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Jeder stirbt für sich allein

Jeder stirbt für sich allein

Titel: Jeder stirbt für sich allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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Jahr kann man vielleicht schon Sachen machen, die heute noch nicht gehen. Jetzt haben sie, die Persickes, sich ein bißchen viel Blößen gegeben. Man wird nicht grade gegen sie vorgehen, aber man wird in der Partei über sie klatschen. Sie werden nicht mehr als
    ganz zuverlässig gelten.
    Baldur Persicke sagt: «Ich möchte beinahe die beiden Kerle laufenlassen. Sie tun mir leid, Herr Kammergerichtsrat, es sind doch bloß kleine Kläffer.»
    Er sieht sich um, er ist allein. Sowohl der Kammergerichtsrat wie der Werkmeister sind gegangen. Wie er es sich gedacht hat: sie wollen nichts mit der Sache zu tun haben. Das Schlaueste, was man tun kann. Er, Baldur, wird es nicht anders machen, und wenn die Brüder noch so sehr schimpfen.
    Mit einem tiefen Seufzer, der all den schönen Sachen gilt, die er aufgeben muß, schickt sich Baldur an, in die Küche zu gehen, den Vater zur Besinnung und die Brüder zum Verzicht auf schon Erreichtes zu bringen.
    Auf der Treppe sagt unterdes der Kammergerichtsrat zu dem Werkmeister Quangel, der ihm wortlos aus der Stube gefolgt ist: «Und wenn Sie Schwierigkeiten wegen der Rosenthal bekommen, Herr Quangel, wenden Sie sich an mich. Gute Nacht.»
    «Was geht mich die Rosenthal an? Ich kenn sie gar nicht!» protestiert Quangel.
    «Also gute Nacht, Herr Quangel!» und der
    Kammergerichtsrat Fromm verschwindet schon treppabwärts.
    Otto Quangel schließt die Tür zu seiner dunklen Wohnung auf.
    Nachtgespräch bei Quangels
    Quangel hat kaum die Tür zum Schlafgemach aufgemacht, da ruft seine Frau Anna erschrocken: «Mach kein Licht, Vater! Die Trudel schläft hier in deinem Bett. Ich habe dir dein Bett auf dem Sofa in der Stube zurechtgemacht.»
    «St gut, Anna», antwortet Quangel und wundert sich über diese Neuerung, daß die Trudel durchaus in seinem Bett schlafen muß. Sonst hat sie auf dem Sofa gelegen.
    Aber er sagt erst wieder was, als er sich ausgezogen hat und unter der Decke auf dem Sofa liegt. Er fragt: «Willst du schon schlafen, Anna, oder magst du noch ein Wort reden?»
    Sie zögert einen Augenblick, dann antwortet sie durch die offene Tür von der Schlafstube her. «Ich bin so müde und kaputt, Otto!»
    Also sie ist noch böse mit mir - warum? denkt Otto Quangel, sagt aber unverändert: «Also dann schlaf, Anna.
    Gute Nacht!»
    Und von ihrem Bett hallt es zurück: «Gute Nacht, Ot-to!» Und auch die Trudel flüstert leise: «Gute Nacht, Vater!»
    «Gute Nacht, Trudel!» antwortet er und legt sich auf die Seite, nur von dem Wunsche erfüllt, möglichst bald einzuschlafen, denn er ist sehr müde. Aber er ist wohl übermüdet, wie man auch überhungert sein kann. Der Schlaf will nicht zu ihm kommen. Ein langer Tag mit endlos viel Ereignissen, ein Tag, wie es ihn eigentlich noch nie in Ottos Leben gegeben hat, liegt hinter ihm.
    Aber kein Tag, wie er ihn sich wünscht. Ganz abgesehen davon, daß alle Geschehnisse unangenehm waren, bis auf die Ablösung von seinem Posten in der Arbeitsfront, er haßt diese Unruhe, dieses Redenmüssen mit allen möglichen Menschen, die er insgesamt nicht ausstehen kann.
    Und er denkt an den Feldpostbrief mit der Nachricht vom Tode Ottochens, den ihm die Frau Kluge gegeben, er denkt an den Spitzel Borkhausen, der ihn so täppisch hat reinlegen wollen, an den Gang in der Uniformfabrik mit den im Zuge flatternden Plakaten, gegen die Trudel ihren Kopf lehnte. Er denkt an den verkappten Tischler Dollfuß, diesen ewigen Zigarettenraucher, die Medaillen und Orden klingeln wieder auf Brust des braunen Redners, nun faßt ihn aus dem Dunkel die feste, kleine Hand des Kammergerichtsrats a. D. Fromm an und schiebt ihn der Treppe zu. Da steht der junge Persicke mit seinen
    spiegelnden Stiefeln auf der Wäsche und wird immer käsiger, und in der Ecke röcheln und stöhnen die beiden blutigen Besoffenen.
    Er fährt wieder hoch, beinahe wäre er eben wirklich eingeschlafen. Aber da ist noch etwas, das ihn an diesem Tage stört, etwas, das er genau gehört und wieder vergessen hat. Er setzt sich auf seinem Sofa hoch und lauscht lange und sorgfältig. Es ist richtig, er hat sich nicht verhört. Befehlend ruft er: «Anna!»
    Sie antwortet klagend, wie es gar nicht ihre Art ist:
    «Was störst du mich schon wieder, Otto? Soll ich denn gar nicht zur Ruhe kommen? Ich habe dir doch gesagt, ich will nicht mehr reden!»
    Er fährt fort: «Warum soll ich denn auf dem Sofa schlafen, wenn die Trudel bei dir im Bette liegt? Dann ist mein Bett doch frei?»
    Einen Augenblick

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