Jagd auf eine Bestie 1. Teil: Thriller (German Edition)
nicht weniger interessant sind. Im Blut des Toten konnte etwas höchst Ungewöhnliches festgestellt werden. Es befand sich eine hohe Konzentration von Terpentinöl darin.« Der Professor bemerkte Kerners fragenden Blick. »Terpentinöl, Herr Hauptkommissar, ist dem Mann möglicherweise mit einer ganz bestimmten Absicht injiziert worden. In früheren Zeiten haben verschiedene Geheimdienste diese Methode angewandt, um etwas aus Personen herauszubringen, die nicht kooperierten. Man hat es ihnen direkt in die Blutbahn injiziert. Die Leute bekamen rasendes Fieber und Wahnvorstellungen. In diesem Zustand wurden sie unter Folter verhört. Es gab dabei so gut wie niemanden, der nicht alles, was er wusste, preisgegeben hätte. Vielleicht wusste dieser Mann auch etwas und es gab jemanden, der vor nichts zurückschreckte, um es aus ihm herauszuholen. Da ist aber noch etwas anderes. Es steht nicht direkt mit der Leiche im Zusammenhang, erscheint mir aber durchaus wichtig. Der Sarg, in dem der Leichnam lag, hat eine Besonderheit. Das Holz stammt von Olivenbäumen. Das ist mehr als ungewöhnlich, da ich nicht wüsste, dass Särge aus diesem Holz gefertigt werden. Es scheint sich demnach um eine Einzelanfertigung zu handeln.« Der Professor schlug die Akte zu und nahm einen Plastikbeutel in die Hand. »Hier ist der Stahlsplitter, den ich am Halswirbel des Toten entdeckt habe. Für eine genauere Untersuchung würde ich Ihnen empfehlen, jemanden zu Rate zu ziehen, der eine weltweit anerkannte Koryphäe auf dem Gebiet der Waffenkunde ist: Professor Dörner in Wien. Die Adresse habe ich Ihnen in die Akte eingeheftet.«
Professor Bernhards erhob sich von seinem Stuhl und kam um den Schreibtisch herum. Kerner war indes mit seinen Gedanken schon weit voraus. Der Professor reichte ihm die Hand. Auf seinem Gesicht spiegelte sich eine tiefe und echte Besorgnis. »Herr Hauptkommissar, ich weiß, das ist eigentlich Ihr Arbeitsfeld. Aber ich kann Ihnen nur raten, seien Sie vorsichtig. Es ist nicht anzunehmen, dass Leute, die so etwas Grauenvolles tun können, vor irgendetwas zurückschrecken. Ich wünsche Ihnen jedenfalls alles Gute.« Der Professor ahnte wohl, dass die kommenden Ereignisse düster sein und Kerner in große Gefahr bringen würden.
6
Auf dem Weg nach draußen stand Rainer Huber immer noch vor dem Untersuchungssaal und wartete. Als er Kerner kommen sah, steckte er die Hände in die Hosentaschen und schlenderte ihm entgegen. „Kaffee?“ Huber war die Veränderung seines Kollegen, seit dieser durch die Tür des Untersuchungssaals gegangen war, nicht verborgen geblieben. Irgendwie versuchte er, Kerner aufzumuntern und beugte sich zu ihm vor. »Hallo! Jemand zuhause? Na was ist? Kaffee?« Kerner sah ihn geistesabwesend an und nickte wortlos.
Während Huber unterwegs zum Automaten war, ging er nach draußen. Tief sog er die frische Luft ein. Er musste seine Gedanken ordnen. Ganz allmählich begann er zu ahnen, welch tödliche Gefahr dieser Fall für alle Beteiligten barg. Als Rainer Huber aus dem Gebäude kam, stellte er sich neben Kerner und hielt ihm den Becher mit heißem duftendem Kaffee unter die Nase. »Wird Dir gut tun.« Kerner nahm ihn und sah seinen fast noch jungenhaften Kollegen an. Freundschaftlich legte er ihm die Hand auf die Schulter. »Bist ein prima Typ, Rainer. Aber wenn wir jetzt zurückfahren, bringst Du mich nur noch zum Historischen Museum in Offenburg. Ich will mit Professor Reich über den SS-Ring sprechen. Danach kannst Du mich bei meinem Hotel absetzen. Deine Schicht ist dann zu Ende.« Huber sah Kerner überrascht an. »So schlimm?« Der Mann vom BKA nickte wortlos. »Ich glaube, ab hier wird es wirklich gefährlich. Du hast eine Familie, die abends darauf wartet, dass du nach Hause kommst. Ich möchte nicht, dass sie es bald vergeblich tut.«
Kerner zerknüllte seinen Becher und warf ihn in den Papierkorb. »Fahren wir. Ich möchte den Professor unbedingt noch antreffen.« Die letzten Worte Kerners waren knapp und bestimmend. Während er schon auf dem Weg zum Wagen war, stand Rainer Huber einfach nur da und dachte nach. Kerner witterte Gefahr und wollte ihn aus der Schusslinie bringen. Soviel hatte er verstanden, und mit einem Mal begriff er auch, dass dieses Spiel in einer anderen Liga stattfand. Er hatte Kerners Augen gesehen , und er hatte den Ton seiner Stimme gehört. Beides hatte sich nach dem Gespräch mit dem Professor geändert. Das war nicht mehr der Marcus Kerner, der vor ein paar
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