Jaeger
wollten Sie sich mit den Sloanes treffen? Ich nehme an, dass die hinter der Sache hier stecken.«
»Ich … Ich wusste, dass sie für Jeffs Tod verantwortlich waren. Gleich als Sie beide mir davon erzählt haben.«
»Woher wussten Sie das?«
»Weil …« Sie seufzte. »So ist das eben, wenn es Streit unter Verbrechern gibt.«
»Weswegen gab es denn Streit, Helen?«
»Sie … Es waren Graham und Amy, wie sie sich jetzt nennt. Sie haben abgewartet, bis Stuart Sloane aus dem Knast kam. Sie wollten für ihn ein neues Gutachten erstellen lassen, in dem er für geistig zurechnungsfähig erklärt wird. Damit sie das Testament anfechten konnten.«
»Testament?«, fragte Deepak verdattert. »Welches Testament?«
»Na, das von Michael und Dee Sloanes Vater Jack. Vor der Heirat mit Stuarts Mutter hat er ein neues Testament aufsetzen lassen, in dem er Stuart neben seinen leiblichen Kindern zum Vollerben eingesetzt hat. Michael und Dee waren sehr wütend deswegen. Sie wollten nicht, dass Stuart ihnen ihr Geld wegnimmt.«
Jessie versuchte die Schmerzen in ihrem Arm zu ignorieren und dachte angestrengt nach. »Und dann? Sie waren wütend, und was weiter?«
»Sehr wütend. Sehr, sehr wütend.«
»Wollen Sie damit andeuten, sie hätten ihren eigenen Vater umgebracht?«
»Und ihre Stiefmutter.«
»Und dann haben sie es Stuart Sloane in die Schuhe geschoben? Wie hätte das denn bitte funktionieren sollen?«
Jessie hörte ein Lachen aus der Finsternis. »Jemand hat ihnen dabei geholfen. Und dieser Jemand ist ihnen hinterher in den Rücken gefallen.«
»Wieso?«
»Das kam erst später …« Helens Stimme wurde leiser.
Jessie war nach wie vor in Sorge, dass die Frau einen Nervenzusammenbruch erleiden könnte. Sie musste dafür sorgen, dass sie weitersprach. »Wer hat ihnen geholfen, Helen?«
»Graham.«
»Graham Watts?«
»Und Jeff. Jeff hat immer alles getan, was Graham wollte. Aber Graham war derjenige, der den Plan in die Tat umgesetzt hat. Er hatte alles mit Michael abgesprochen. Er sollte gleich nach der Schießerei ins Haus kommen und Stuart das Gewehr in die Hand drücken. ›Soll der Schwachkopf dafür zahlen‹ – das hat Michael gesagt. Stuart war nicht ganz richtig im Kopf. Er ließ sich leicht Sachen einreden. Graham hat sich Stuarts Vertrauen erschlichen und ihn davon überzeugt, dass er ihm helfen wollte. Dann haben sie ihn ans Messer geliefert.« Sie gab einen Laut von sich, der schwer zu deuten war. Es hätte ein Lachen sein können, ein Schluchzer oder irgendetwas dazwischen. »Aber in erster Linie hat Graham dafür gesorgt, dass Stuart die Waffe in der Hand hatte, als die Polizei ankam. Ende der Geschichte. Zumindest hatten sie sich das so vorgestellt.«
»Und was ist dann passiert?«
»Sobald Jack aus dem Weg war, konnte es richtig losgehen mit dem Geldverdienen. Alle haben ganz groß Kasse gemacht, die Sloanes, Jeff und ich und Graham. Fette Jahre. Aber dann ging alles den Bach runter.«
»Inwiefern?«
»Michael hatte seine eigenen Pläne. Und Graham war damit nicht einverstanden.«
»Was heißt das genau?«
Helen Hibbert seufzte. »Ich bin so müde …« Ihre Stimme begann zu zittern.
Jessie stellte ihr noch einige Fragen, doch Helen ließ sich kein weiteres Wort entlocken. Jessie dachte fieberhaft nach, wie sie Helen Hibberts drohenden Zusammenbruch abwenden könnte. Sie tastete in ihren Jackentaschen nach ihrem Handy. Es war nicht da. Natürlich nicht.
»Sie haben mir mein Handy abgenommen«, verkündete sie. »Hat einer von Ihnen seins noch?«
Helen Hibbert schluchzte bloß.
Da glomm urplötzlich ein Licht auf. Wie ein körperloser Geist leuchtete ihr Deepaks Gesicht aus der Dunkelheit entgegen. Sie sah ihn lächeln.
»Finden Sie immer noch, dass es albern ist, zwei Handys zu besitzen, Ma’am?«, fragte er.
Auch Jessie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. »Das sollen meine Worte gewesen sein? Nein, nein, da müssen Sie sich verhört haben. Genial – das habe ich gesagt, Deepak. Genial.«
95 Marina musterte Stuart und versuchte in seinem Gesicht zu lesen. Es gelang ihr nicht. Sie wusste nicht, ob es an ihm lag oder an ihr.
Franks hatte sie einander vorgestellt, ihre persönliche Beziehung zu Josephina jedoch bewusst unerwähnt gelassen. Dann hatte er Stuart über seine Rechte aufgeklärt. Dieser hatte genickt, geantwortet, wenn er etwas gefragt wurde, und juristischen Beistand abgelehnt. Erst als er danach fürs Protokoll seinen vollen Namen geben sollte, geriet er
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