann Sie manipulieren«, fuhr er fort. »Oder mit Ihnen spielen. In der einen Minute will sie alles mit Ihnen teilen, in der nächsten nichts mehr, und dann lässt sie Sie einfach sitzen.«
Ich antwortete immer noch nichts. Ich drehte den Kopf und schaute aus dem Fenster.
Ein paar Minuten später sagte er, wir seien da, und steuerte den Wagen auf den Parkplatz vor einem der Bürogebäude der Innenstadt.
Nach einem Blick auf den Wegweiser im Foyer des Fuentes Law Center fuhren wir schweigend mit dem Fahrstuhl in die siebte Etage. Auf der rechten Seite fanden wir eine Tür mit einem Mahagonischild, das uns verkündete,
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