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Jack Reacher 09: Sniper

Jack Reacher 09: Sniper

Titel: Jack Reacher 09: Sniper Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Mannes mit dem Gewehr verlief genau diagonal von der vorderen linken zur rückwärtigen rechten Ecke des Teichs. Das Wasser schien ungefähr einen Meter tief zu sein. Die kleine Fontäne plätscherte exakt im Zentrums des Beckens. Er konnte sie ebenso hören wie den langsamen Verkehr auf der Straße und das Schlurfen von Füßen auf dem Gehsteig unter ihm. Die vordere Begrenzungsmauer des Zierteichs war keine anderthalb Meter von der Barriere entfernt. Die beiden niedrigen Mauern verliefen in Ost-West-Richtung sechs bis sieben Meter weit parallel zueinander, und waren nur durch einen schmalen Gehsteig getrennt.
    Er stand auf dem zweiten Deck des Parkhauses, aber da die First Street hier anstieg, lag die Fußgängerzone weit weniger als eine Etage unter ihm. Am rechten Rand der Plaza konnte er den Eingang des neuen Bürogebäudes sehen. Es war ein schäbiger Bau, für den sich keine Mieter gefunden hatten. Das wusste er. Um die neue Stadtmitte halbwegs glaubwürdig erscheinen zu lassen, hatte der Staat dort mehrere Behörden einquartiert. Die Kraftfahrzeug-Zulassungsbehörde war ebenso darin untergebracht wie eine gemeinsame Anwerbestelle von Heer, Marine, Luftwaffe und Marinekorps. Vielleicht auch die Sozialversicherung. Und die Steuerbehörde. Das wusste der Mann mit dem Gewehr nicht bestimmt. Und es war ihm auch egal.
    Er sank auf die Knie und nach vorn auf den Bauch. Scharfschützen bewegten sich bevorzugt kriechend fort. In seiner langjährigen Dienstzeit war er eine Million Meilen weit gerobbt. Auf Knien und Ellbogen und Bauch. Die Standardtaktik sah vor, dass der Scharfschütze und sein Späher sich tausend Meter von der Kompanie absetzten und ihre Stellung kriechend erreichten. In der Ausbildung hatte das manchmal stundenlang gedauert, damit sie von den Wachposten, die das Vorfeld mit Ferngläsern absuchten, nicht gesehen wurden. Aber dieses Mal brauchte er nur zweieinhalb Meter zu überwinden. Und seines Wissens waren keine Ferngläser auf ihn gerichtet.
    Er erreichte den Fuß der Mauer und blieb dort an den rauen Beton gepresst ausgestreckt liegen. Dann richtete er sich langsam in sitzende Haltung auf. Danach kniete er sich hin. Er zog das rechte Bein dicht unter seinen Körper. Den linken Fuß setzte er flach auf, wobei sein Schienbein senkrecht blieb. Er stützte den linken Ellbogen aufs linke Knie, hob das Gewehr und legte es auf die niedrige Betonmauer. Bewegte es leicht hin und her, bis es für sein Gefühl richtig lag. Kniend aufgelegt, so hieß dieser Anschlag in der Ausbildungsvorschrift. Eine gute Stellung. Seiner Erfahrung nach war nur liegend ausgestreckt mit Klappstütze besser. Er atmete ein, atmete aus. Jeder Schuss ein Toter . Das war das Berufsethos der Scharfschützen. Dazu brauchte man Selbstbeherrschung, Stille und Gelassenheit. Er atmete ein, atmete aus. Fühlte die einsetzende Entspannung. Fühlte sich zur Ruhe kommen.
    Fertig.
    Einsickern erfolgreich.
    Jetzt den richtigen Zeitpunkt abwarten.
     
    Er wartete etwa sieben Minuten, in denen er sich still verhielt, gleichmäßig atmete, seine Umgebung beobachtete. Er betrachtete die Bücherei links vor sich. Über und hinter ihr verlief der aufgeständerte Highway, als umarmte er das große alte Gebäude mit seiner Kalksteinfassade, beschützte es, behütete es vor Schaden. Dann verschwand er gerade werdend auf Höhe des dritten Stocks hinter dem schwarzen Glasturm. Vor dem Eingang des Büroturms stand der NBC-Pfau auf einem Findling, aber der Mann mit dem Gewehr glaubte zu wissen, dass diese kleine Fernsehgesellschaft nicht das gesamte Gebäude bezogen hatte. Bestimmt nicht mehr als eine einzige Etage. Den Rest teilten sich wahrscheinlich Einmann-Anwaltsfirmen, Wirtschaftsprüfer, Immobilienmakler, Versicherungsagenturen oder Vermögensverwalter. Oder die Büros standen leer.
    Aus dem neuen Gebäude rechts strömten dauernd Menschen. Leute, die ein Auto angemeldet oder alte Kennzeichen zurückgebracht hatten, die zum Militär gegangen oder mit der staatlichen Bürokratie gestritten hatten. Dazu kam das Büropersonal. Die staatlichen Dienststellen schlossen jetzt. Freitagnachmittag fünf Uhr. Die Herauskommenden traten ins Freie, zogen von rechts nach links gehend direkt an ihm vorbei und bildeten am Ende des Zierteichs, wo der Weg sich zwischen niedrigen Mauern verengte, eine lockere Reihe. Wie Enten in einer Schießbude. Einer hinter dem anderen. Eine zielreiche Umgebung. Die Entfernung betrug ungefähr fünfunddreißig Meter. Eher etwas

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