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Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Zeichen. »Ihr könnt jetzt auftragen.«
    Vujacic hatte keine Zeit zu einer Reaktion.
    Plötzlich wurde die Ruhe durch ein Dutzend Stimmen durchbrochen. Sie brüllten ihn an, sich nicht zu rühren. Die Be­satzungsmitglieder hatten automatische Waffen unter der Abde­ckung des Servierwagens hervorgezogen. Gleichzeitig sprangen die Türen auf, und schwer bewaffnete Gestalten in schwarzer Uniform und mit kugelsicheren Westen stürmten an Deck. Vu­jacic hörte, wie Zlatko hinter ihm zu Boden gezwungen wurde. Es gab keine Möglichkeit zur Gegenwehr. Instinktiv hatte sich seine Hand zu der Beretta geschoben, die er unter dem locke­ren Hemd im Hosenbund verbarg, doch er hielt inne, denn er wusste, dass eine weitere Bewegung ihn das Leben kosten würde.
    »Braver Junge«, flüsterte die Blondine ihm auf Englisch ins Ohr und stieß den Lauf ihrer Dienstwaffe grob in das weiche, stoppelbedeckte Fleisch unter seinem Kinn. »Wolltest du mich ficken, Goran? Zu deiner Information, du Dreckskerl: Du bist es, der hier gefickt wird.«
     

Erstes Kapitel
     

1.
     
    Hamburg hatte ein einzigartiges Mauerwerk. Die Stadt schien aus roten Ziegeln zusammengefügt zu sein. Man sagte sogar, dass die Maurer, von denen Gebäude wie dieses errichtet wor­den waren, nicht mit Backsteinen gebaut, sondern mit ihnen gestrickt hätten.
    Martina Schilmann betrachtete die schmale rote Ziegel­fassade der Davidwache, des berühmtesten Polizeireviers in Deutschland. Es befand sich mitten im Hamburger Rotlichtvier­tel St. Pauli und diente nicht nur als funktionsfähige Polizeiwa­che, sondern es war auch ein unter Denkmalschutz stehendes na­tionales Kulturgut. Martina hatte sechs ihrer fünfzehn Jahre bei der Polizei Hamburg hier gearbeitet. Dann war sie weitergezo­gen. Immer weiter nach oben und schließlich weg von der Polizei.
    Während sie in der kalten, feuchten Nachtluft wartete, bis ein zweitrangiger britischer Prominenter sein lüsternes Inte­resse an der Reeperbahn befriedigt hatte, dachte sie darüber nach, warum sie fortgegangen war. Bei der Polizei Hamburg war sie eine Aufsteigerin gewesen, aber sie hatte mehr gewollt. Die Gründung ihrer eigenen Firma hatte ihr den Weg geebnet, und nun, mit vierzig, schien sie alles erreicht zu haben: Geld, Ansehen, Erfolg. Doch in diesem Moment, vor der roten Zie­gelfassade der Davidwache, erinnerte sie sich an ihre sechs Dienstjahre in diesem Gebäude. Es war eine großartige Zeit ge­wesen. Und ein großartiges Team.
    Martina presste den Knopf ihres verborgenen TETRA-Funkgeräts ans Ohr und drückte auf die PTT-Taste an ihrem Knopflochmikro. »Wo zum Teufel ist er?«
    »Ich weiß nicht, Chefin ... Ich bin in der Gerhardstraße«, antwortete Lorenz, Martinas Angestellter, mit seinem breiten sächsischen Akzent. »Er ist in die Herbertstraße gegangen und noch nicht wieder rausgekommen.«
    »Warum in Gottes Namen hast du ihn nicht begleitet? Ich habe dir doch gesagt, dass du dicht dranbleiben sollst.« Martina konnte die Frustration in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Rasch umrundete sie die Davidwache und überquerte die Da­vidstraße bis zum Eingang der Herbertstraße. Hier musste sie stehen bleiben. Eine metallene Schutzwand versperrte die Sicht, erlaubte jedoch den verborgenen Zugang in die achtzig Meter lange Straße. Jedenfalls, wenn man keine Frau und kein Mann unter achtzehn Jahren war. Achtzig Meter des Hamburger Straßennetzes verwehrten den Frauen der Stadt den Zutritt, es sei denn, sie waren Prostituierte, die in der Herbertstraße arbei­teten und wie Fleischstücke in der Auslage eines Metzgers hin­ter aufschwenkbaren Scheiben im Licht zur Schau gestellt wur­den. Obwohl die Hamburger Behörden die Errichtung der Metallschutzwände an beiden Seiten finanziert hatten, war das Frauenverbot nicht von der Stadt verhängt worden, sondern von den Prostituierten selbst. Jede Frau, die trotzdem eintrat, musste damit rechnen, mit Wasser oder Bier oder sogar mit Urin be­gossen zu werden.
    »Er wollte, dass ich auf ihn warte ...«, erklang Lorenz' Stimme kläglich aus dem Funkgerät. »Er wollte sich alles allein angucken. So sind die verdammten Promis eben. Sie glauben, dass alles ein Spiel ist.«
    »Scheiße.« Sie schaute auf ihre Uhr. Er war seit zwanzig Mi­nuten in der Herbertstraße, was wahrscheinlich bedeutete, dass er sich eines der Mädchen ausgesucht hatte. »Lorenz, geh rein und versuch, ihn aufzutreiben.«
    »Aber wenn er ...«
    »Mach schon.«
    In diesem Moment hörte Martina

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