Jagd auf Mrs. Pollifax
daß Kadi auf der Kunstakademie Zeichnen und Holzschnitzerei studierte. Inzwischen war auch Mrs. Pollifax zum Plaudern zu müde. Sie sehnte sich nach einem Bett und, nach den unverwarteten Ereignissen des Tages, nach Schlaf. Trotzdem unterbrach sie ihr Schweigen und sagte fest: »Ganz offensichtlich habe ich mich geirrt, daß den Burschen das Benzin lange vor uns ausgehen würde.«
»Ja«, entgegnete Kadi höflich.
»Und wir brauchen unbedingt Schlaf.«
»O ja!« pflichtete ihr Kadi bei.
Mrs. Pollifax nickte. »Wir müssen sie irgendwie abhängen und das schaffen wir auf einem Highway nicht, dafür ist eine Stadt besser geeignet. Ich hätte es schon vor Meilen probieren sollen!« Sie deutete nach vorne. »Dort ist die Ausfahrt nach Worcester. Es könnte riskant werden. Wollen Sie es trotzdem versuchen?«
»Keine Frage!« rief Kadi. »Das Wort ›Bett‹ ist momentan das schönste, das mir einfällt. Ich habe seit Sonntag nicht mehr richtig geschlafen.«
Mrs. Pollifax blickte sie flüchtig lächelnd an. »Dann wollen wir!« Sie bog in die Ausfahrt ein. »Ich glaube, wir sollten etwas ganz in der Nähe des Highways suchen - nur für den Fall, daß sich eine rasche Flucht als notwendig erweist. Nichts Besonderes, eher so etwas.« Sie deutete mit dem Kopf auf ein etwas heruntergekommen aussehendes Motel, an dem sie soeben vorbeifuhren. BIDE-A-WEE stand auf dem Leuchtschild davor. »Wir werden später hierher zurückkommen.«
Jetzt, da sie ein Ziel hatten, konzentrierte sich Mrs. Pollifax ganz darauf, den grünen Wagen abzuhängen, indem sie eine Straße hinauf und eine andere hinunterfuhr, dabei jedoch darauf achtete, in der Gegend des Bide-A-Wee zu bleiben, um es dann auch wiederzufinden. Fünfundzwanzig Minuten lang raste sie, kurz ehe sie auf Rot schalteten, an Verkehrsampeln vorbei, nur leider überfuhr der grüne Wagen hemmungslos das Rot und blieb dicht hinter ihnen bis unerwartet ein kleines Wunder geschah. »Sie haben angehalten!« rief Kadi begeistert. »Sie haben angehalten, Mrs. Pollifax! Die Ampel ist vor ihnen rot geworden, und diesmal mußten sie stehenbleiben, weil hinter ihnen ein Streifenwagen auf Grün wartet!«
Mrs. Pollifax seufzte erleichtert. »Jetzt können wir nur hoffen, daß wir das Bide-A-Wee wiederfinden und zwar rasch! Ich erinnere mich, daß es einen riesigen Parkplatz hatte.« Wenige Minuten später bog sie bereits darauf ein und manövrierte ihren W 7 agen zwischen zwei Kleinlaster. »Wir werden um ein Zimmer bitten, von dem aus wir den Wagen im Auge behalten könne n. Darauf werde ich bestehen.« Schließlich waren sie in Zimmer 211 untergebracht. Während Kadi duschte, schaltete Mrs. Pollifax den kleinen Fernseher ein, dessen Bildschirm heftig flimmerte. Der Nachrichtensprecher sagte: »Seit Henry Bidwells Entführung sind bereits sechs Tage vergangen. Falls die Polizei Hinweise auf die Kidnapper hat, erfuhren wir zumindest nichts davon. Bidwells Frau befindet sich in ärztlicher Behandlung. Seine Arbeitgeber setzten eine Belohnung von fünfzigtausend Dollar für nähere Hinweise darüber aus, wo Mr. Bidwell gefangengehalten wird.... Die OPEC traf sich heute wieder in Paris und der Ölpreis ...«
Mrs. Pollifax schaltete das Gerät aus und setzte sich aufs Bett Wie gern hätte sie jetzt eine Zahnbürste gehabt! Kadi kam aus dem Badezimmer zurück. »Der nächste, bitte.« Sie lächelte müde, ließ sich aufs andere Bett fallen und schlief sofort ein. Mrs. Pollifax streckte sich auf ihrem Bett aus und mußte verärgert feststellen, daß sie jetzt hellwach war und nicht einschlafen konnte.
Ich habe ein ungutes Gefühl, dachte sie stirnrunzelnd, aber das habe ich doch schon den ganzen Tag, warum kann ich also jetzt nicht schlafen? Es fehlte schließlich nicht mehr viel bis Mitternacht. Sie schwang sich aus dem Bett, trat ans Fenster und schaute hinaus auf die Lichter der Stadt. Ihr Blick schweifte zur Straße, zum Parkplatz und ihrem Wagen und danach wieder über die Straße zu den hellen Lichtern eines größeren Motels auf der anderen Seite. Sie sah zu, wie ein Wagen in die Einfahrt dieses größeren Motels fuhr, verschwand und bald darauf an der anderen Seite wieder erschien. Er ist außen herum gefahren, wurde ihr plötzlich bewußt. Sie verfolgte ihn nun wachsam, während er zum BideA-Wee herüberfuhr, und als er unter der Straßenbeleuchtung war, erkannte sie ihren grünen Verfolger. Erschrocken wurde Mrs. Pollifax klar, daß die Burschen sich methodisch jedes Motel der Gegend
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