Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Jan Fabel 05 - Walküre

Titel: Jan Fabel 05 - Walküre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
Vom Netzwerk:
so.«
    »Ehrlich gesagt, da ist was dran«, meinte Fabel. Er seufzte. »Also, was liegt vor?«
    »Das Opfer ist Jake Westland, dreiundfünfzig Jahre alt, bri­tischer Staatsbürger«, las Werner aus seinem Notizbuch vor. »Ja, der Jake Westland. Laut unseren Informationen hat er einen unerwarteten Spaziergang um die Reeperbahn gemacht. Und zwar nicht, um den Geist der Beatles einzufangen, wenn du's genau wissen willst. Seltsam - ich hätte gedacht, dass er vor allem an den Schwulenbars interessiert wäre. Schließlich ist er Engländer.«
    Fabel reagierte mit ungeduldiger Miene auf Werners Scherz.
    »Ich weiß nicht, warum sie es tun«, fuhr der Oberkommis­sar fort. »Diese Promis, meine ich. Jedenfalls ist Westland in die Herbertstraße verschwunden, um seine Leibwächter abzu­schütteln. Als Nächstes findet ihn eine Dame vom Gewerbe, die unterwegs zum Kiez ist, und sein Inneres ist nach außen ge­wendet. Er sagt, seine Angreiferin habe behauptet, der Engel zu sein. Dann hat er das Bewusstsein verloren.«
    »Wie ist sein Zustand?«
    »Im Krankenwagen hat er noch gelebt. Anscheinend ver­stand das Mädchen, das ihn gefunden hat, etwas von Erster Hilfe. Aber ich vermute, seine Produzenten planen schon eine Gedenk-CD mit seinen größten Hits.«
    »Das Mädchen, das ihn gefunden hat, ist hinten«, sagte Anna Wolff. Sie tauschte einen Blick mit Werner aus, und ihr rot geschminkter Mund verzog sich zu einem Grinsen. »Außer­dem seine Leibwächter. Ich dachte mir, du würdest sie gern per­sönlich vernehmen.«
    »In Ordnung, Anna«, seufzte Fabel. »Gibt es irgendein Problem?«
    »Westland wurde vom Sicherheits- und Personenschutzdienst Schilmann betreut.«
    »Martina Schilmann?«
    »Ihr beide habt euch nahegestanden, wie ich höre?«
    »Martina Schilmann war eine ausgezeichnete Polizistin«, er­widerte Fabel.
    »Dann muss sie damals bessere Arbeit geleistet haben als jetzt«, warf Werner ein.
    Ein uniformierter Oberrat trat zu ihnen. Er war kleiner als Fabel und hatte dichte dunkle, ungebärdige Haare. »Was ich wirklich wissen möchte«, sagte er streng, während er Fabel die Hand schüttelte. »Hat jemand ein Autogramm von ihm ge­kriegt?«
    »Hallo, Carsten«, erwiderte Fabel grinsend. »Du reißt also immer noch deine geschmacklosen Witze.«
    »Lässt sich nicht vermeiden.« Carsten Kaminski war Lei­ter des Polizeikommissariats 15, also der Davidwache. Dieses Revier war zuständig für den Kiez, das 0,7 Quadratkilometer große Rotlichtviertel mit der Reeperbahn als Mittelpunkt. An jedem Wochenende strömten über zweihunderttausend Besu­cher durch das Viertel. Manche davon waren betrunken, und manche büßten ihre Brieftasche oder andere Wertsachen ein. Und für einige endete der Abstecher ins Abenteuer mit einer wirklichen Katastrophe.
    Die Schutzpolizisten der Davidwache benötigten eine be­sondere Fähigkeit: Sie mussten kommunikationsfähig sein. Der Kiez war eine von Zuhältern und Prostituierten sowie von kleinen und weniger kleinen Gaunern bevölkerte Gegend. Sie wurde unter anderem von jungen Männern aus den Vorstäd­ten besucht, die häufig zu rasch und zu viel tranken. Die meis­ten Situationen, die die Beamten der Davidwache zu bewälti­gen hatten, erforderten Fingerspitzengefühl und Humor. Nicht wenige Nachtschwärmer wurden dazu überredet, friedlich nach Hause zu fahren, statt in eine Zelle eingesperrt zu werden.
    Carsten Kaminski war in St. Pauli geboren worden und hier aufgewachsen, und niemand war so sehr wie er mit dem Rhyth­mus und der wechselnden Atmosphäre des Kiez vertraut. Au­ßerdem besaß er den für St. Pauli typischen bodenständigen Humor.
    »Was genau hat es mit dem Protest auf sich?«, hakte Fabel noch einmal nach.
    »Es handelt sich um eine Gruppe namens Muliebritas. Genauer gesagt, sind die Teilnehmerinnen von der feministischen Zeitschrift Muliebritas zum Protest aufgerufen worden«, er­klärte Kaminski. »Sie sind in die Herbertstraße geströmt, und es wäre fast zu einer handfesten Auseinandersetzung mit den Nutten gekommen. So etwas wäre an sich schon schlimm ge­nug gewesen, aber da sich auch noch der Vorfall mit Westland abgespielt hat ... Wir haben sie aufgefordert, sich zu entfer­nen, weil sie einen Tatort kontaminierten und die Ermitt­lungen behinderten, aber eine einvernehmliche Zusammen­arbeit mit der Polizei schien ihnen fremd zu sein.« Wiederum ertönte Geschrei aus den Zellen, als sollten seine Worte unter­strichen werden. »Egal, du bist nicht

Weitere Kostenlose Bücher