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Jan Weiler Antonio im Wunderland

Jan Weiler Antonio im Wunderland

Titel: Jan Weiler Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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Trinkgeld.
    Ich könnte jetzt im Hotel ein wenig schlafen, aber Antonio will auf jeden Fall heute noch «nach der zwei Turmeda».
    Also auf zu Ground Zero. Inzwischen schmerzen meine Füße. Auch wenn ich es nicht zugeben will. Wir sind schon weit gelaufen, viel weiter, als ich selber freiwillig laufen würde. Aber New York ist so.
    Ich entscheide, dass wir uns ein Taxi gönnen, und so fahren wir mit Oscar Pedalvio aus Puerto Rico (kein Italiener, hat noch nie Mauro Conti befördert, soweit er das beurteilen kann) zum ehemaligen Welthandelszentrum. Dort, wo es einmal stand, steht jetzt ein Loch, ein riesiges Loch. Es ist, als habe Gott der Stadt zwei kariöse Zähne gezogen (wie Benno dem Stegosauras). Aber es war nicht Gott, nicht einmal Allah, sondern nur eine Hand voll wahnsinniger krimineller Fremder, die zerstört haben, was sie für den Mittelpunkt einer anderen Kultur hielten. Zur Strafe kamen ebenso fremde Kriminelle anschließend zu ihnen und bombten sie in die Steinzeit zurück.
    In dem Loch, vor dem Touristen stehen und versuchen, Fotos vom Nichts zu machen, wird an der Wiederauferstehung des Ortes gearbeitet. Benno und Antonio sehen dem schweigend zu, ringsum gibt es noch rußgeschwärzte Häuser, die 171
    wie Filmkulissen aus einem Jerry-Bruckheimer 1 -Film wirken.
    Es wird schon dunkel, als wir in eine Sports Bar gehen, wo kein italienischer Fußball läuft und es zwar viele Sorten Bier, aber kein deutsches gibt. Wir sehen eine Weile Baseball an, ohne so richtig zu verstehen, was die Menschen in dem Stadion daran derart in Raserei versetzt. Auf der Fahrt ins Hotel schläft Benno ein. Ich bringe die lungs noch auf ihr Zimmer und gehe heimlich an die Rezeption. Für fünf Dollar pro Minute lässt mich der Kerl hinter der Theke an seinen Rechner. Ich rufe eine Suchmaschine im Internetaufund gebe
    «Mauro Conti, Architect» ein. Ich finde Tanzschulen, Kneipiers, einen Gärtner, sogar einen Zweitligafußballer dieses Namens. Nach zwanzig Dollar bin ich sicher: Es gibt gar keinen Architekten namens Mauro Conti.

    1 Dem Filmproduzenten Jerry Bruckheimer verdankt die Menschheit Werke wie «Bad Company – Die Welt ist in guten Händen», «Black Hawk down», «Pearl Harbour» und «Armageddon». Privat soll er aber nett sein.
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ELEVEN
    «Darf ich dich etwas fragen, Antonio?», beginne ich am nächsten Morgen beim Frühstück die Konversation. Ich habe mir das gut überlegt.
    «Schieß ab», ruft Antonio und beißt in einen Pancake, den er zuvor in Ahornsirup gebadet hat. Das ist ein amerikanisches Nationalgericht, und wenn man begriffen hat, dass man wirklich viel Ahornsirup nehmen muss, schmeckt es auch vorzüglich. Die Amerikaner verstehen was vom Frühstücken.
    «Woher weißt du eigentlich, dass Mauro Conti Architekt ist? Ich meine, du hast ihn doch ein halbes Jahrhundert nicht mehr gesprochen.» Nach meiner gestrigen Kurzrecherche scheint mir diese Frage angebracht.
    «Kennte jeder der Geschieht von Mauro. Der Mann ist eine mito.»
    «Ein Mythos, verstehe. Gibt es denn noch irgendeinen, der in Campobasso mit ihm Kontakt hat?» Ich will ihm eine Brücke bauen, denn ich kann ihn nicht mit der Wahrheit kon-frontieren. Das wäre ein Vertrauensbruch.
    «Gab schon, vor zwanzige Jahren war einmal der Baffone bei ihm besuchen.»
    Das verunsichert mich nun wieder. Der Metzger Baffone ist durchaus vertrauenswürdig, und Antonio würde mich in diesem Punkt nicht anlügen.
    «Okay, noch eine Frage.»
    «Bitte ja.» Antonio schaut mich mit wachen Augen an.
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    Wahrscheinlich hat er sich darauf eingestellt, dass ich ihm diese ganze Architektennummer nicht abkaufe. Benno setzt sich zu uns. Er trägt dieselben Klamotten wie gestern. Wenn er sie nicht wechselt, würde ich schon gern wissen, was in seinem Koffer ist. Andererseits geht mich das nichts an.
    «Also: Wenn Baffone ihn in New York besucht hat, dann könnte er doch eine Adresse von Mauro haben. Warum hast du Baffone nicht einfach danach gefragt?»
    «Weißi do nickte, ob der in New Yorke besuchtat.»
    «Das heißt, du weißt auch gar nicht, ob Mauro überhaupt in New York lebt?»
    Er schüttelt vorsichtig den Kopf. «New York iste Amerika.
    Jede kommt zuerste mal hier, iste die Stadt für Emigration.»
    «Aber Himmelherrgottmariaundjosefscheißenocheins, das ist doch schon fünfzig Jahre her. Er könnte heute genauso gut in Chicago wohnen oder in Miami oder in San Francisco.» Der Mann ist zum Wahnsinnigwerden.
    «Kann seine, wer kennte schon der Wege von

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