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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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Jutta Profijt
Alles neu macht der Mai
    Sie lag fast ausgestreckt auf dem royalblauen Nadelfilzboden. Weiße Sportschuhe, aus denen oben ein winziger Rand von rosafarbenen Söckchen herausblitzte, muskulöse Beine, knappe Shorts in einem schwarzen, glänzenden Material und ein weißes, hautenges Top. Die Haut gebräunt, die Haare mit einem bunten Gummiband im Nacken zusammengehalten, die Härchen am Haaransatz schweißfeucht. Sie sah aus wie das blühende Leben, selbst im Tod.
    Der rechte Fuß hing noch in der Lasche über der Pedale des Spinning-Bikes. Das Studio war leer, bis auf die Kripo und den Rechtsmediziner. Der riesige Flatscreen an der Stirnwand zeigte Musikvideos.
    »Was für eine Schönheit«, seufzte Kriminaloberkommissar Kalle Bertram.
    »Hat ihr nichts genützt«, entgegnete Doktor Frankenfeld. Mit seiner Körpergröße von einem Meter achtundachtzig, der sportlichen Figur und dem vollen, weißgrauen Haar, das er etwas länger trug als allgemein üblich, hätte er als Model Karriere machen können. Model für die
Bestager
, denn Frankenfeld stand kurz vor der Pensionierung. »Formaldehyd konserviert«, pflegte er zu sagen, wenn er auf sein jugendliches Äußeres angesprochen wurde. In der Kripo herrschte Uneinigkeit darüber, ob die Bemerkung als Scherz gemeint war oder nicht. Mit seinem Namen jedenfalls verstand er keinen Spaß. Der Letzte, der ihn Doktor Frankenstein genannt hatte, und das war vor sieben Jahren gewesen, wartete heute noch auf den abschließenden Obduktionsbericht.
    Bertram verließ das Fitnessstudio durch den Haupteingang, an dem ein großes Plakat mit dem Slogan »Alles neu macht der Mai« warb. Untertitel: »Werden Sie Maikönigin und gewinnen Sie ein Jahr Premium-Mitgliedschaft«. Etwa zwanzig Frauen auf dem Weg zur Maikönigin mit Premium-was-auch-immer starrten ungläubig und verärgert oder sensationsgeil und aufgeregt die Kollegin in Uniform an, die lässig den Durchgang versperrte. So etwas hatte es hier noch nie gegeben. Ein Todesfall   – und die Kripo ermittelte. Wahnsinn.
     
    »Wie lange kannten Sie Melanie Schwertfeger schon, Frau Becker?«, fragte Kriminalkommissarin Steffi Gebert ihre Zeugin auf dem Präsidium, als Bertram in ihr Zimmer platzte.
    Franziska Becker (Zeugin eins, vierunddreißig, einen Meter siebzig groß, fünfundneunzig Kilo schwer, aschblond, ungeschminkt): »Wir drei waren schon auf der Realschule dicke Freundinnen. Die Melanie, die Sabine und ich. Das hat über all die Jahre gehalten.«
    Die Gebert nickte langsam. »So eine Freundschaft ist selten. Was ist Ihr Erfolgsrezept?«
    Kalle Bertram schlich leise hinaus. Man war daran gewöhnt, dass er sich manchmal in der Tür vertat.
     
    Im Nachbarzimmer kam Bertram mit Sabine Trautwein (Zeugin zwei, fünfunddreißig, eins sechsundsiebzig, neunundfünfzig Kilo, platinblond, sorgfältig geschminkt) relativ schnell zum Thema.
    »Ich kenne die beiden schon aus der Schule, also die Melanie und die Franzi. Wir mochten dieselbe Musik, dieselben Bücher und dieselben Jungs.«
    Er hätte geschworen, dass diese hier die Anführerin des Spinning-Trios war. Selbstbewusst, dynamisch, dominant.Die dicke graue Maus, mit der Kollegin Gebert gerade zusammensaß, machte jedenfalls nicht den Eindruck einer Führungspersönlichkeit.
    »Sie waren Freundinnen?«, fragte Bertram nach. Diese Frauensachen hatte er nie kapiert. Worüber redeten die Weiber dauernd? So viele interessante Themen gab es nicht auf der Welt, dass drei Milliarden Frauen ohne Punkt und Pause darüber schwatzen konnten. Aber sie taten es. Er verkniff sich ein Seufzen.
    »Ja, Freundinnen.« Sabine Trautwein beugte sich vor und legte Bertram die Hand auf den Arm. Ihre Fingernägel waren violett lackiert und erinnerten ihn an die Vampirposter, die seine Tochter über dem Bett hängen hatte. Er schob den Stuhl nach hinten und lehnte sich zurück.
    »Die beiden taten mir natürlich auch immer ein bisschen leid. Franzi hat einen Knochenbau wie ein Mann, und bei Melanie kündigten sich schon als Kind diese fürchterlichen Tränensäcke und überhängenden Augenlider an. Und dann ihre riesige, knubbelige Nase und diese tiefen Falten um den Mund herum! Außerdem hatte sie extrem schmale Lippen.« Die Zeugin lachte auf. »Sie hat mal gesagt, sie wüsste gar nicht, wo sie den Lippenstift hinmachen sollte, weil doch da gar nichts war.«
    Tränen traten in Sabine Trautweins Augen. Sie tupfte sie vorsichtig mit der Kuppe des Ringfingers weg.
    »Ihr Hintern war schon

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