Jäger: Thriller (Ein Marina-Esposito-Thriller) (German Edition)
zuzuschreiben, Sie dumme Schlampe. Ich bin nicht dafür verantwortlich, was jetzt passiert.«
Und Marina hielt ein stummes Telefon in der Hand.
81 Mickey war froh, dass er und Anni doch keinen Sex im Büro gehabt hatten.
Die Verlockung war groß gewesen, aber am Ende hatte die Vernunft gesiegt. Sie hatten sich auf ihre Aufgabe besonnen und nur hin und wieder einige schlüpfrige Bemerkungen fallenlassen. Hatten verstohlen ihre Arme und Beine aneinander gerieben und sich gegenseitig ins Ohr geflüstert, was sie später alles miteinander anstellen würden.
Mehr war zwischen ihnen nicht passiert. Stattdessen hatten sie sämtliche verfügbaren Informationen über Michael und Dee Sloane, ihr Leben und ihre Geschäfte zusammengetragen.
»Erstens«, sagte Mickey, rückte ein Stück vom Bildschirm ab und rieb sich die Augen, bevor er den derzeitigen Kenntnisstand zusammenfasste. »Graham Watts …«
»Der Tote aus dem Haus in Jaywick«, ergänzte Anni. Sie saß auf der Schreibtischkante, baumelte mit den Beinen und aß Chips, die sie aus dem Snackautomaten hatte. »Er war derjenige, der damals die Eltern gefunden hat, die Stuart Sloane angeblich erschossen hatte.«
»Genau. Zweitens: Jeffrey Hibbert.«
»Das Mordopfer in Calamity Janes Fall.«
»Unglaublich komisch. Hibbert und Watts waren früher Kollegen. Sie haben bei den Sloanes gearbeitet.« Mickey warf einen kurzen Blick zum Bildschirm, dann auf seine Notizen auf dem Schreibtisch. »Beide in recht hoher Stellung. Sie haben als einfache Arbeiter in den Betrieben der Sloanes angefangen, sind dann zu Vorarbeitern aufgestiegen und durften schließlich sogar selbständig Personalentscheidungen treffen – Hilfskräfte anheuern und entlassen und so weiter.«
»Betriebe«, sagte Anni, den Mund voller Kartoffelchips.
»Was?«
»Du hast Betriebe gesagt. Plural.«
Mickey beugte sich vor und angelte sich einen Chip aus ihrer Tüte.
»He!«
»Danke.« Er rümpfte die Nase. »Salz und Essig. Nicht gerade meine Lieblingssorte.«
»Das werde ich mir merken und von jetzt an nur noch diese Sorte kaufen. Dann frisst du mir wenigstens nicht alles weg.«
»Also, wo waren wir? Betriebe. Plural. Genau. Nach dem Tod der Eltern haben die Sloane-Geschwister angefangen, das Geschäft auszuweiten. Es war, als hätten sie nur darauf gewartet, dass ihr Vater endlich stirbt, damit sie den Familienbetrieb richtig groß aufziehen können. Sie haben angefangen zu spekulieren. Haben Anteile an den industriellen Landwirtschaftsbetrieben erworben, die zur damaligen Zeit gerade auf dem Kontinent entstanden. Sie haben immer mehr Anteile gekauft, bis sie – wenigstens in den meisten Fällen – irgendwann die Aktienmehrheit hatten.«
»Industrielle Landwirtschaft? Ein Traum.«
Mickey nickte. »Ich habe mal einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen. Der reinste Horror. Davon wäre mir fast der Appetit auf Fleisch vergangen.«
»Aber nur fast. Weiter im Text.«
»Okay. Die Sloanes haben also expandiert. Es folgten diverse Import-Export-Geschäfte, und irgendwann hatten sie Kontrolle über die gesamte Zulieferkette. Sie haben ihre eigene Farm verkauft und eine Dachgesellschaft gegründet, Sloane Holdings.«
»Aber wo kommen Hibbert und Watts ins Spiel?«, grübelte Anni.
»Gut, dass du fragst. Der offiziellen, von den Sloanes vertretenen Version der Ereignisse zufolge, war Graham Watts mit der Richtung, die das Unternehmen einschlug, nicht einverstanden, und er hat dieses Missfallen auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht. Mit dem Ergebnis, dass er gefeuert wurde. Und Hibbert, als einer seiner engsten Freunde, wurde gleich mit vor die Tür gesetzt.« Mickey schnappte sich einen weiteren Kartoffelchip.
»Finger weg!«
»Hm, eigentlich gar nicht so schlecht. Wenn man sich erst mal daran gewöhnt hat. Wie auch immer, die beiden wurden zur gleichen Zeit entlassen. Allerdings haben sie das nicht einfach klaglos hingenommen, sondern angefangen, Gerüchte zu streuen: Sie wüssten, was für Leichen die Sloanes im Keller hätten, würden sie in den Ruin treiben, und so weiter und so fort.«
»Das Übliche.«
»Genau. Die Krux an der Sache war nun, dass ihre Aussagen über den Grund des Zerwürfnisses im krassen Widerspruch zu der Aussage der Sloanes stand. Watts und Hibbert behaupteten nämlich, mit den Expansionsbestrebungen des Unternehmens keinerlei Probleme gehabt zu haben, zumal sie selbst finanziell davon profitiert hätten.«
»Was war dann der Grund?«
»Die Sloanes
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