Jackpot - wer traeumt, verliert
andere meckert im Kofferraum!«
Was lief hier eigentlich ab? Unterhielt sich der Typ mit ihr? Also träumte sie tatsächlich – und wachte gerade auf.
Und um tot zu sein, dafür schmeckte ihre Unterlippe zu salzig, zu sehr nach … Blut?
»Ich glaub, ich muss kotzen«, sagte sie.
»Danke für die Warnung. Na komm, ich helf dir hoch.«
»Gerade haben Sie noch gesagt, ich soll mich nicht bewegen.«
»Ist mir auch recht, sind nicht meine Klamotten, die du da anhast.«
Wer war dieser Komiker? Sabrina öffnete die Augen und sah verschwommen ein bartloses Kinn mit roten Backen links und rechts. Dann fühlte sie sich wieder, als würde ihr die Luft ausgehen, und alles drehte sich in ihr.
Warum konnte sie sich nicht bewegen?
Weil sie tatsächlich im Kofferraum lag – eingeklemmt zwischen drei Reisetaschen. Das darf doch nicht wahr sein.
Doch. Jetzt erinnerte sie sich wieder.
»Du kannst froh sein, dass ich den Verbandskasten gesucht hab«, sagte der Junge. »Der Typ da am Steuer sieht nicht gut aus, blutet auch, lebt aber noch.«
»Ist er bewusstlos?«
»Gerade eben war er’s. Soll ich noch mal nachschauen? Du hast mich übrigens ganz schön erschreckt. Was machst du eigentlich da im Kofferraum, bist du – entführt worden oder so?«
Sabrina atmete langsam ein, bis ihre Lunge etwa halb voll war. Dann wurden die Schmerzen in ihrem Brustkorb zu stark. »Wie heißt du, Kleiner?«
»Kleiner? Gerade hast du mich noch gesiezt, schon vergessen? Wie alt bist du denn – fünfzehn, sechzehn? So viel älter also auch nicht – Schätzchen !« Der Junge seufzte. »Ich heiße Chris. Und ich bin fast fünfzehn, okay?«
»Okay … Wo sind wir hier, Chris?«
»Du bist gut, echt! Also, da hinten ist die Panzerwiese, da vorne die Autobahn – aber die kennst du ja bereits. Wir sind im Hasenbergl, vielleicht schon Harthof.«
Da war sie im Kindergarten gewesen. Neuherbergstraße.
»Ich hab kein Handy dabei«, sagte der Junge. »Hast du eins? Vorne hab ich keins gefunden. Wir müssen den Notarzt rufen, dein – wie gesagt, der Typ da vorne sieht ziemlich übel aus.«
Als Sabrina den Kopf drehte, schossen ihr Tränen in die Au-
gen, so sehr schmerzte die Bewegung. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass sie jemals wieder in der Lage wäre, aufzustehen. »Wohnst du hier?«, fragte sie.
»Nicht weit weg, Grohmannstraße.«
»Welche Nummer?«
»Was?«
»Welche Hausnummer?«
Der Junge lachte kurz auf, ungläubig. »Brauchst du ’ne neue Glückszahl? Sechsunddreißig. A.«
»Und wie heißt du mit Nachnamen, Chris?«
»Okay, nicht dass du mich falsch verstehst, ich mein das jetzt nicht böse, aber – jetzt ist mal Schluss mit der Fragestunde. Jetzt rufen wir nämlich den Notarzt. Du hast gerade einen ziemlich schweren Unfall hinter dir. Wenn du mich fragst, ist es ein kleines Wunder, dass du den überlebt hast.
Du könntest innere Blutungen haben oder so was, während wir hier unseren kleinen Kaffeeklatsch abhalten. Also würdest du mir jetzt bitte dein Handy geben, wenn du eins hast? Ich bin auch ganz, ganz vorsichtig damit, versprochen!«
Sabrina fingerte das iPhone aus ihrer Jackentasche. Es war noch heil, Glück gehabt. Sie hörte schon die Sirenen, ganz leise noch, aber sie kamen näher.
»Hörst du das?«, fragte sie.
»Die Sirenen?« Der Junge nickte.
»Der Notarzt ist schon unterwegs. Also, wie ist dein Nachname, Chris?«
Der Junge seufzte, ein wenig genervt. »Du machst mir wirklich Spaß«, sagte er. »Müller!«
»Müller? Ist das dein Ernst?«
»Soll ich mir einen Namen ausdenken? Ich hab mir den nicht ausgesucht.«
Sabrina versuchte zu lächeln, aber sogar das tat weh. »Chris Müller. Grohmannstraße 36 a. Hasenbergl.«
»Richtig.«
»Chris, ich will, dass du mir einen Gefallen tust. Die graue Reisetasche hier. Sie ist ziemlich schwer. Ich möchte, dass du sie für mich versteckst.«
»Was?«
»Du versteckst sie und tust so, als wärst du heute nie hier gewesen. Bis ich mich bei dir melde.« Sabrina drückte auf die Kamerafunktion des iPhones und machte ein Foto von Chris, sicher ist sicher. »Und jetzt lauf, du hast nicht viel Zeit.«
»Ich kann dich doch hier nicht einfach liegen lassen.«
»Doch, kannst du. Hilfe ist ja schon unterwegs.« Sie konnte inzwischen sogar raushören, dass es nicht nur eine Sirene war, die näher kam, sondern eine ganze Kolonne.
Was hatte sie anderes erwartet?
»Was – ist denn in der Tasche?«
Sabrina schaute an sich herunter. Glasscherben klebten wie
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