Jane's Journey: Die Lebensreise der Jane Goodall
daran haben. Wenn ich ein Kind habe, gebe ich ihm auch diesen frühen, ständigen Kontakt und die Sicherheit, die für Schimpansen so wichtig ist.« Jane Goodall im Film »Jane´s Journey«
Als Jane es nach monatelangen Anstrengungen endlich geschafft hatte, die Schimpansen und ihr Verhalten aus nächster Nähe beobachten zu können, waren die Geldmittel beinahe aufgebraucht, und die Zukunft des Projektes war ernsthaft gefährdet. Doch genau in dieser Phase machte Jane eine Beobachtung, die die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse völlig auf den Kopf stellen sollte. David Greybeard war es, der graubärtige Schimpanse, der eines Tages Grashalme ausriss und in die Zugänge eines Termitenhügels einführte. Die Termiten, die sich in Verteidigungsabsicht an dem Halm festgeklammert hatten, leckte er genüsslich ab und fraß sie auf. Jane war wie elektrisiert. Sie wusste: Bisher hatte es geheißen, dass nur Menschen Werkzeuge benutzen, und dieses Kriterium hatte in wissenschaftlichen Kreisen dazu gedient, die Trennlinie zwischen Menschenaffen einerseits und Hominiden andererseits zu ziehen. Aber David Greybeard setzte noch eins drauf: Als er wenig später wieder Appetit auf Termiten bekam, brach er einen Zweig ab, entfernte die Blätter und benutzte ihn in gleicher Weise wie vorher den Grashalm. Er hatte ein Werkzeug hergestellt, und damit war die lange Zeit als unverrückbar geltende Definition »Der Mensch, der Werkzeugmacher« nicht mehr haltbar.
Aufgeregt telegrafierte Jane an Louis Leakey und berichtete ihm von ihrer bahnbrechenden Entdeckung. Und der berühmte Anthropologe telegrafierte den inzwischen legendären Satz zurück: »Nun müssen wir den Menschen neu definieren, Werkzeug neu definieren oder Schimpansen als menschliche Wesen akzeptieren.«
Bei aller Euphorie musste aber zunächst das finanzielle Problem gelöst werden, um die Studien fortsetzen zu können. Louis Leakey hatte die Idee, Fotos machen zu lassen und wandte sich deswegen an die National Geographic Society, für deren Monatsmagazin er bereits einige Artikel verfasst hatte. Die Gesellschaft erklärte sich tatsächlich bereit, für die Weiterführung des Projektes Geld zur Verfügung zu stellen und sogar einen Fotografen nach Gombe zu schicken. Janes weiterer Verbleib in Gombe war damit sichergestellt.
Kapitel 3
Vom modernen internationalen Flughafen in Dar Es Salaam aus bringt eine zweimotorige Propellermaschine Jane Goodall nach Kigoma am Ostufer des Tanganjikasees. Dort wird sie bei der Landung von einem kleinen Empfangskomitee aus alten Freunden und Mitarbeitern erwartet und mit herzlichen Umarmungen begrüßt. Man begleitet sie bis zum Seeufer, wo schon eine Motorbarkasse für sie bereitliegt. Es ist heiß, die Sonne brennt vom Himmel und zaubert Millionen von Lichtreflexen auf die riesige Wasserfläche des Sees. Im flachen Uferbereich spielen Kinder, und ihre fröhlichen, unbeschwerten Stimmen erfüllen die Luft. Frauen waschen ihre Wäsche am Strand, und Fischer, die morgens ihren Fang eingebracht hatten, gönnen sich auf ihren Booten eine kurze Erholung von den Anstrengungen der vergangenen Nacht. Jane Goodall nimmt diese Bilder in sich auf und stellt fest, dass sich gegenüber den vergangenen Jahren, wenn sie hierher kam, nichts Wesentliches geändert hat.
Zusammen mit ihrer Begleiterin Mary Mavanza vom »Jane Goodall Institute« in Kigoma und natürlich »Mr. H.« besteigt sie die Barkasse und nimmt unter der Zeltplane Platz, die den Fahrgästen ein wenig Schutz vor den sengenden Strahlen der afrikanischen Sonne spenden soll. Während das Boot ablegt und langsam Fahrt aufnimmt, winken ihr die Menschen am Strand und die Kinder im Wasser freundlich hinterher, und sie winkt zurück. Man kennt sie hier in Kigoma, denn mit ihren Forschungsarbeiten hat sie diese Stadt und den nahegelegenen Gombe-Nationalpark weltbekannt gemacht.
Die Bootsfahrt dauert nicht lange, schon nach knapp zwei Stunden kommt das Gebiet des Nationalparks mit seinen sanften, dicht bewaldeten Hügeln in Sicht. Jane Goodall ist zurückgekehrt in ihre zweite Heimat. Wie schon Hunderte Male vorher in ihrem Leben geht sie wieder allein die vertrauten Pfade durch den lichten Dschungel, erfasst mit ihren aufmerksamen Blicken die Schönheit der üppigen Vegetation, lauscht dem Stimmenkonzert der Vögel, das aus den Baumkronen dringt, und zieht die samtweiche, vom intensiven Duft der Blätter und Blüten geschwängerte Luft tief in sich hinein.
»Wenn ich nach Gombe
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