Jeans und große Klappe
Lippen, Augenlider In Coelinblau, der Teint annähernd indischgelb und dazu Fingernägel in Veroneser Grün! Von der übertriebenen Schminkerei einmal abgesehen, hat sie auch noch mein Künstlerauge beleidigt. Diese Farbtöne passen ganz einfach nicht zusammen!«
Als ich anschließend das Tohuwabohu im Bad aufzuräumen versuchte, entdeckte ich auf dem Fußboden in einer Ecke ein schwarzes spinnenähnliches Tier mit vielen Beinen. Ich schrie sofort nach Sven, zu dessen Aufgaben die Beseitigung derartiger Lebewesen gehört, weil ich einen familienbekannten Horror vor allem habe, was kriecht und krabbelt. Mein Sohn, an Hilfeschreie in schrillstem Diskant gewöhnt, erschien auch sofort, schwang todesmutig seinen Turnschuh und erschlug das Untier. Anschließend inspizierte er seine Beute und entdeckte, daß er soeben Christianes falsche Wimpern massakriert hatte.
Natürlich bekamen wir auch Herrenbesuch. Christiane hatte bereits einen ›Festen‹, der Jimmyboy genannt wurde, obwohl er auf den klangvollen Namen Friedhelm getauft war, Pickel im Gesicht und einen Wortschatz von vierzig Wörtern hatte. Zum Glück teilte Stefanie in diesem Falle nicht den Geschmack ihrer Freundin. Sie fand den Knaben ›einfach widerlich ölig‹, was mich für die Zukunft hoffen ließ.
(Ein dreiviertel Jahr später brachte sie uns den Jüngling Charly an, der sich von Jimmyboy nur dadurch unterschied, daß er neben den Pickeln noch ebenso viele Sommersprossen hatte. Im Augenblick favorisiert sie einen Mäcki, der ihr die Relativitätstheorie erklärte und ihr politisches Bewußtsein weckte. Zur Zeit steht sie irgendwo zwischen Marx und Mao.)
Endlich kam der Tag, an dem Christiane samt Rougetöpfchen und Nagellackflaschen wieder heimwärts zog. Als Rolf die Tür hinter ihr geschlossen hatte, sagte er matt:
»Das Schlimmste an Teenagern ist ja nicht ihr Alter, sondern daß sie es herrlich finden!«
13
Jedesmal, wenn ich mich von den Illustrierten-Schönheiten inspirieren lasse und eine optische Verbesserung meines Äußeren anstrebe, ernte ich bei unserem kritischen Nachwuchs nur Hohn und Spott. Er sieht mich am liebsten in Hosen, weil ich dann beim Fußballspiel gelegentlich für den kurzfristig abwesenden Tormann einspringen oder über Gartenzäune hechten und die getürmte Schildkröte einfangen kann. Auch eine Kurzhaarfrisur ist praktisch; man läuft nicht so oft zum Friseur und kommt deshalb auch gar nicht auf den Gedanken, die wallende Haarpracht der Knaben könnte ebenfalls mal wieder einen Auslichtungsschnitt vertragen.
Bei einem meiner sehr seltenen Friseurbesuche ließ ich mich überreden, meine langsam ergrauenden Haare durch eine hell eingefärbte Strähne zu verschönen. Beifallheischend präsentierte ich mich der Familie. Sven umrundete mich und nickte zustimmend: »Siehst prima aus, Määm, genau wie ein Dachs!«
Kaufe ich mir einen neuen Lippenstift, probiert Steffi Ihn als erste aus. »Iiiihh, ist der scheußlich, der steht mir überhaupt nicht!« Den sündhaft teuren Modeschmuck, Ergänzung zu meinen geliebten Rollkragenpullis, musterte Katja stirnrunzelnd.
»Wo hast du denn die Kette her? Aus'm Kaugummiautomaten?«
So war es auch kein Wunder, daß mein neuer Badeanzug, Zugeständnis an die bevorstehende Seereise, nicht den gewünschten Beifall fand. Sven meinte schließlich beruhigend: »Außer uns wird ihn ja kaum jemand zu sehen kriegen!«
Damit hatte er zweifellos recht. Rolf war auf die Idee gekommen, an der holländischen Nordseeküste ein Ferienhäuschen zu mieten, weil das billiger, praktischer und auch sonst angeblich viel vorteilhafter sein würde als ein Hotelaufenthalt. Die Kinder fanden das auch, allerdings aus anderen Gründen.
»Wenn Mami kocht, kriegen wir wenigstens was Vernünftiges zu essen, nicht bloß dauernd Käse. Etwas anderes wächst doch in Holland gar nicht!« Das war Nicki.
Steffi hatte gerade wieder ihre kalorienarme Phase und mutmaßte, daß die niederländische Küche ihren vegetarischen Ambitionen nicht gerade entgegenkommen würde.
»Bestimmt gibt es da oben sehr saftige Weiden, da kannst du doch dein Kuhfutter direkt vom Halm fressen«, empfahl Sascha brüderlich-zärtlich. »Ich finde es viel wichtiger, daß wir auf den täglichen Maskenball verzichten können!«
»Wieso? Ist in Holland jetzt Fasching?« wollte Katja wissen.
»Ach Quatsch! Ich meine doch bloß, wir brauchen uns nicht dauernd umzuziehen. Wenn man nämlich zum gemeinsamen Futtertrog in den Speisesaal muß,
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