Jahrestage 2
Mississippi geöffnet wurde?
Warum meldete die Polizei um 18 : 36, daß inzwischen ein blauer Pontiac mitmache bei der Jagd auf das mutmaßliche Fluchtauto, und um 18 : 47, daß aus dem weißen Mustang auf den Pontiac geschossen werde?
Warum gab es danach keine Durchsagen mehr über die drei Wagen? Weil die Zentrale nunmehr genügend Funkwagen in die falsche Richtung abgelenkt hatte?
Warum sagte der Führer des Funkwagens 160, Leutnant R. W. Bradshaw, gestern, er habe einen weißen Mustang weder gesehen noch verfolgt, und heute, daß weitere Erklärungen nur noch Sache seiner Vorgesetzten seien?
Wäre die Sache mit dem falschen Funkspruch je herausgekommen, hätte nicht ein Fernsehgerätehändler ihn mitgehört?
Wie konnte er ihn mithören, da sein Gerät die Meldung vom tatsächlichen Standort des Funkwagens 160 gar nicht empfangen konnte?
Wie konnte der Spruch aber von einem Privatauto mit öffentlicher Sendefrequenz kommen, wenn mit einem solchen Radio ein Sendeverkehr zwischen Funkwagen und Zentrale gar nicht vorgetäuscht werden kann, es sei denn, da seien ausgefuchste Experten am Werk gewesen?
Warum wußte die Polizei von einem zweiten Mann in der Mordsache und behauptete tagelang gemeinschaftlich mit dem Bundeskriminalamt, der Täter sei ein Einzelner?
Warum befaßt sich das Bundeskriminalamt erst nach fünf Tagen mit den Spuren, die auf eine Verschwörung zum Mord deuten?
Wenn je eine Regierungskommission den amtlichen Bericht über das Attentat auf Dr. King vorlegt, sie wird dies wegerklären.
In der Neufassung der Geschichte der Stadt Wendisch Burg, zum 800. Jahrestag der Gründung 1965 herausgegeben von der Kommission für die Jubiläumsfeierlichkeiten bei der Bezirksleitung der Sozialistischen Einheitspartei, wird die Rettung der Stadt vor Beschuß und Bombardement zwei Personen namens Alfred Wannemaker und Hugo Buschmann zugeschrieben, beides Mitglieder der damals verbotenen Kommunistischen Partei und heute in hohen Funktionen in der Bezirksleitung Rostock und in einem ostberliner Ministerium. Das Buch berichtet, die beiden seien in der Nacht zum 29. April 1945 mit einem polnischen Zwangsarbeiter durch den Wald südlich der Stadt geschlichen, bis sie auf die Spitzen der sowjetischen Truppen stießen und zu einem Befehlshaber geführt wurden. Es ist da von zeitraubendem, berechtigtem Mißtrauen die Rede, aber A. Wannemaker habe einen Stadtplan von Wendisch Burg bei sich getragen und den sowjetischen Genossen darin die Stellungen der deutschen Truppen eingetragen, komplett mit Mannschaftsstärke, Fahrzeugbestand, Treibstoffvorräten. Die Verhandlung wurde von einem Gefecht mit versprengten deutschen Kräften unterbrochen, und H. Buschmann mußte auf dem Fußboden eines Dorfschulbüros Deckung nehmen, während er mit dem Bürgermeister von Wendisch Burg telefonierte und die Bedingungen der Übergabe ausmachte. Der Pole als Dolmetscher, die klassenkämpferische Solidarität der Nationen, und die Rote Armee zog ein zwischen den unversehrten Fachwerkgiebeln der Alten Straße von Wendisch Burg.
Cresspahl fing seine Geschichte an mit der Erinnerung: Kennst ihn ja; als seien die Zuhörer wie er imstande, augenblicklich ein Bild von Martin Niebuhr aus dem Gedächtnis zu holen, von einem geduckten, langarmigen Mann in blauem Maschinistenzeug, der seine Kraft ohne Eile einsetzt, langsam ist im Reden wie in Entschlüssen, nahezu verschlafen, der überraschend »aufgewacht« ist, nicht nur umsichtig auch schnell handelt, notfalls verschlagen und verlogen, schließlich richtig. Aufgeweckt hatte ihn der Einfall eines S. S.-Obersturmführers, die Havelschleuse Wendisch Burg zu sprengen und mit allem Wasser oberhalb davon die sowjetischen Verbände nach Süden wegzuspülen. Erstlich eins (kaum entrüstet, aber mit Behagen an der eigenen Rechtsposition gesprochen:) Erstlich eins, dies war Martin Niebuhrs Schleuse. Über ihm waren nur noch das Wasserstraßenamt und vielleicht noch Berlin, aber in Berlin verlief die Front am Hallischen Tor und am Alexanderplatz. Das Ansinnen der S. S. verletzte den Weisungsweg, es war geradezu ungesetzlich, und der Beamte Niebuhr war nicht gesonnen, eine Handlung gegen die behördlichen Vorschriften durch Duldung und Mitwisserschaft zu unterstützen. Er hatte an der Eindämmung des Wassers gearbeitet, seit er ein Kind war, ob er nun Faschinen legte oder als Gehilfe die Schleusenwärterei erlernte, und es ging ihm gegen die erworbene Natur, das strelitzer Land, die eigene
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