Jan Fabel 06 - Tiefenangst
Abteilung zu bringen. Vielleicht haben wir ja Glück. Außerdem möchte ich Kroeger mein Handy geben.«
»Damit er herausfindet, wer Ihnen die SMS geschickt hat?«, wollte van Heiden wissen.
»Nicht ganz …« Fabel seufzte. »Ich kann die Nachricht nicht mehr finden. Vielleicht habe ich sie gelöscht. Aus Versehen. Aber ich begreife nicht, wie.«
»Verstehe …«, sagte van Heiden. Es war eine Gewohnheit von ihm, ein undurchsichtiges »Verstehe« in die Gespräche mit seinen Beamten einzuflechten. Dann musste der Betreffende erraten, was die Bemerkung zu bedeuten hatte: Verstehe …, dass ich die falsche Person mit dieser Aufgabe betraut habe; verstehe …, dass Sie diesmal wirklich Mist gebaut haben …
»Und wir vermuten nur, dass die SMS eine Bedeutung hat«, meinte Fabel. »Es könnte reiner Zufall sein.«
Van Heiden bedachte Fabel mit einem Blick, den er jemandem gegönnt hätte, der das Präsidium betrat und behauptete, von Außerirdischen entführt worden zu sein.
»Na gut«, sagte Fabel. »Es wäre ein verdammt erstaunlicher Zufall. Ich werde Kroeger darauf ansetzen.«
»Ich habe heute Morgen nach Ihnen gesucht, weil ich Sie nach unserem Gespräch über die Brandstiftung im Schanzenviertel auf den neuesten Stand bringen wollte. Ich habe gerade erfahren, dass Föttinger heute Nacht gestorben ist. Nun haben wir es mit einem Tötungsdelikt zu tun, und dafür sind Sie zuständig. Aber wie gesagt, es könnte uns schwerfallen, die Sache als Mord zu behandeln, denn schließlich war Föttinger im Café, als die Brandstiftung verübt wurde. Er ist auf das Feuer zugelaufen, das ihn getötet hat.«
»Vielleicht war das ein Teil des Plans – das Auto anzuzünden, um ihn auf die Straße zu locken«, sagte Fabel. »Aber das ist wohl nicht der einzige Grund, weshalb Sie sich hierher aufgemacht haben?«
»Nein, jedenfalls nicht der ausschließliche Grund. Ich wollte Sie fragen, ob sich Berthold Müller-Voigt gestern nach der Besprechung noch über etwas Wichtiges mit Ihnen unterhalten hat.«
»Was meinen Sie? Wieso?«
Van Heiden legte eine Hand auf Fabels Ellbogen und steuerte ihn ein paar Schritte weiter den Treidelpfad hinauf, fort vom Tatort und hinaus aus Werners Hörweite.
»Jan, Sie kennen die Gerüchte über Müller-Voigts Vergangenheit. Die Vermutungen der Medien über seine mögliche Verbindung zu linksextremen Terroristen in den frühen Achtzigern.«
»Ich glaube nicht, dass er sich mit ihnen eingelassen hat«, erwiderte Fabel. Er wollte van Heiden nicht offenbaren, dass er im Rahmen der damaligen Ermittlung, durch die er mit Müller-Voigt in Kontakt gekommen war, tief in der Vergangenheit des Politikers nachgeforscht hatte.
»Wie auch immer, ich habe Bedenken wegen einiger Informationen, die ich im Sicherheitsausschuss von GlobalConcern Hamburg mit ihm teilen muss. Egal, wie seine Vorgeschichte aussieht – Müller-Voigt ist ein hinterhältiger, manipulierender Drecksack. Ich weiß, dass Sie und er früher miteinander Kontakt hatten, und ich mache mir Sorgen, dass er vielleicht versucht, Einzelheiten aus Ihnen herauszuholen.«
»Einzelheiten worüber?«
»Ich weiß es nicht genau. Aber bevor Sie eintrafen, ist Müller-Voigt sehr hartnäckig gegenüber Menke aufgetreten. Er hat sich immer wieder erkundigt, welche extremen Umweltschutzgruppen das BfV beobachtet. Natürlich war Menke wegen Müller-Voigts schillernder Vergangenheit nicht gerade erpicht darauf, ihm mehr als nötig mitzuteilen.«
»Aber Müller-Voigt ist ein wichtiges Mitglied der Hamburger Regierung«, sagte Fabel. »Was immer er früher war oder nicht war, heute ist er jedenfalls ein gewählter und offiziell ernannter Amtsträger. Sollten wir daher nicht so eng wie möglich mit ihm zusammenarbeiten?«
»Natürlich.« Van Heiden wirkte ein wenig überrascht. »Natürlich sollten wir das. Aber Müller-Voigts Fragen waren … ich weiß nicht … Sie standen in keinerlei Zusammenhang zu dem Umweltkongress.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass Müller-Voigt im Lift nichts Derartiges mir gegenüber angeschnitten hat. Ich bin auf der Etage der Mordkommission ausgestiegen, sodass wir keine Möglichkeit hatten, ausführlich miteinander zu reden.«
»In Ordnung …« Van Heiden rieb sich geistesabwesend das Kinn. »In Ordnung … Ich wollte nur gefragt haben. Müller-Voigt kann ein aalglatter Bursche sein.«
Fabel wusste nicht, warum er van Heiden nichts von seiner Unterredung mit Müller-Voigt erzählte. Es war nicht nur das
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