Jeans und große Klappe
gesperrte!«
Cognac wirkt beruhigend, und jetzt durfte er ja. Danach war er auch bereit, Einzelheiten zu erzählen.
»Auf der Hinfahrt brauchte ich nur elfmal anzuhalten, nicht gerechnet die allgemeine Frühstückspause. Manfred hat offenbar eine schwache Blase, der mußte alle dreißig Minuten in die Büsche. Dann hatte einer Zwiebackkrümmel im Hemd, der andere hatte seinen Reiseproviant im Kofferraum vergessen, dem Sascha war eine Kassette aus dem Fenster gefallen, und wer die Cola an die Heckscheibe gespritzt hat, weiß ich nicht mehr. Wenn ich noch einmal fünf Teenager transportieren muß, nehme ich eine Flasche Chloroform mit!«
»Nun weißt du endlich mal, was ich mitmache, wenn ich unsere gesamte Brut im Wagen habe! Wie sieht denn das Lager aus? Ich kenne doch nur den Prospekt.«
»Ein halbes Dutzend Zwölf-Mann-Zelte, recht ordentlich ausgestattet mit Holzliegen, Strohsäcken und Soldatenspinden, etwas abseits ein Haus, in dem gegessen wird. Ich glaube, da sind auch die Waschräume, und ansonsten viel Natur drumherum. Übrigens ist das ein gemischtes Camp, jedenfalls habe ich auch ein paar Mädchen herumlaufen sehen. Zumindest glaube ich, daß es welche waren, man weiß das ja heute nicht mehr so genau.«
»Na, hoffentlich läuft da nichts schief«, sagte ich ein bißchen skeptisch, »Sven ist immerhin fünfzehn.«
»Unsinn, was soll da schon passieren? Es gibt genug andere Möglichkeiten, die überschüssigen Kräfte loszuwerden. Außerdem waren genügend Betreuer da und alle jung genug, um zu wissen, was Teenager gern tun wollen.«
»Hoffentlich sind sie alt genug, dafür zu sorgen, daß sie es nicht tun!«
Drei Tage später wurde Steffi abgeholt. Weil ich wußte, daß sie Briefeschreiben noch gräßlicher findet als Schuheputzen, hatte ich vorsichtshalber sechs adressierte und frankierte Postkarten in den Koffer gelegt. »Du brauchst ja nicht viel zu schreiben«, sagte ich, »einfach bloß ›Bin gesund, alles in Ordnung‹.«
»Na schön, aber könntest du das nicht auch schon vorschreiben? Ich streiche es dann durch, wenn's nicht stimmt.«
Von einer Stunde zur anderen kam uns das Haus menschenleer vor. Zwar geisterten noch die Zwillinge darin herum, aber trotzdem war es ungewohnt ruhig. Die normalen Lärmquellen waren versiegt. Jetzt fand auch Rolf Gefallen an einem Urlaub zu Hause.
»Du hast ja so recht«, meinte er, »besser können wir es doch nirgends haben. Morgens endlich mal ausschlafen, gemütlich frühstücken, nach dem Mittagessen ein Sonnenbad und dann ein bißchen Gartenarbeit. Natürlich nur für mich«, beteuerte er erschreckt, als er mein Gesicht sah. »Ich bewege mich doch sonst nur zwischen Auto und Schreibtisch, es ist also höchste Zeit, daß ich mal etwas für meine Gesundheit tue.«
Am nächsten Morgen um halb sieben stand Nicole in der Schlafzimmertür. »Warum steht ihr denn nicht auf? Wir wollten doch in den Zoo fahren.«
»Aber doch nicht gleich am ersten Tag. Heute möchten wir erst einmal ausschlafen, schließlich sind Ferien.«
»Deshalb wollen wir ja in den Zoo! Und überhaupt hast du doch gesagt, daß ihr jetzt ganz viel Zeit für uns habt.«
Also fuhren wir in den Zoo. Und am nächsten Tag in den Märchenpark. Und am dritten zum Fernsehturm. Und am vierten …
»Wenn ich mir vorstelle, daß ich jetzt irgendwo in Holland am Strand liegen könnte«, knurrte Rolf, während er Wasserbälle und Gummiboot in den Kofferraum stopfte, »dann frage ich mich bloß, wer eigentlich auf diesen idiotischen Einfall gekommen ist, einen geruhsamen Urlaub im trauten Heim zu verbringen.« Wenig später fing es zu regnen an, und er durfte alles wieder ausladen. Das Dumme an Wettervorhersagen ist eben, daß sie nicht immer falsch sind.
Das erste Lebenszeichen von Sascha war inzwischen auch gekommen und lautete kurz und bündig: »Schickt bitte ein Futterpaket. Hier kriegt man überhaupt nichts zu essen außer Frühstück, Mittagessen und Abendbrot.« Sven hatte noch druntergekritzelt: »Heute hatten wir Schnitzel. Leider gab es zu viele Bremsbeilagen.«
Auf der Postkarte von Steffi klebte ein Gänseblümchen mit vier Blütenblättern, darunter stand:
So was fressen hier die Kühe. Es gefällt mir ganz prima. Das Essen ist pfundig, und man muß es nicht immer essen.
Gruß Steffi.
Sommer ist die Zeit, in der es eigentlich zu heiß ist, das zu tun, wofür es im Winter zu kalt war. Trotzdem wollte ich endlich mal den Keller aufräumen. Seit drei Tagen regnete es pausenlos, die
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