Jane's Journey: Die Lebensreise der Jane Goodall
kann, erst ganz zum Schluss sagt er es ihnen und fügt dann hinzu: »Wenn in eurem Leben etwas schiefgeht, gebt niemals auf! Es gibt immer einen Weg nach vorn.«
Als Gary Jane damals den Stoffaffen überreichte, in dem Glauben, es sei ein Schimpanse, hatte sie ihn behutsam darauf aufmerksam gemacht, dass er dafür wohl die falsche Fellfarbe habe, was er natürlich nicht sehen konnte. Daraufhin hatte sie ihn den Schwanz fühlen lassen und scherzhaft gemeint: »Jetzt hilft keine Ausrede, Schimpansen haben keine Schwänze!«
»Egal!«, hatte Gary ungerührt erwidert. »Wo immer du ihn bei dir hast, werde ich im Geist bei dir sein!« Von diesem Tag an war »Mr. H.« ihr ständiger Reisebegleiter. Sie staunte immer wieder, wie die Inspiration, die Gary Haun ihr mit seinem ungebrochenen Lebensmut gegeben hatte, auch auf die vielen Menschen übersprang, die das kleine, unscheinbare Maskottchen berührten und streichelten.
Durch die Heckscheibe des Taxis, das sie zum Flughafen London- Heathrow bringt, blickt sie noch einmal zurück auf The Birches, das hinter ihr schnell kleiner wird und schließlich ganz verschwunden ist. Alles ist wie sonst auch, wenn sie ihren Zufluchtsort verlässt, und doch ist es dieses Mal anders. Sie geht zwar wieder einmal auf Reisen, aber gleichzeitig würde es eine Rückkehr werden, eine Rückkehr in eine Welt, die für sie vor einem halben Jahrhundert so fern und fremdartig war, dass sie ihr anfänglich Angst bereitete. Aber dort hatte alles angefangen, dort hatte der Weg begonnen, auf dem sie sich jetzt immer noch befand. Damals, vor fünfzig Jahren, im Gombe-Nationalpark in Tansania.
Gedanken und Erinnerungen tauchen in ihr auf wie kurze Filmszenen und sind ebenso schnell wieder verschwunden. Wo hatte ihre Lebensgeschichte ihren Anfang? War es der Tag, als sie England und die Geborgenheit von The Birches zum ersten Mal in Richtung Afrika verlassen hatte, um eine Freundin zu besuchen? Oder war weit vorher etwas geschehen, das sie dahin geführt hatte, wo sie heute stand? Hatte es an dem Tag begonnen, als ihr Vater ihr, seiner 18 Monate alten Tochter, »Jubilee« mitbrachte, einen Schimpansen aus Plüsch, damals fast so groß wie Jane selbst? Sie kann es heute nicht mehr sagen, aber wie auch immer: Es war eines auf das andere gefolgt in ihrem Leben wie Perlen auf einer Schnur, und alles hatte sich richtig gefügt.
Schon als Kind von zehn Jahren wollte sie nach Afrika, aber man lachte sie nur aus. Auf der einen Seite war dafür in ihrer Familie kein Geld vorhanden, und auch, wenn man es sich hätte leisten können: Afrika war damals der »dunkle Kontinent«, von dem niemand etwas wusste, und für ein Mädchen gehörte es sich einfach nicht, dorthin zu wollen. Nur ihre Mutter nahm sie ernst und machte ihr Mut mit den Worten: »Wenn du etwas wirklich willst und hart darauf hinarbeitest, und wenn du niemals aufgibst, dann wirst du es schaffen.« Schließlich respektierte auch der Rest der Familie Janes großen Wunsch, und ihre Mutter riet ihr, einen Sekretärinnenkurs zu machen, wobei sie ermunternd hinzufügte: »Vielleicht bekommst du dann einen Job in Afrika!« Natürlich befolgte Jane den Rat ihrer Mutter und besuchte den Kurs. Um währenddessen Geld zu verdienen, jobbte sie als Kellnerin und sparte eisern, damit sie ihren Traum von Afrika eines Tages Wirklichkeit werden lassen konnte.
»Solange ich denken kann, sagte sie: ›Ich gehe später mal nach Afrika.‹ Das war als Tatsache akzeptiert. Wir diskutierten das als Kinder nicht, es stand fest, dass sie´s tut.« Judy Waters, Jane Goodalls Schwester, im Film »Jane´s Journey«
Im Jahre 1957 hatte sie genug Geld für eine Schiffspassage zusammen; das war damals die günstigste Möglichkeit, um auf einen anderen Kontinent zu gelangen. Mit gerade einmal 23 Jahren verabschiedete sie sich von ihrer Familie, ihren Freunden und ihrer Heimat England und begab sich auf die große Reise, die wegen des Suezkrieges nicht auf der kurzen Route durch das Mittelmeer, sondern über den Atlantik um das Kap der Guten Hoffnung herum nach Mombasa an der Ostküste Afrikas und von dort weiter in das Landesinnere führte.
Die Ankunft des Taxis am Flughafen unterbricht Jane Goodalls Gedanken. Nach dem Check-in und der Sicherheitskontrolle wartet sie am Gate auf das Boarding, und wieder kommen die Erinnerungen an ihren ersten Aufenthalt in Afrika hoch. Von den vielen überwältigenden Eindrücken, die dort auf sie, das unbedarfte junge Mädchen, eingestürzt
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