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James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition)

Titel: James Bond 05 - Liebesgrüße aus Moskau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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einen Heuhaufen geworfen wurde, verwandelten sich die Gerüchte in offene Panik. In den Dörfern bildeten sich Bürgerwehren, die Polizei forderte Verstärkung und Hundestaffeln an, und die Geschichten über den »Mondscheinmörder« lockten Reporter in die Gegend. Mehrere Male wurde Grant auf seinem Fahrrad angehalten und befragt, aber er hatte mächtige Freunde in Aughmacloy, und seine Ausrede, die Fahrten wären Teil seines Boxtrainings, wurde immer bestätigt. Denn inzwischen war er der Stolz des Dorfes und Anwärter auf den Titel des Halbschwergewichtsmeisters von Nordirland.
    Wieder rettete ihn sein Instinkt davor, entdeckt zu werden, indem er Aughmacloy verließ und nach Belfast zog, wo er sich in die Hände eines heruntergekommenen Boxpromoters begab, der mit ihm ins Profilager wechseln wollte. Die Disziplin in der schäbigen Sporthalle war sehr streng. Es war fast wie ein Gefängnis, und als das Blut in Grants Adern wieder zu kochen begann, blieb ihm nichts anderes übrig, als einen seiner Sparringpartner zu töten. Nachdem man ihn im Ring zwei Mal von einem Mann herunterziehen musste, rettete ihn nur der Titelsieg davor, von seinem Promoter hinausgeworfen zu werden.
    Grant gewann den Titel 1945 an seinem achtzehnten Geburtstag, dann wurde er eingezogen und wurde Fahrer bei der Fernmeldetruppe. Die Ausbildung in England ernüchterte ihn oder ließ ihn zumindest vorsichtiger werden, wenn er »den Rappel« bekam. Nun ließ er sich bei Vollmond einfach volllaufen. Meistens zog er sich mit einer Flasche Whisky in die Wälder um Aldershoot zurück und schüttete alles in sich hinein. Dann beobachtete er distanziert seine Empfindungen, bis die Bewusstlosigkeit einsetzte. In den frühen Morgenstunden torkelte er schließlich zurück ins Lager. Dies befriedigte ihn zwar nur halb, machte ihn aber etwas ungefährlicher. Wenn ihn ein Aufseher erwischte, bedeutete das nicht mehr als einen Tag Ausgangssperre, weil ihn der befehlshabende Offizier für die Armee-Meisterschaft bei Laune halten wollte.
    Doch während des Korridorärgers mit den Russen wurde Grants Abteilung nach Berlin versetzt, und er verpasste die Meisterschaft. In Berlin faszinierte ihn der konstante Hauch der Gefahr und ließ ihn noch vorsichtiger und gerissener werden. Bei Vollmond betrank er sich immer noch hemmungslos, doch die restliche Zeit verbrachte er damit, zu beobachten und Pläne zu schmieden. Ihm gefiel, was er über die Russen hörte, ihre Brutalität, ihre Gleichgültigkeit gegenüber dem menschlichen Leben und ihre Arglist, und er beschloss, überzulaufen. Aber wie? Was konnte er ihnen als Geschenk bringen? Was wollten sie?
    Es war die Meisterschaft der britischen Rheinarmee, die ihm schließlich den entscheidenden Anstoß gab. Zufällig fand sie an einem Vollmondabend statt. Grant, der für die Fernmeldetruppe antrat, wurde wegen Klammerns und Tiefschlägen verwarnt und schließlich in der dritten Runde wegen andauernder Fouls disqualifiziert. Das ganze Stadion buhte ihn aus, als er den Ring verließ – die lautesten Rufe kamen von seinem eigenen Regiment. Am nächsten Morgen rief ihn der kommandierende Offizier zu sich und teilte ihm in kühlem Ton mit, dass er eine Schande für die Truppe sei und man ihn demnächst nach Hause schicken werde. Man werde ihn mit dem nächsten Truppentransport nach Coventry schicken, und da bis dahin niemand mit ihm fahren wolle, werde man ihn solange als Motorradkurier einsetzen.
    Die Versetzung hätte Grant nicht besser passen können. Er wartete ein paar Tage und dann, eines Abends, als er gerade die Ausgangspost aus dem Hauptquartier des Heeresnachrichtendienstes am Reichskanzlerplatz abgeholt hatte, fuhr er schnurstracks zum Russischen Sektor, wartete mit laufendem Motor, bis die britischen Kontrollbeamten ein Taxi passieren ließen, raste dann mit Vollgas hindurch und kam rutschend vor dem Betonunterstand des russischen Wachpostens zum Stehen.
    Unsanft wurde er in die Wachstube gezerrt. Dort saß ein Offizier mit einem ausdruckslosen Gesicht an einem Schreibtisch und fragte ihn, was er wolle.
    »Ich will den sowjetischen Geheimdienst sprechen«, erklärte Grant schlicht. »Den Leiter.«
    Der Offizier starrte ihn kühl an. Dann sagte er etwas auf Russisch. Die Soldaten, die Grant hineingebracht hatten, wollten ihn wieder herausschleifen. Grant schüttelte sie leicht ab. Einer von ihnen hob sein Maschinengewehr.
    Langsam und deutlich sagte Grant: »Ich habe eine Menge geheimer Papiere. Draußen. In den

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