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Jan Fabel 06 - Tiefenangst

Titel: Jan Fabel 06 - Tiefenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Russell
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Nummer der Mordkommission.
    »Hallo, Henk, das ging ja schnell …«
    »Chef, hier ist Anna. Komm lieber sofort hierher zurück. Der Network-Killer scheint wieder zugeschlagen zu haben. Eine weibliche Leiche ist ins Wasser geworfen worden. Werner befindet sich schon am Tatort.«
    »Shit …« Fabel schaute auf seine Uhr. »Du musst die Instruktionen für die Razzien heute Nachmittag also doch selbst geben. Ich werde zu Werner an den Tatort fahren. Wo ist das Opfer entdeckt worden?«
    Anna antwortete nicht sofort. Fabel hätte schwören können, dass er sie tief durchatmen hörte.
    »Du wirst es nicht glauben, Chef«, antwortete sie endlich. »Werner ist oben in Poppenbüttel. Der Network-Killer hat sein neuestes Opfer ins Wehr der Poppenbütteler Schleuse geworfen.«

16.
     
    Wie man Niels befohlen hatte, war er nicht zu der besetzten Wohnung zurückgekehrt.
    Nach dem Brandbombenanschlag auf den Mercedes war Harald mit dem gestohlenen Motorrad durch die Stadt gerast und hatte Niels’ Rufe, er solle bremsen, ignoriert, obwohl sie dadurch die Polizei auf sich aufmerksam machen konnten. Niels wurde klar, dass Haralds Panik ihn zu einer Bürde machte.
    Erst als Niels ihm die Mündung der Automatik an die Wange drückte, hatte Harald auf seine Schreie reagiert und angehalten. Danach hatte Niels ihm befohlen, langsam zum Fluss hinunterzufahren und nichts zu tun, was die Polizei veranlassen könne, sie zu stoppen. Nach dem ursprünglichen Plan hätten sie die Stadt hinter sich lassen und das Motorrad irgendwo im Wald anzünden müssen, um alle forensischen Spuren zu beseitigen. Aber Niels hatte sich überlegt, dass die Polizei bald eine Suchmeldung mit der Beschreibung von zwei Männern auf einem Motorrad herausgeben würde. Deshalb hatte er Harald gezwungen, einen ruhigeren Teil des Hafengebiets anzusteuern, wo ein steinerner Pier in die Elbe ragte.
    Harald war abgestiegen, hatte sich den Helm vom Kopf gerissen und ihn so kräftig auf den Beton des Piers geschleudert, dass er in die Höhe hüpfte.
    »Er ist tot!«, hatte er Niels angebrüllt. »Wirklich, der hat ausgeschissen. Dafür kriegen wir lebenslänglich, Niels. Und wo kommt die Dreckspistole her? Wolltest du den Kerl umlegen?«
    Niels hatte nicht geantwortet, sondern sich nur umgeblickt: zum Pier, zu der Kopfsteinpflasterstraße, die zu ihm führte, und zu der Stadt in der Ferne. Er war schon einmal hier gewesen und hatte genau das Gleiche getan. Damals hatte er genau das gleiche Gefühl gehabt. Niels wusste sogar, dass er schon viele Tausend Mal hier gewesen war. Aber er wusste auch, dass er noch nie hier gewesen war.
    Er hatte Harald immer noch nicht geantwortet, sondern das Motorrad zum Ende des Piers und über den Rand geschoben. Dann hatte er zugesehen, wie es im dunklen Wasser versank, und anschließend seinen eigenen Helm abgesetzt, mit aller Kraft ausgeholt wie ein Diskuswerfer, und den Helm so weit wie möglich hinaus auf den Fluss geschleudert. Dies hatte er mit Haralds verschrammtem Helm wiederholt und sich dabei die Schulter verrenkt und geflucht, als sich der Schmerz tief in seine Muskeln bohrte. Die Helme würden auf dem Wasser treiben, aber er hoffte, dass man sie nicht finden würde, falls sie in die Mitte des Flusses gelangten.
    »Wenn sie uns schnappen, werde ich ihnen sagen, dass ich einen Scheißdreck über die Pistole wusste. Oder darüber, dass er getötet werden sollte«, hatte Harald geschrien und nachdrücklich den Kopf geschüttelt. »Das ist nur deine Schuld, Niels. Ich habe mich den Beschützern angeschlossen, um den Planeten zu retten, nicht um Menschen zu ermorden.«
    Niels hatte erneut die Stelle betrachtet, an der das Motorrad in der Elbe versunken war. Das Wasser, obwohl höchstens zwei oder drei Meter tief, war dunkel genug, um es zu verbergen. Nachdem er sich wieder zu Harald umgewandt hatte, schien es so, als habe er keines von dessen Worten gehört. Er hatte Harald gemustert und versucht herauszufinden, wer und was er war. Im selben Moment, als der Mercedesbesitzer in Flammen aufgegangen war, hatte mit der gleichen Gewalt eine Erleuchtung von Niels’ Gehirn Besitz ergriffen. Nun kannte er die Wahrheit über alle Dinge. In einem einzigen Augenblick war ihm klar geworden, dass die Umwelt, die ihm so sehr am Herzen lag, in Wirklichkeit die Projektion einer anderen, fernen Realität darstellte, und dass nicht er unter einer Behinderung litt, sondern jeder andere, der das Universum nicht so wie Niels wahrnahm. Die anderen waren

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