Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
aus dem er alles Eßbare in sich hineinstopfte, so holte ich ihn gleich darauf aus dem Keller, wo er die Kühltruhe inspizierte. »Meinst du, die Ente taut noch bis zum Abendbrot auf?«
    Sven tobte inzwischen durch sämtliche Räume, begrüßte Wellensittich, Goldhamster und die Bewohner seines Aquariums, kontrollierte seine Kakteenplantage, ob nicht eventuell irgendwo ein paar Stacheln fehlten, und äußerte den Wunsch, nunmehr Wolfgang aufzusuchen, der ja bedauerlicherweise mit seinen Eltern nach Jugoslawien fahren mußte, aber »nun wird er diesen Schwachsinn wohl überstanden haben«.
    »Heute gehst du weder zu Wolfgang noch zu sonst jemandem. Ihr marschiert erst einmal in die Badewanne!«
    »Geht denn das schon wieder los?«
    Die gesunde Bräune der beiden Heimkehrer hatte sich bei näherer Betrachtung als solide Dreckschicht entpuppt, was Sascha dann auch ohne weiteres zugab.
    »Was können wir dafür, wenn in der letzten Woche die Duschen kaputtgegangen sind?«
    »Seid ihr denn überhaupt mal in direkte Berührung mit Wasser gekommen?«
    »Na klar, wir sind ein paarmal zum Schwimmen gegangen, und einmal haben wir nachts eine bärige Wasserschlacht abgezogen! «
    Weitere Fragen konnte ich mir ersparen. Als ich die beiden Koffer auspackte, entdeckte ich zuoberst mehrere Scheuerlappen, die ich bei genauer Prüfung als T-Shirts erkannte. Darunter lagen je ein Trainingsanzug, lediglich an der Form noch als solcher erkennbar, und dann kamen sorgfältig gefaltet und völlig unberührt die übrigen Sachen: Unterwäsche, Schlafanzüge, Hemden und Strümpfe.
    Die Knaben hatten sich nun doch entschlossen, die Patina ihrer dreiwöchigen Seifenabstinenz wegzuschrubben, und hockten in der Wanne, einer oben, der andere in unserem Bad. Ich pendelte zwischen Parterre und erstem Stock, schüttete großzügig alle mir opportun erscheinenden Reinigungsmittel ins Wasser und empfahl den beiden Ferkeln, erst einmal mindestens eine Stunde lang zu weichen. Bei Sascha nützte das aber gar nichts. Er hatte sich ein ganz besonders haltbares Reiseandenken mitgebracht. Sein Oberkörper war übersät von Autogrammen, ausnahmslos mit wasserfesten Filzstiften geschrieben und teilweise von Karikaturen umrahmt. Der Bengel sah aus wie tätowiert. Ähnlich dauerhaft waren die Inschriften denn auch, und noch zu Weihnachten konnte man mühelos einige Namenszüge entziffern.
    Die Nachwehen dieser grandiosen Ferien bekamen wir noch wochenlang zu spüren. Ermahnte Rolf seinen Ältesten, sich doch bitte sehr nicht über den Tisch zu lümmeln, bekam er zur Antwort: »Der Güggi hat gesagt…«
    »Wer ist Güggi?«
    »Das war unser Teamer.«
    »Wer oder was ist ein Teamer?«
    »Na, so eine Art Gruppenleiter im Sommerlager. Also der Güggi hat gesagt, daß eine aufrechte Haltung widernatürlich ist und auf die Dauer zu schweren körperlichen Schäden führt. Güggi studiert sonst nämlich Medizin.«
    Bei einer anderen Gelegenheit behauptete Sascha, Spinat sei ungesund, denn hier hätten die Zähne nichts zum Beißen und würden deshalb degenerieren. Nun ist Spinat zwar schon immer eine Substanz gewesen, die speziell auf Kindertellern zum und vom Tisch getragen wird, aber daß sie auch ungesund sein soll, hatte ich bisher noch nie gehört.
    Dann trudelte auch Stefanie wieder ein, und die Familie war endlich komplett.
    In der letzten Ferienwoche wurde auch noch die Bekanntschaft mit Herrn Zimmermann vertieft, als er mal wieder nach Schuldigen fahndete und zuerst bei uns danach suchte. Irgend jemand hatte die ganzen Hinweisschilder verdreht, die den Ortsfremden, also überwiegend den Kurgästen, den rechten Weg zum Waldsee, zum Reitstall und zum Sole-Schwimmbad zeigen sollen. Wie nicht anders zu erwarten, war Sascha tatsächlich der Urheber dieser Heldentat gewesen, assistiert von seinen Satelliten, aber diesmal konnte ihm Herr Zimmermann nichts beweisen. Verärgert begnügte er sich mit der Drohung: »Wenn ich dich das näschdemol bei so em Unfug erwisch, kommscht nicht mehr so glimpflich davon. Des geb ich dir schriftlich, Bürschle!«
    Im nächsten Jahr mache ich Urlaub auf den Bahamas. Allein! Oder vielleicht noch besser in Neuseeland. Das ist weiter weg!

5
    Der Unterschied zwischen Freunden und Nachbarn besteht darin, daß man sich seine Freunde aussuchen kann. Nachbarn dagegen hat man. Genau wie Verwandte. Davon besitzen wir auch eine ganze Menge. Die meisten von ihnen wohnen allerdings ziemlich weit entfernt, nur die weniger sympathischen leben in

Weitere Kostenlose Bücher