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Jan Weiler Antonio im Wunderland

Jan Weiler Antonio im Wunderland

Titel: Jan Weiler Antonio im Wunderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Weiler
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meinen Berech-nungen morgen dran, schätze ich.»
    «Wieso morgen?», fragte ich.
    «Weil ich morgen einen Sohn bekomme», antwortete Jürgen und steckte seine Nase ins Glas.
    «Habt Ihr denn schon gepackt?», fragte Sara, «fürs Krankenhaus meine ich?»
    Lorella schüttelte heftig den Kopf, um uns dann mitzuteilen, dass Jürgen und sie sich entschlossen hätten, der Geräte-medizin eine Absage zu erteilen. Das Kind käme hier, im Badezimmer zur Welt. Man müsse die positiven Schwingungen des Elternhauses ausnutzen. Ich schlug Sara vor, sofort abzureisen, um die positiven Schwingungen unseres eigenen Heimes mal wieder zu spüren, aber Sara war begeistert von der Vorstellung, ihrer Schwester zu assistieren.
    «Kanni helfen?», fragte Antonio. Er war komischerweise ebenfalls euphorisch. Ich weiß nicht, ob es grundsätzlich so eine gute Idee ist, wenn ein Säugling nach seiner Ankunft auf diesem Planeten als erstes in Antonios Goldzahngrinsen guckt, aber meine Meinung in dieser Sache ist nicht von Be-lang. Also hielt ich mich da raus. 1 Ich trank den Bordeaux, wobei ich darauf achtete, den Wein angemessen lange im Glas herumzuschaukeln und mit dem Mund pornographische Ge-1 Führende Psychologen sind durchaus der Ansicht, dass man Kinder schon früh traumatisieren solle. Sie brauchen den Grusel, um sich ein komplettes Weltbild zu schaffen, heißt es.
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    räusche zu machen. Dann verabschiedete ich mich ins Bett.
    Ich war vollkommen erledigt, schaffte es noch nicht einmal unter die Dusche.
    Sara kam bald hinterher, und ich versuchte noch einmal, ihr die größten Abenteuer unserer Reise zu schildern, aber sie war daran gar nicht besonders interessiert, zumal sie mir auch kein Wort glaubte. Ich übergab ihr die Mitbringsel, die ich für sie auf der Fifth Avenue gekauft hatte. Sie freute sich, hatte aber ein anderes Thema, das sie viel mehr beschäftigte als meine Reise. Eines, mit dem ich mich bisher nicht befasst habe. Nicht einmal in der Theorie.
    «Ich möchte auch ein Kind», sagte sie. «Ich glaube, ich brauche das.»
    Bislang waren wir uns einig, dass wir vor allem neue Stühle für unseren Esstisch brauchen.
    «Ein Kind? Jetzt? Sofort?»
    «Wir sollten damit beginnen, finde ich.»
    «Gut. Das kann ich, aber mit dem Rest muss ich mich noch eine Weile anfreunden. Oder wir warten noch. Vielleicht ist jetzt noch nicht der richtige Zeitpunkt.»
    «Es ist nie der richtige Zeitpunkt.»
    Nachdem ich die Produktion einer Familie erfolgreich in Gang gesetzt hatte, durfte ich schlafen. Ich fiel innerhalb von Sekunden in eine traumlose Ohnmacht.
    Aus dem Wohnzimmer höre ich ein Geräusch, als hätte jemand eine Elchkuh angefahren. Es ist aber zu meiner Überraschung keine Elchkuh im Wohnzimmer, sondern bloß Lorella, die mit dem Rücken auf dem Boden liegt, für die Geburt übt und alles einfach rauslässt. Wenn ich das Baby wäre, wür-de ich ja unter diesen Bedingungen lieber drinbleiben. Ich setze mich zu Antonio an den Frühstücks tisch und genieße das 250
    Angebot: Mohnbrötchen, Nussnougatcreme, frischer Holländer, Leberwurst und Schwarzbrot. Dazu genehmige ich mir eine Morgenlatte, die von Ursula sozusagen à point zubereitet wurde. Antonio liest die Zeitung, oder er tut nur so. So genau kann man das bei ihm nie sagen. Er nimmt keine Notiz von dem Drama auf seinem Stäbchenparkett. Er ist Italiener. Antonio prostet mir mit seinem Kaffee zu und sagt: «Siehste du, is’ nirgends so schön wie hiere beimir.»
    New York hat er beim Duschen abgewaschen. Das unruhige Flackern ist aus seinen Augen verschwunden. Er ist wieder ganz bei sich selbst, in seiner überschaubaren Welt.
    Während ich esse, sehe ich Jürgen und Lorella dabei zu, wie sie für die Weltmeisterschaft im Schrecklichegeräusche-machen üben. Auch Jürgen will daran teilnehmen und grunzt rhythmisch. Zwischendurch sagt er Sachen wie: «Zeig es mir.»
    Und: «Schaffes und schiiiiieb es, schiiiiieb es.» Wenn sie das Baby genauso gemacht haben, wie sie es jetzt herausbekom-men wollen, muss man sich wirklich Sorgen um sie machen.
    Ich frage in das Geschiebe und Gestöhne hinein, wie denn der kleine Mann heißen solle.
    «Friedemann-Amadeo, mit Bindestrich», presst Jürgen hervor. Er kniet hinter seiner auf allen vieren krabbelnden Frau und drückt ihr mit der flachen Hand auf den Steiß. Das tut ihr gut, wenn ich ihre grauenhaften Urlaute richtig deute. Sieht irgendwie unanständig aus, das Ganze.
    «Echt? Friedemann-Amadeo? Ist das euer Ernst?» Ich

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