Jahrmarkt der Eitelkeit
Badezelt tauchen und im Wasser auf eine Versöhnung drängen. Ist das nicht eine Kriegslist?«
Beim Gedanken an die wäßrige Zusammenkunft mußte George laut lachen. »Was treibt ihr denn da draußen, ihr zwei?« schrie Rawdon und schüttelte den Würfelbecher. Amelia reagierte sehr töricht: sie benahm sich ganz unsinnig und hysterisch und zog sich auf ihr Zimmer zurück, um dort im stillen zu schluchzen.
Unsere Erzählung muß in diesem Kapitel scheinbar unentschlossen vorwärts und rückwärts gehen, und wenn wir mit unserer Geschichte bald bei morgen angelangt sind, so werden wir sofort wieder Gelegenheit haben, auf gestern zurückzukommen, damit die ganze Geschichte berichtet wird. Wie beim Empfang Ihrer Majestät die Wagen der Gesandten und hohen Würdenträger von einem Privatausgang davonfahren, während Hauptmann Jones' Damen auf ihre Droschke warten – wie im Vorzimmer des Sekretärs der Schatzkammer ein halbes Dutzend Bittsteller geduldig auf ihre Audienz warten und der Reihe nach hereingerufen werden, während plötzlich ein irischer Abgeordneter oder eine hochgestellte Persönlichkeit hereinkommt und sozusagen über die Köpfe aller Anwesenden hinweg zum Herrn Untersekretär hineingeht, so muß auch im Laufe einer Erzählung der Autor diese höchst parteiische Gerechtigkeit walten lassen. Wenn auch keiner der kleineren Vorfälle unerwähnt bleiben soll, so müssen sie doch vor großen Ereignissen zurückstehen. Ganz gewiß war ein Umstand wie der, der Dobbin nach Brighton führte, das heißt der Marschbefehl für Garde und Linie nach Belgien und die Vereinigung der alliierten Heere in diesem Land unter dem Kommando Seiner Gnaden, des Herzogs von Wellington, so sehr wichtig. Er berechtigte uns, allen unwichtigeren Vorfällen, woraus unsere Geschichte hauptsächlich besteht, vorauszueilen, und deshalb war eine kleine Unordnung entschuldbar und dienlich. Wir sind jetzt wieder im 22. Kapitel und nur soweit fortgeschritten, daß wir unsere verschiedenen Darsteller in ihre Ankleidezimmer befördert haben. Es ist kurz vor dem Essen am Tage von Dobbins Ankunft, das wie üblich stattfand.
George war zu menschenfreundlich oder zu sehr mit dem Binden seines Halstuches beschäftigt, um Amelia sofort alle Nachrichten mitzuteilen, die sein Kamerad aus London gebracht hatte. Aber er betrat ihr Zimmer mit so ernster und wichtiger Miene, den Brief des Rechtsanwaltes in der Hand, daß sie, stets in Erwartung eines Unheils, glaubte, das Schlimmste sei im Anzug. Sie eilte auf ihren Mann zu und bat ihren geliebten George inständig, er möge ihr doch alles sagen: Gewiß müsse er weg von England, es werde nächste Woche eine Schlacht stattfinden, sie wisse es wohl.
Der geliebte George parierte die Frage nach dem Feldzug und sagte mit melancholischem Kopfschütteln: »Nein, Emmy, das ist es nicht, nicht um mich mache ich mir Gedanken, sondern um dich. Ich habe schlimme Nachrichten von meinem Vater bekommen. Er lehnt jede Verbindung mit mir ab, er schickt uns weg und überläßt uns der Armut. Ich kann schon irgendwie durchkommen, aber du, meine Liebe, wie wirst du es ertragen? Da, lies!« Und er reichte ihr den Brief.
Amelia lauschte mit zärtlicher Unruhe im Blick ihrem edlen Helden, als er diese großmütigen Gefühle äußerte. Dann setzte sie sich aufs Bett und las den Brief, den George ihr mit hochtrabender Märtyrermiene überreicht hatte. Während sie las, erhellte sich ihr Gesicht zusehends. Der Gedanke, Armut und Entbehrung mit dem Geliebten zu teilen, hat, wie bereits gesagt, für eine warmherzige Frau nichts Abschreckendes an sich. Ja, die Aussicht war der kleinen Amelia sogar angenehm. Dann schämte sie sich, wie gewöhnlich, daß sie sich in einem so unpassenden Augenblick glücklich fühlte, bezähmte ihre Freude und sagte demütig:
»O George, wie dir doch das Herz bluten muß bei dem Gedanken, daß du von deinem Papa getrennt bist.«
»Ja, das tut es auch«, sagte George mit gequältem Gesichtsausdruck.
»Aber er kann dir nicht lange böse sein«, fuhr sie fort. »Niemand könnte das, davon bin ich überzeugt. Er muß dir verzeihen, mein liebster, bester Mann. Oh, ich werde mir nie verzeihen, wenn er es nicht tut.«
»Was mich quält, meine arme Emmy, ist nicht mein Unglück, sondern deines«, sagte George. »Ein bißchen Armut stört mich nicht, und ich glaube ohne Eitelkeit sagen zu können, daß ich genug Talente besitze, um meinen Weg selbst zu machen.«
»Das stimmt«, fiel seine Frau ein, die
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