Jäger: Thriller (Ein Marina-Esposito-Thriller) (German Edition)
Leben beginnen konnte. Durchschreite die Dunkelheit und tritt auf der anderen Seite ins Licht . Nur sie und die unheimliche Dee. Wie das wohl funktionieren würde? Würden sie miteinander auskommen? Hatten sie irgendetwas gemeinsam? Hätte man Helen diese Frage früher gestellt, hätte sie sie mit einem klaren Nein beantwortet. Nun allerdings war sie sich ihrer Sache nicht mehr ganz so sicher. Bei ihrem Gespräch hatte sie eine Verbindung gespürt. Eine Art Seelenverwandtschaft, oder wie auch immer man es nennen wollte. Und dann war da natürlich noch das Geld. Wahrscheinlich wäre das der Hauptgrund, weshalb sie es miteinander aushielten.
Sie zog den Mantel enger um sich und hielt ihren Koffer fester. Obwohl sie sich standhaft einredete, dass es nichts gab, wovor sie sich fürchten musste, wünschte sie sich doch, sie hätte noch etwas anderes, woran sie sich festhalten konnte. Vorzugsweise etwas, das sich im Notfall als Waffe benutzen ließ.
Plötzlich hörte sie etwas. Oder jemanden.
Sie fuhr herum. Das Geräusch kam von links. Dort bewegte sich etwas. Jemand kam auf sie zu. Helen erstarrte. Dann eine Stimme.
»Hallo, Helen.«
Sie drehte sich um. Es war Dee, die aus den Schatten auf sie zutrat.
Mit einem Lächeln im Gesicht.
78 »Ich hätte es einfach besser gefunden, wenn wir kurz angehalten hätten. Mehr will ich gar nicht sagen.« Jessie blickte verstimmt aus dem Fenster.
Deepak schüttelte den Kopf und seufzte bloß. Sie wusste ohnehin, was er sagen wollte: dass sie im Dienst waren und die Gefahr bestand, dass sie Helen Hibbert aus den Augen verloren. Dass der Fish-and-Chips-Imbiss auf der Rückfahrt immer noch da sein würde … und so weiter. Sie wusste es deshalb so genau, weil sie es schon oft von ihm gehört hatte. Sehr oft sogar.
»Aufpassen«, warnte Deepak und spähte angestrengt durch die Windschutzscheibe. »Wenn sie weiter in diese Richtung läuft, verlieren wir sie noch.«
»Dann steigen wir eben aus und verfolgen sie zu Fuß weiter.«
Mit diesem Vorschlag stieß sie bei Deepak nicht auf Begeisterung.
»Was ist? Jetzt wollen Sie ihr auf einmal nicht mehr folgen?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist kalt draußen, und ich habe nicht die passende Kleidung.«
Jessie wandte grinsend den Blick ab.
Nach ihrem Besuch bei den Sloanes waren sie zu Helen Hibbert gefahren, um sie ein weiteres Mal zu befragen. Sie waren gerade rechtzeitig dort angekommen, um Zeuge zu werden, wie Helen, einen Rollkoffer hinter sich herziehend, die Wohnung verlassen hatte. Sie waren ihr unauffällig gefolgt. Deepak wusste wirklich, was er tat, das musste Jessie neidlos anerkennen. Die ganze A 14 hinunter bis nach Harwich war er an ihr drangeblieben. Manchmal war er direkt hinter ihr gefahren, manchmal hatte er sich ein oder zwei Fahrzeuge zurückfallen lassen. Einmal hatte er sie sogar überholt. Trotzdem hatte er sie keinen Moment lang aus den Augen verloren oder in ihr den Verdacht geweckt, dass sie beschattet wurde.
In den alten, engen Straßen von Harwich hatten sie zunächst gewartet, bis sie den Wagen geparkt hatte und ausgestiegen war. Erst dann waren sie hinterhergefahren und hatten beobachten können, wie sie mitsamt dem Koffer zu Fuß weitergegangen war.
»Sieht ganz so aus, als hätte sie ein heißes Date«, meinte Jessie, bevor sie sich Deepak zuwandte. »’tschuldigen Sie. Ein kaltes Date natürlich.«
»Sehr witzig«, sagte er mit unbewegter Miene.
Helen Hibbert steuerte auf die übereinandergestapelten alten Boote zu.
»Ganz schön mutig«, meinte Deepak.
»Oder dumm«, gab Jessie zurück.
»Vielleicht trifft sie dort jemanden«, mutmaßte Deepak.
»Dann hoffen wir mal, dass es auch derjenige ist, mit dem sie verabredet ist.«
Deepak beugte sich zum Handschuhfach und holte einen kleinen Feldstecher heraus.
»Sie denken auch an alles, was?«, sagte Jessie. »Abgesehen von warmer Kleidung, natürlich.«
Deepak ignorierte sie und beobachtete stattdessen Helen Hibbert durch sein Fernglas.
»Sie ist stehen geblieben«, verkündete er.
»Lassen Sie mich mal.« Jessie wollte ihm das Glas wegnehmen, doch Deepak gab es nicht aus der Hand.
»Eine Sekunde noch.« Er spähte angestrengt. »Da ist jemand bei ihr.«
»Jetzt lassen Sie mich doch mal sehen!«
Auch diesmal wehrte er sie ab. Dann erschien ein Grinsen auf seinem Gesicht. »Na, schau mal einer an …«
»Was? Was ist denn?«, fragte Jessie missmutig. »Ich hasse es, wenn Sie so was machen!«
Er ließ das Fernglas sinken und
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