Jäger
gepolsterte, gelb bespannte Sofas warteten
auf uns, bereit, uns großzügig wie die Schöße
von Houris aufzunehmen. Die Möbel schwebten auf einem
samtweichen, malvenfarbenen Teppich, der mit einem antiken Muster aus
weißen Monden und gelben Sonnen verziert war.
Betty Shun machte uns miteinander bekannt und gab Montoya einen
dicken Stoß Papier, den sie vor wenigen Minuten ausgedruckt
hatte. Danach verließ sie den Raum, wobei sie mit dem Finger
drohte und lächelnd flötete: »Seid schön brav,
Jungs.«
Als ich Montoyas ausgestreckte Hand ergriff, nahm ich sofort eine
Einschätzung vor – was zwar nicht fair, aber völlig
natürlich ist. Die Haut war feucht, der Druck schwach. Ein
höfliches Händeschütteln. Er sah auf eine
männlich-markante Art gut aus. Eine kurze, nach oben weisende
Nase, schwarze Augen, die forschend blickten. Die Akne seiner Jugend
hatte Pockenspuren auf den Wangen hinterlassen, das Kinn zierte ein
dünner schwarzer Bart. Sein Lächeln kam spontan, verriet
aber Schüchternheit. Er trug legere, aber gut sitzende Kleidung,
und seinen Sandalen war anzusehen, dass sie gute alte Freunde waren.
Wäre man Montoya erstmals an einer Straßenecke begegnet,
hätte er einen nicht sonderlich beeindruckt.
Er bat mich, an einer langen, messingverzierten Bar aus hellem
Ahorn Platz zu nehmen.
»Willkommen in der abgeschiedenen Festung«, sagte er.
»Ich bin nur der Butler. Und Betty ist in Wirklichkeit
Supergirl. Erst mal Kaffee, Wein gibt’s zum Dinner um acht,
Madeira zum Dessert und ein lockeres Schwätzchen zur guten Nacht
– falls Sie übernachten möchten.« Er trat hinter
den Tresen. »Was für einen Kaffee hätten Sie
gerne?«
»Einen Caffé latte«, sagte ich. »Wenn Sie so
freundlich sind.«
Montoya hatte TeraSpin vor drei Jahren verkauft und verbrachte
einen Großteil seiner Zeit in
Wohltätigkeitsausschüssen. Er hatte mehr als sechzig
Universitäten überall auf der Welt mit beträchtlichen
Stiftungen und großzügigen Stipendien bedacht.
Während er vor der professionellen Espresso-Maschine stand
und das Dampfventil zischte und gurgelte, summte er die Titelmelodie
von Das Imperium schlägt zurück. Dass mir einer der
reichsten Männer der Welt die Milch aufschäumte, hatte
für mich, offen gestanden, etwas Faszinierendes. Ich glaubte,
einen Anflug von en-nui in seinen Augen auszumachen, doch
allzu leicht interpretiert man zu viel hinein, wenn man es mit
reichen Leuten zu tun hat. Vielleicht sah er nur deshalb so drein,
weil er schon so oft enttäuscht worden war.
»Hat Betty Ihnen von Gus und Phil erzählt?«,
erkundigte sich Montoya, während er Schaum und heiße Milch
aus dem kleinen Stahlkännchen goss.
»Ja, das hat sie«, erwiderte ich.
Gus Becks Gegenwart machte mich in der Regel nervös. Er war
hektisch und kribbelig und für meinen Geschmack allzu brillant.
Ich wusste bei ihm nie, wann er seinen nächsten
wutschäumenden Ausbruch durchaus berechtigter Technologiekritik
haben würde. Phil Castler war das genaue Gegenteil: freundlich
und auf geradezu altmodische Weise kultiviert, leidenschaftlich in
Diskussionen, ansonsten aber sanft und zurückhaltend.
Montoya sprenkelte Kakao auf die Sahnehaube, reichte mir meinen
Caffé latte, kam mit einer zweiten Tasse puren schwarzen
Kaffees um den Tresen herum und nahm auf dem Barhocker Platz.
»Und?«
Ich grinste. »Uploading in den Cyberspace… in einem
Computer oder im Gehirn eines Roboters leben, unsterblich gemacht
durch Hardware oder Silikon…«
»Das bringt Sie zum Lachen?«, fragte Montoya und nahm
einen Schluck von seinem Kaffee.
»Nein. Ich glaube nur nicht, dass es rechtzeitig spruchreif
sein wird, um für Sie und mich noch interessant zu
sein.«
»Erzählen Sie mir, warum«, sagte Montoya kurz
angebunden.
»Der Teufel steckt im Detail. Der Geist ist der
Körper. Gus ist noch immer viel zu sehr dem Denken von Descartes
verhaftet und glaubt, man könne Geist und Körper
trennen.«
»Erklären Sie mir das genauer.«
»Die Strukturen des Gehirns herunterzuladen, genügt
nicht. Alles, was Sie wissen und denken, ist in Ihre Neuronen
eingebettet, aber Ihr Bewusstsein steckt in den Zellen des gesamten
Körpers. Der Geist ist eigentlich ein ganzer Komplex von
Gehirnen, an denen Ihr Nervensystem und das Immunsystem wesentlichen
Anteil haben. Das Fleisch – jeder Teil davon – ist
intelligent und trägt in seiner Gesamtheit auf die eine oder
andere Weise zur Persönlichkeit bei. Ohne Ihren Körper sind
Sie wie Dünnbier:
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