Jakob der Reiche (German Edition)
Er war von Anfang an unerfüllbar gewesen, so fern und unerreichbar für ihn wie die Weihe zum Priesteramt, das er viele Jahre lang vergeblich angestrebt hatte.
Auf dem goldenen Bucintoro nahm der Doge wieder auf dem prächtigen Thronsessel Platz und ließ sich seinen Cornu ducale aufsetzen. Die langen Riemen der goldenen Galeere trieben den Bucintoro mit dem Dogen langsam zurück zur Mole am Marcusplatz. Das lange rote Banner wehte noch einmal über die Palazzi. Es streifte auch die Fenster, hinter denen Jakob vierzig Jahre zuvor zum ersten Mal gewohnt hatte.
Es war vorbei. Keine Rache mehr für Caterina Cornaro, die unglückliche Königin der Zuckerinsel Zypern. Keine Genugtuung für die Ermordung ihres Mannes und ihres Sohnes und für den Raub ihres Königreiches durch die hartherzigen Herrscher der Serenissima. Und kein Vermögen Caterinas als Darlehen für das Handelshaus der Fugger von der Lilie und damit auch für den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Ihr Tod hieß Krieg, und Jakob Fugger konnte ihn nicht mehr verhindern. Und plötzlich liefen ihm Tränen über das Gesicht. Er wusste jetzt, dass er nicht nur gekommen war, um neue Gelder für die Firma und für den Kaiser zu beschaffen. Es interessierte ihn nicht mehr, und seine Trauer galt allein einer unerfüllten Liebe.
Epilog
Als Papst Julius II . im Jahr darauf erkrankte, bat der »Erwählte Kaiser« Maximilian Jakob Fugger um einen Kredit von dreihunderttausend Dukaten, um sich als Papstnachfolger ins Gespräch zu bringen. In diesem Jahr umfasste die Bilanz des Handelshauses und der Bank circa eine Million Gulden Aktiva und dreihundertdreiunddreißigtausend Gulden Reingewinn.
Gleichzeitig begann überall im alten Europa ein offener Widerstand gegen die Globalisierung der Handelsmonopole. Er scheiterte, weil das hoch verschuldete Kaiserhaus Jakob Fugger und seine Bank dringend brauchte.
Am liebsten hatte Jakob jetzt seinen Neffen Anton um sich. Behutsam bereitete er ihn auf seine Nachfolge vor. Zur gleichen Zeit wurde Maximilians Enkel Karl an der Universität Leuven von den besten Lehrern seiner Zeit unterrichtet. Er sprach und las Lateinisch, Spanisch und Französisch – doch von der deutschen Sprache kannte er nur ein paar Worte.
Schon bald wurde auch das Augsburger Haus am Rindermarkt zu klein, um all die fürstlichen Gäste standesgemäß zu beherbergen. Jakob ließ deshalb am Weinmarkt mitten in Augsburg einen Palast bauen, wie ihn die Stadt noch nicht gesehen hatte. Hier weilte auch Kaiser Maximilian mit seinem Gefolge oft zu festlichem Gelage mit Tanz, Musik und frohem Umtrunk.
Draußen im Land aber wurden die Zeiten immer unsicherer. Auch ein Kaufmannszug von Sibylle Fuggers Geliebtem Rehlinger wurde auf dem Weg zur Frankfurter Messe vom Raubritter Götz von Berlichingen überfallen.
Zugleich mit dem Neubau in der Innenstadt gab Jakob Fugger den lange geplanten Bau seiner Armensiedlung in der Jakobervorstadt in Auftrag. So entstanden hundertsechs Dreizimmerwohnungen in dreiundfünfzig Reihenhäusern für arme Augsburger, Tagelöhner und Handwerker.
In Wittenberg kam es zum entscheidenden Streit mit einem Fuggerschen Ablasshändler.
Martin Luther schlug seine fünfundneunzig Thesen gegen die Missstände in der Kirche an. Damit begann die Reformation in Deutschland.
Anfang Oktober 1518 verhandelten Jakob Fugger, Conrad Peutinger und Kaiser Maximilian zum letzten Mal in der jetzt goldenen Schreibstube über Darlehen und Zinsen.
Kurz nach Maximilians Abreise nahm der Augustinermönch Luther Wohnung bei den Karmelitern von Sankt Anna. Er war in Augsburg wegen Ketzerei angeklagt und sollte vor einem Prozess dem päpstlichen Bevollmächtigten Cajetan sein Tun und Handeln erklären und seine revolutionären Thesen widerrufen.
Luther, Kardinal Cajetan und Conrad Peutinger trafen im Fuggerschen Haus zusammen, doch Luther verweigerte den Widerruf und floh nachts durch dasselbe kleine Stadttor, das die Augsburger Ratsherren für Kaiser Maximilian genehmigt hatten, damit er nachts nach der Jagd nicht vor den verschlossenen Haupttoren warten musste. Jakob selbst wollte den abtrünnigen Mönch nicht sehen – ebenso wenig wie den jungen spanischen König Karl, dem er dann doch wenig später die deutsche Kaiserkrone kaufte.
Drei Monate später verkündeten die Glocken im ganzen Reich den Tod Kaiser Maximilians. Jetzt drohte die Gefahr, dass der englische oder der französische König zum Kaiser gewählt und gesalbt
Weitere Kostenlose Bücher