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Jagdsaison. Roman.

Jagdsaison. Roman.

Titel: Jagdsaison. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Selbstmord begangen.«
    »Aber wenn er doch seit Jahren nicht mehr gehen konnte«, entgegnete der Apotheker ungläubig.
    »Dieses Mal aber ging er. An einer bestimmten Stelle ist er hingefallen, hat seinen Stock liegenlassen, ist auf Händen und Knien weitergerutscht, bis er auch das nicht mehr schaffte, und robbte dann bäuchlings weiter.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?« fragte Mimì.
    »Das alles hat mir der Sand erzählt, Mimì«, erwiderte Porterà. »Schau doch mal her. Der Sand erklärt alles. Der Marchese hat den festen Vorsatz gehabt, sich zu töten. Aber ich glaube nicht, daß es sich um Tod durch Ertrinken handelt.«
    Mimì folgte den Spuren im Sand, die die letzten Anstrengungen seines Herrn bezeugten. Der Kommissar hatte recht.
    »Und wie soll er sonst gestorben sein?« fragte der Apotheker.
    »Herzversagen. Er war einfach zu alt und zu gebrechlich, und das Wasser war zu kalt.«
     
    Der Marchese traf halb bekleidet vor Ort ein, nachdem ihn einer der Männer des Kommissars benachrichtigt hatte.
    »Der arme Vater, welch schreckliches Ende hat er nur genommen«, sagte er beim Anblick der Leiche, die das Meer gewaschen hatte.
    »Er hat den Tod praktisch beim Waschen gefunden.«
     
     

2
     
     
    Federico Maria Santo war der zweiundzwanzigste Erbe des Geschlechts der Marchesen Peluso di Torre Venerina. Genauer gesagt, verdankte Federico Maria seine Geburt weniger der legitimen Vereinigung zwischen Don Filippo und Donna Matilde Barletta Capodirù, vielmehr war er ein Produkt, eine Frucht aus dem verzauberten Garten des legendären Santo La Matina, ganz so wie die Birnen, die eimerweise pissen ließen, die Pfirsiche, die mächtigen Stuhlgang erzeugten, das Fenchelkraut, das der Bekämpfung des Asthmas diente, die Bittermandeln, die ein für allemal das Dreitagefieber der Malaria besiegten.
    Nachdem der Marchese in einem lustlosen Beischlaf mit seiner Gemahlin die älteste Tochter Antonietta, Ntontò genannt, gezeugt hatte und nachdem diese glücklich und unter großem Jubelgeschrei der Verwandten, Freunde und Hausangestellten das Licht der Welt erblickt hatte (Jubel, in den der Vater nur zur Wahrung des Scheins und seines guten Namens wegen eingestimmt hatte, ein Sohn wäre ihm viel lieber gewesen), stand für Donna Matilde fest, daß ihre Karriere als Ehefrau und Mutter beendet war. Höchst erstaunt war sie deshalb, als sich ihr Ehemann gleich in der ersten Nacht, da sie ins Ehebett zurückgekehrt war, kaum war das Licht gelöscht, an sie heranmachte und von jenem Moment an stets hartnäckig sein Ziel verfolgte, selbst dann, wenn sie unpäßlich war und schleichende Schmerzen verspürte, die vom Bauch zum Kopf wanderten.
    Eines Nachts, als die Marchesa in einstündigem Abstand drei endlose Penetrationen über sich hatte ergehen lassen und eben auf der Seite liegend eingenickt war, spürte sie beim Glockengeläut zur ersten Messe, wie die Hände ihres Gatten sie erneut packten. Und hast du’s nicht gesehen, lag sie auch schon mit gespreizten Beinen auf dem Bauch. Das war für die Marchesa alles in allem die bequemste Position, in der sie zehn Minuten schlummern konnte, während sich der Gemahl hinter ihr im Schweiße seines Angesichts abrackerte. Diesmal blieb die Marchesa jedoch wach und ergriff sogar das Wort. Beim Klang ihrer Stimme war der Marchese vor lauter Überraschung wie gelähmt, sollten doch die Zusammenkünfte zwischen Eheleuten nach den Lehren des verstorbenen Padre Carnazza, der sie getraut hatte, in strengstem Schweigen verlaufen: Von Seiten der Frau war nur ein leichter, kaum vernehmbarer Jammerlaut zulässig, beinahe ein Seufzen, zur Situation passend.
    »Warum?« fragte Donna Matilde nur, kaum den Kopf vom Kissen hebend.
    »Warum was?« entgegnete der Marchese keuchend und kräftig weiter rammelnd.
    »Warum tust du das?«
    Selbst ein Stier wäre ob dieser Frage verwirrt gewesen und hätte von seinem Tun abgelassen. Aber der Marchese war aus Granit.
    »Weil du mir einen Stammhalter schenken mußt«, erklärte er und stieß weiter in sie hinein.
    Der Versuch, die Marchesa zu schwängern, zog sich beinahe zwei Jahre hin, und Donna Matilde erwog ernsthaft, sich in das abgelegene Kloster Santa Maria di Cupertino irgendwo im Madoniengebirge einzuschließen, von dem die Kunde ging, daß noch nie ein Manneswesen seinen Fuß über dessen Schwelle gesetzt habe.
    »Richtig. Die Männer steigen durchs Fenster«, lautete die These des mißtrauischen Barons Uccello, der bei dieser Gelegenheit den

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