Jan Weiler Antonio im Wunderland
Mauro Conti?» Antonio arbeitet mit den Händen, ich liebe das. Seine Finger zeigen nach oben, er tippt sie beim Sprechen gegen seine Brust. Ich kann es nicht mehr zurückhalten.
«Toni, sag mal ganz ehrlich.»
«Was?»
«Hast du dir diesen Mauro nur ausgedacht?»
Antonio blitzt mich an. Ich habe einen Fehler gemacht, ich habe gegen einen ehernen Kodex verstoßen. Man weiß von Unwahrheiten, aber man spricht das nicht an, schon gar nicht gegenüber dem Familienoberhaupt, das einen zu einer Reise eingeladen hat. Benno steht auf, um ans Buffet zu gehen. Im Weggehen sagt er: «Nu' is' äwwer Sturm inne Tapete.» Mein Schwiegervater schaut mir in die Augen und sagt dann langsam: «Biste du meine Jung?»
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«Klar, Antonio, ich bin dein Junge, aber ...»
«Gute, dann lasse wir der Thema fürimmer falle. Sprecken nie mehr darüber. Iste gut für alle Ewigkeit.»
«Toni, ich wollte dich doch damit nicht beleidigen. Es tut mir Leid. Wenn es deinen Mauro gibt, dann finden wir ihn auch. Verstehst du, ich würde auch nach Detroit fahren oder nach Las Vegas, wenn es dir hilft. Aber ich muss schon wissen, ob das überhaupt einen Sinn hat.»
«Warum? Immer muss bei dir alles ein Sinn habene. Ver-stehi nickte. Wozu brauchstu ein Sinn, wenn du ein Glaube hast?» Er kommt mir mal wieder mit Trick 185 aus der Argu-mentationsfibel für Italiener. Immer, wenn er es gerade gut gebrauchen kann, wird er religiös.
«Ich kann einfach nicht an dein Phantom glauben, wenn du mir nicht wenigstens sagst, dass es wirklich existiert.»
«Okay, machi ein Test mit dir.»
«Antonio, bitte!»
Benno kommt wieder zurück. Er hat sich heute für Speck entschieden. Und für Spiegeleier. Um mehr auf den Teller zu bekommen, hat er zunächst die gebratenen Speckstreifen sternförmig über den Tellerrand hinaus aufgefächert und somit den Umfang des Tellers verdoppelt. Dann hat er Spiegeleier darauf gehäuft und auf die Eier weitere Speckstreifen drapiert. Ich glaube, Benno muss nach dem Frühstück sterben.
«Bereit für der Test?»
«Okay, was immer du willst», sage ich matt.
«Warste du schon einmal in dein Leben in Islande?»
«Nein.»
«Aber du glaubste, dass der Island existierte.»
«Ich bin sicher, dass Island existiert, aber das hat doch nichts mit Mauro zu tun.» Was für ein Trickser.
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«Glaubst du existierte Harry Belafonte?»
Wie kommt der denn jetzt auf Harry Belafonte? Ich nicke, denn ich glaube fest an die Existenz von Harry Belafonte.
«Schon ma gesehen?»
«Früher im Fernsehen, klar.»
«Und warste du sicher, dass war auch Harry Belafonte?»
«Ich glaube doch schon», antworte ich. Antonio bohrt mir seinen rechten Zeigefinger in die Brust.
«Siehste, gewonnen. Du glaubste an Harry Belafonte.»
Kunstpause, zurücklehnen, triumphierendes Lächeln. «Undi glauban Mauro.»
Dem habe ich nichts mehr entgegenzusetzen. Ich trinke meinen Kaffee und freue mich auf den Tag in New York.
Heute werden wir die ausgelatschten Pfade des Massen-tourismus hinter uns lassen, denn heute fahren wir nach Queens. Ich habe Pino Carbone heute Morgen angerufen.
Ich fand seine Nummer auf dem Zettel in meiner Hosentasche und wollte ausprobieren, wie man in Amerika telefoniert. Es gibt keinen großen Unterschied zu unserer Methode. Pino fragte nach Benno und Antonio, ob alles okay sei, und als ich bejahte und ein bisschen erzählt hatte, lud er uns ein. Zum Barbecue bei sich zu Hause. Er bot sogar an, dass sein Sohn uns abholen könnte, aber ich finde, wir müssen selber hinfahren, mit dem öffentlichen Personennahverkehr.
Das ist doch eine schöne Aufgabe, und man kann hinterher stolz daraufsein. Antonio ist von dieser Idee begeistert, Benno nicht so.
«Und wat is' mit dem Rauchverzehrer?»
«Wir haben doch noch vier Tage Zeit dafür», wiegele ich ab.
Ich möchte gerne zu Pino, weil ich mich nach Gesellschaft von ganz normalen Menschen sehne. Außerdem bin ich neugierig darauf.
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«Wenn isch ohne Rauchverzehrer na Hus komm, steh' isch wirklisch nackich inne Erbsen.» 1
Offenbar hat Benno seiner Mutter ein Mitbringsel ver-sprochen, damit sie freiwillig ins Heim geht. Die Sache ist also wirklich wichtig. Wir werden uns darum kümmern. Ich verspreche es ihm, und damit ist er fürs Erste zufrieden. Tatsächlich habe ich keine Ahnung, wo wir hier so ein Ding herbekommen sollen, geschweige denn, was «Rauchverzehrer»
auf Englisch heißt, vielleicht «steam consumer» oder «smoke-sucker». Was für eine Freude wird es sein,
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