Jeans und große Klappe
erklärte achselzuckend: »Mir sin alarmiert wore, weil sich mehrere verdächtige Gschdalde bei de Reihehäuser rumtreiwe sollte un von einem Grundstück uff's annere wechselte, vermutlich uff de Such nach offestehende Fenschder. Erwischt hawe mir allerdings nur die zwei do!«
»Ich denke, ihr wart zu dritt?«
»Wolfgang war plötzlich verschwunden«, sagte Sven.
»Schöner Freund!«
»Ach wo, der hat doch geglaubt, wir türmen auch. Das hätten wir ja ohne weiteres geschafft, wenn ich nicht über diesen dämlichen Stuhl gestolpert und hingeknallt wäre. Hat ganz schön wehgetan!« Zum Beweis präsentierte Sascha ein lädiertes Schienbein, das bereits in allen Farben schillerte.
»Es isch zu schad, daß du net wenigschdens in de Kaktus gfalle bisch. Der stand nämlich dicht newem Stuhl«, bemerkte der Polizist gemütvoll, trank seinen Kaffee aus, stülpte die Mütze auf seine schütteren Haare und erhob sich. Gönnerhaft musterte er die beiden Übeltäter.
»De vermeintliche Einbruchsversuch dürfte wohl hinfällig sei, awe ihr müßt morge trotzdem uffs Revier komme un des Protokoll unnerschreiwe. Ordnung muß sei. Euren flüchtigen Freund bringt ihr am beschde mit. Als Zeugen. Euren Vader übrigens a. Un wenn ihr des näschdemol zeldet, dann setzt euch net genau newe en Ameisehaufe, Rasselbande, verflixte!«
So begann unsere Bekanntschaft mit den Vertretern der Obrigkeit, die in den folgenden Jahren noch sehr intensiviert wurde. Beim erstenmal kamen die Jungs noch mit einer Ermahnung davon, beim zweitenmal ging es nicht mehr ganz so glimpflich ab.
Es passierte in der Nacht zum 1. Mai. Sascha hatte mir am Abend empfohlen, die Terrassenmöbel in den Keller zu stellen und alle transportablen Gegenstände aus dem Garten zu entfernen.
»Weshalb denn?«
»Weil es hier so eine ulkige Sitte gibt. Man kann anderen Leuten Streiche spielen, zum Beispiel Gartentüren auswechseln, Fahrräder auseinandernehmen – na ja, also Sachen machen, die man sonst nicht machen darf. Im vergangenen Jahr haben ein paar Halbstarke das Goggomobil von der Pfarrersfrau genau vor die Kirchentür gesetzt. Stell dir mal vor, die haben die Karre die ganze Treppe raufgeschleppt!«
»Hat das denn kein Mensch gesehen?«
»Nee, so was macht man doch nachts. Nicht wahr, wir dürfen doch heute auch nach dem Dunkelwerden noch ein bißchen draußenbleiben?«
»Kommt überhaupt nicht in Frage!«
»Och, Mami, sei kein Spielverderber. Morgen ist schulfrei, und die anderen dürfen doch auch.«
Wenn Sascha seine Mitleidswalze auflegt, muß man schon hartgesotten sein, um widerstehen zu können. Ich bin von Natur aus weich wie ein Badeschwamm.
»Wenn ihr mir versprecht, nicht mutwillig etwas zu beschädigen, dann kriegt ihr Ausgang bis elf Uhr.«
»Mami, du bist ganz große Klasse!« Ich fühlte mich geschmeichelt, was wohl auch beabsichtigt war, denn Rolf hätte sein Einverständnis zu dieser nächtlichen Exkursion bestimmt nicht gegeben. Aber der war mal wieder auf dem Wege zu seinem Geschäftspartner, einem Schweizer, der nichts von sozialistischen Feiertagen hält und der Meinung ist, als Unternehmer sei er vom Tag der Arbeit nicht betroffen.
Bevor meine unternehmungslustigen Ableger zu ihrem Spaziergang aufbrachen, deponierten sie die Gartenmöbel im Eßzimmer, räumten Buddeleimer und Sandschaufeln weg, brachten den Schlauch in die Garage und holten die Wäsche herein.
»Die ist doch noch gar nicht trocken«, protestierte ich.
»Ist egal, aber wenn du die Sachen hängen läßt, kannst du sie morgen garantiert von sämtlichen Bäumen in der Nachbarschaft abpflücken.«
»Ich kann mir nicht helfen, aber ich finde diesen Brauch reichlich idiotisch.«
»Ich nicht«, behauptete Sven und erkundigte sich, ob ich noch Geschirrspülmittel im Hause hätte.
Völlig gedankenlos bestätigte ich, daß noch einige Flaschen im Vorratsschrank sein müßten.
»Die reichen!« erklärte mein Sohn, trampelte die Kellertreppe hinunter und verschwand via Garage nach draußen. Sascha war schon vor einigen Minuten getürmt, und nun zerbrach ich mir den Kopf, wozu man wohl Geschirrspülmittel braucht, wenn man bloß Nachbars Gartenzwerge aufs Garagendach setzen und die Tür vom Geräteschuppen zunageln will. Immerhin waren ein paar der geplanten Maßnahmen in meiner Gegenwart diskutiert worden.
»Eigentlich müßten wir ja morgen spätestens um acht Uhr schon wieder unterwegs sein«, gähnte Sascha, als er sich kurz nach elf die weiße Farbe von den Armen
Weitere Kostenlose Bücher