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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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guten Abend«, war alles, was der Fremde erwiderte.
     
    Die Geschichte, die ihm eine Stunde zuvor passiert war, wollte ihm einfach nicht aus dem Sinn. Plötzlich hielt er diesem Ansturm von Bildern im Kopf nicht mehr stand und erkundigte sich bei Frau Adamo, die ihm gerade gebackene kleine Tintenfische und Garnelen als Hauptgang servierte.
    »Verzeihen Sie, gute Frau, können Sie mir vielleicht sagen, wer diese Person vor dem Zirkel der Adligen ist?«
    »Dort lungern viele Tunichtgute herum.«
    »Nein, ich meine einen älteren Herrn, der auf einem Strohstuhl sitzt.«
    »Sehen Sie, Herr Liquori… «
    »Liguori.«
    »… das ist Marchese Peluso, Don Federico Maria der Alte, wie wir ihn hier im Ort nennen, um ihn nicht mit dem Enkel zu verwechseln, der auch diesen Namen trägt.«
    »Dann ist er also der Vater des Marchese Don Filippo.«
    »Genau.«
    »Und keiner versorgt den Alten?«
    »Wie meinen Sie das, keiner versorgt ihn? Sein Diener Mimì, ein großer schwarzgekleideter Mann ohne Kopfbedeckung, trägt ihn viermal täglich auf einem Stuhl von zu Hause zum Zirkel und wieder zurück. Er kümmert sich um ihn, bringt ihm eine Decke, wenn es kalt ist, oder zieht ihm die Jacke aus, wenn es zu warm wird. Und von einem Fenster des Palazzo Peluso aus behält er ihn ständig im Auge.«
    »Ich meinte mit versorgen, ihm frische Kleidung anziehen, ihn waschen… Er ist wirklich sehr schmutzig, hatte ich den Eindruck.«
    »Daß der Marchese vor Dreck starrt, ist seine höchstpersönliche Angelegenheit. Das ist niemandes Schuld. Sobald Mimì es wagt, dem Alten auch nur eine Katzenwäsche zu verpassen, schreit er wie am Spieß. Als der Alte noch gehen konnte, war er einmal zusammen mit einem Freund hier zum Essen und beschmierte sich die Hände mit Sauce. ›Wollen Sie sich säubern, Exzellenz?‹ fragte ich ihn. ›Meine gute Tochter‹, entgegnete er, ›Händewaschen ist für mich eine Strafe Gottes.‹«
     
    Am selben Abend fand im Zirkel der Adligen die Generalversammlung zur Neuverteilung der Gesellschaftersitze statt. Nur der Geometer Fede fehlte.
    »Er wird noch auf der Jagd nach dem Fremden sein«, meinte Baron Uccello.
    Marchese Peluso bat um das Wort. »Bevor wir mit den Nominierungen beginnen«, sprach er, »möchte ich einen wichtigen Antrag stellen, und zwar sollte der Zirkel nicht mehr der Zirkel der Adligen heißen.«
    »Und warum das?« fragte Oberleutnant Amedeo Baldovino.
    »Weil hier nur noch zwei Mitglieder aus dem Adelsstand übrig sind, nämlich ich und der Baron Uccello. Die anderen, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, haben nicht die Bohne mit dem Adel zu tun. Es sei denn, man wolle unseren Verein »Zirkel der zwei Adligen und ihrer Verwandten« nennen. Da kann ich aber nur von Herzen lachen.«
    »Der Marchese hat recht«, stimmte der ehemalige Garibaldino und Commendatore Aguglia begeistert zu, war er doch überzeugt, daß alle Menschen fast gleich sind. »Nennen wir ihn doch Zirkel Garibaldi.«
    Schweigend sannen sie über den Vorschlag nach. Dann bat Doktor Smecca um das Wort. »Ich bin mit Marchese Peluso nicht einverstanden«, gab er zu bedenken, »und weise alle daraufhin, daß ich nur für mich spreche. Eben weil ich nicht adliger Herkunft bin, schätze ich es, Mitglied des Zirkels der Adligen zu sein, während es mir schnurzpiepegal wäre, irgendeinem Zirkel Garibaldi anzugehören.«
    Zustimmende Rufe zugunsten des Herrn Doktor wurden laut, als der Geometer Fede in der Runde auftauchte. Mit einem Schlag kehrte Stille ein.
    »Nichts, rein gar nichts.«
    »Haben Sie nicht mit ihm reden können?« fragte Baldovino, der nach zwei Jahren vor Ort zu einem waschechten Vigateser geworden war.
    »Reden konnte ich schon mit ihm. Höflich ist er, bei Gott, dabei aber verschlossen und schwer einzuschätzen.«
    »Verschlossen ist er wahrlich«, pflichtete der Oberleutnant bei. »Auf der Überfahrt haben weder Herr Colajanni noch Frau Clelia ihm auch nur ein Wörtchen entlocken können.«
    »Wieso? Haben Sie nicht auch versucht, ihn auszuquetschen?« fragte Colajanni, der sich auf die Füße getreten fühlte.
    »Ja, auch ich«, gestand Baldovino mit verlegenem Lächeln.
    »Eine Sache aber habe ich in Erfahrung gebracht«, fuhr der Geometer dazwischen und legte eine kunstvolle Pause ein, bevor er weitersprach: »Seinen Namen nämlich.«
    »Wie heißt er denn?« fragten alle im Chor.
    »Er heißt Santo Alfonso de’ Liguori.«
    Padre Macaluso, der wie üblich bärbeißig in der Ecke hockte und Zeitung las,

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