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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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aussortiert, weil sie natürlich gar nicht in Betracht kommen. Schließlich ist man ja nicht größenwahnsinnig.
    Die verbliebenen Prospekte breitet man auf dem Fußboden aus und kehrt ihnen den Rücken zu. Dann wirft man einen Pfennig über die Schulter. Ich versuchte es dreimal. Der erste rollte unter die Zentralheizung, der zweite landete im Papierkorb, und erst der dritte blieb liegen. Alsdann entwirft man ein Begleitschreiben, schickt das Manuskript ab und hofft, daß der Verleger beim Empfang desselben erstens Humor, zweitens nicht gerade einen Bestseller-Autor zu Besuch und drittens gut gefrühstückt hat. Der meine hatte. Name und Anschrift stehen auf Wunsch zur Verfügung.

2
    Wir leben in einem Kurort. Es ist nur ein kleiner und wohl hauptsächlich einigen Versicherungsanstalten bekannt, die vorzugsweise ihre noch nicht kurerfahrenen Mitglieder hierherschicken. Beim nächstenmal wollen die aber auch woanders hin. Warum? Ich weiß es nicht.
    Gekurt wird hier mit Sole. Ob die nun eine Begleit- oder Folgeerscheinung oder nur ein Nebenprodukt der Salzgewinnung ist, kann ich nicht sagen, jedenfalls baut man schon seit Jahren kein Salz mehr ab. Die Sole jedoch plätschert immer noch, füllt das Freibad, das Hallenbad, den Sprudelbrunnen und in gesundheitsfördernder Dosierung das Kurmittelhaus bzw. die dort befindlichen Inhalationsgeräte, Badewannen – und was es sonst noch an therapeutischen Hilfsmitteln gibt. Behandelt werden laut Prospekt sämtliche Erkrankungen der Atemwege, aber auch andere Leiden, für die normalerweise Internisten zuständig sind.
    Dann gibt es noch unverhältnismäßig viele Fußkranke hier, Patienten mit demolierter Bandscheibe und solche mit gebrochenen Gliedern. Die kommen aber nicht wegen der Sole, sondern wegen der orthopädischen Klinik, jahrzehntelang das am höchsten gelegene Bauwerk dieses Ortes, nunmehr jedoch von modernen Wohnsilos überrundet. Stefanie kennt übrigens den gesamten Ärztestab und die halbe Schwesternschaft der Klinik. Wenn sie nicht gerade selbst in der Ambulanz sitzt und auf Röntgenaufnahme, Verbandwechsel oder Gipsarm wartet, dann besucht sie wenigstens eine Freundin, die gerade ihren Knöchelbruch oder ihren Bänderriß auskuriert.
    Natürlich ist diese orthopädische Klinik nicht die einzige Bettenburg im Ort. Wir haben mehrere Sanatorien, allesamt noch ziemlich neu und entstanden während der wirtschaftlichen Hochkonjunktur, als noch so ziemlich jeder Arbeitnehmer alle zwei Jahre ›in Kur ging‹, und sein Chef sich freute, wenn er wieder zurückkam, weil er keine Vertretung gefunden hatte. Inzwischen hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt ja etwas geändert, und hörte man zumindest während der Sommermonate auf den hiesigen Straßen fast nur rheinischen oder Berliner Dialekt, so überwiegt jetzt wieder der schwäbische.
    Apropos schwäbisch. Verwaltungstechnisch liegt Bad Randersau in Baden-Württemberg, wenn auch in der äußersten Ecke; geographisch gehört es nach Baden, mentalitätsmäßig nach Schwaben und sprachlich irgendwo dazwischen.
    Ein Stuttgarter Schwabe schwätzt anders als ein Heilbronner Schwabe, aber beide können sich ohne Schwierigkeiten verständigen. Ein Bad Randersauer Schwabe schwätzt ein Konglomerat von schwäbisch, badensisch, pfälzisch, durchsetzt mit ein paar alemannischen Brocken und gekrönt von einer Grammatik, die Herrn Duden selig im Grabe rotieren lassen würde, könnte er sie hören.
    Als wir vor acht Jahren hierherzogen, waren unsere drei Ältesten der deutschen Sprache recht gut mächtig und gegen Dialekteinflüsse gefeit. Anders die Zwillinge. Sie besuchten den hiesigen Kindergarten, sprachen zu Hause hochdeutsch, auf der Straße ›einheimisch‹, und wenn sie unter sich waren, kauderwelschten sie ihre ureigene Mischung. »Hast du au alls scho die kloine Kätzle in Bettina seine Oma ihre Scheune gesehen?«
    Ein Kurort – hierorts Heilbad genannt – lebt von seinen Kurgästen und folglich auch für dieselben. Die Einwohner werden deshalb auch in sporadischen Abständen durch Aufrufe im Gemeindeblättchen angehalten, alles für das Wohlergehen der Kurgäste zu tun. Besonderer Wert gelegt wird auf regelmäßige Gehsteigreinigung, sommerlichen Blumenschmuck und die Einhaltung der Baderegeln, die zumindest im Hallenbad sehr streng gehandhabt werden. Man darf nur im Kreis schwimmen, und auch das nur in einer Richtung.
    Außer den bereits genannten Einrichtungen gibt es ferner: Ein Kurhaus mit Bühne, wo in

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