Jagd auf Mrs. Pollifax
gefährlich, noch überhaupt. Offenbar handelte es sich bei allen Personen um ganz normale Geschäftsleute. Er ließ sich mit Jed Addams vom FBI verbinden.
»Wir haben nichts über auch nur einen einzigen von ihnen«, versicherte er ihm.
»Verdammt«, fluchte Addams.
»Da wir beim Fall Bidwell sind«, fugte Carstairs scheinbar gleichmütig hinzu, »was hatte er eigentlich für ein Privatleben? Wie war seine Ehe? Hat er Kinder?«
»Ein richtiges Privatleben scheint er nicht gehabt zu haben. Seine Ehe? Offenbar hat Geld Geld geheiratet. Sie wissen schon, was ich meine. Zwei Kinder in den teuersten Colleges. Seine Frau spielt Bridge und gibt Dinnergesellschaften. Alles Schau, wie in solchen Kreisen üblich. Affären? Nicht Bidwell, er kennt nur seine Geschäfte. Als einzige Entspannung Golf.«
»Sie würden also sagen, daß sein Leben ein offenes Buch ist«, schloß Carstairs.
»Wenn Sie für Klischees sind, ja, alter Junge.«
Stirnrunzelnd legte Carstairs den Hörer auf. Dem FBI waren offenbar die Hinweise auf den Flug 1192 entgangen, sie hatten sich nur für die Namen interessiert, die Leute. Als Bishop in sein Büro kam, sagte er abwesend: »Ich habe dem FBI mitgeteilt, daß es bei uns nichts über Bidwells Bekannte in Paris gibt. Sie haben offenbar alle saubere Hände und eine weiße Weste.
»Erschien mir ohnehin ein wenig verrückt — und zu weit hergeholt.«
»Schon möglich«, meinte Carstairs. »Es gibt allerdings etwas, das ich Sie bitten möchte, für mich persönlich nachzusehen, rein privat.«
»Was denn?«
Carstairs seufzte. »Ich und meine grenzenlose Neugier! Hören Sie zu, Bishop, bei jeder Auslandsreise findet sich in Bidwells Terminkalender die Eintragung ›Flug 1192‹, jeweils gefolgt von drei oder vier leeren Seiten. Erkundigen Sie sich doch in Paris nach der Route von Flug 1192. Wären Sie so nett?«
»Gern. Welche Fluggesellschaft?«
»Keine Ahnung«, gestand Carstairs etwas verlegen. »Es stand nichts dabei.«
»Uh!« stöhnte Bishop. »Großer Gott! Das kommt ja der sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleich! Es gibt drei Flughäfen in Paris, und wie viele Flüge am Tag?«
»Hunderte. Doch wie viele Flüge 1192?«
Bishop seufzte. »Dazu brauche ich vielleicht zwei Tage!«
»Ich bin nicht nur neugierig, Bishop, sondern auch geduldig. Sehen Sie, was sich machen läßt.«
Mißtrauisch fragte Bishop: »Hat das irgendwas mit Bidwells Entführung zu tun?«
»Absolut nichts«, versicherte ihm Carstairs gutgelaunt. Bishop brauchte jedoch nicht tagelang für die Nachforschung. Bereits am Spätnachmittag stürmte er triumphierend in Carstairs Büro. »Ich hab's! Wie gut, daß es Computer gibt! Paris hat die Nadel im Heuhaufen für Sie gefunden.«
Inzwischen hatte Carstairs seinen morgendlichen Anflug von Neugier fast vergessen, doch das Wort Paris mobilisierte sein Gedächtnis. »Flug 1192?«
Bishop nickte. »Flug 1192 verkehrt zweimal die Woche von Paris nach Afrika, nach Ubangiba, genau gesagt. Fliegt um acht Uhr früh ab, und zwar zur Hauptstadt Languka.«
Carstairs blinzelte verwirrt. »Afrika - was zum Teufel hat er dort gemacht? Und wo in aller Welt liegt Ubangiba? Haben wir irgendwas darüber?«
»Irgendwo.« Bishop nickte. »Aber ich glaube, ich habe erst vor kurzem etwas in den Zeitungen darüber gelesen - nur kann ich mich nicht erinnern, worum es ging, auch nicht genau, wann es war. Würden die Kurzinformationen unseres Archivs genügen?«
»Sicher. Irgendwas.«
Die Datei über Ubangiba sagte nicht allzuviel über das Land aus. In den letzten zwei Jahrzehnten hatte es zwei andere Namen gehabt, und es schien hauptsächlich deshalb bekannt zu sein, weil schon mehrmals Staatsstreiche stattgefunden hatten. Es war ein winziges Land ein wenig südlich der Sahara. Eine Hälfte war fruchtbar genug für landwirtschaftliche Nutzung, das übrige Land bestand aus Sand, Wüste, nomadischen Ziegenhirten und Militäreinheiten. Seine Exportartikel waren Felle, Sonnenblumenkerne und Erdnüsse. 1981 hatte es seine Unabhängigkeit erworben. Der erste gewählte Präsident war einem Anschlag zum Opfer gefallen, der zweite 1989 durch einen Putsch von General Daniel Simoko abgesetzt worden, der sich selbst zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt hatte. Keine Industrie, kein Öl, stellte Carstairs nachdenklich fest. Auch keine Terroristengruppe. Trotzdem grübelte er weiter, was Henry Bidwell dazu gebracht haben mochte, fünfmal in den vergangenen viereinhalb Monaten ein scheinbar so trostloses
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