Jedes Kind Kann Regeln Lernen
Sie Ihrem Kind oft Anreize, oder kündigen Sie eher Strafen an? Fernsehverbot z.B. wird von Eltern sehr häufig als Konsequenz für alles mögliche verwendet: wenn nicht
aufgeräumt wird, wenn sich die Geschwister streiten, wenn die Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht werden. Oder es wird "Stubenarrest" verhängt. Oder die Eltern entscheiden: "Du darfst dich nicht verabreden", "Du darfst nicht zum Fußball", "Du bekommst keine Süßigkeiten", "Du bekommst kein Taschengeld". Mit all diesen Strafen nehmen wir unserem Kind etwas weg, was es sehr gern tun oder haben würde, was es aber nicht unbedingt braucht. Wir streichen ihm "Vergnügen".
Taschengeld würde ich immer nur dann kürzen, wenn das Kind etwas zurückzahlen muß, was es zerstört oder gestohlen hat. Viele andere Arten von "Vergnügen" können aber durchaus vom Verhalten des Kindes abhängig gemacht werden. Eltern können entweder das Streichen von Vergnügen als Strafe ankündigen oder nach dem Motto "Erst die Arbeit - dann das Vergnügen" Anreize setzen. Entscheiden Sie anhand der folgenden Tabelle selbst, was wohl wirkungsvoller ist:
Wunsch des Kindes
Anreize setzen
Strafen
ankündigen
Ich möchte
Sesamstraße
gucken!
In Ordnung! Sobald alle Spielsachen in der Kiste sind, darfst Du den Fernseher einschalten.
Wenn du nicht endlich aufräumst, gibt es Fernsehverbot für heute!
Mama, ich will mich heute verabreden!
Na klar, wenn Du mit den Hausaufgaben fertig bist.
Wenn du deine Hausaufgaben nicht machst, kannst du dich nicht verabreden.
Darf ich ein Stück Schokolade?
Nach dem Mittagessen!
Wer nichts zu Mittag ißt, kriegt auch keine Schokolade.
Meine Freundin kommt mich heute besuchen.
Gut - bis dahin muß dein Zimmer so aufgeräumt sein, daß ihr dort spielen könnt.
Wenn du dein Zimmer nicht aufräumst, rufe ich an und sage ab.
Sehen Sie einen entscheidenden Unterschied? Oder glauben Sie, es läuft auf dasselbe hinaus? Es ist eben nicht "dasselbe in Grün" für Ihr Kind, welche Worte Sie wählen. Wenn Sie Anreize setzen, hört Ihr Kind heraus: "Mama traut mir zu, daß ich es schaffe". Wenn Sie Strafen ankündigen, hört es heraus: "Mama
mag mich nicht. Deshalb will sie mich bestrafen." Das macht einen Machtkampf zwischen Ihnen wesentlich wahrscheinlicher. Allerdings wird Ihr Kind auch dann protestieren, wenn Sie ihm Anreize setzen: "Das ist Erpressung!" - Diesen Satz werden Sie des öfteren zu hören bekommen. Sie können von Ihrem Kind verlangen, daß es wichtige, aber unangenehme Dinge erledigt. Sie können aber nicht erwarten, daß es das gern tut. Es darf dabei schimpfen und schlechte Laune haben. Die gute Laune stellt sich dann beim nachfolgenden "Vergnügen" von selbst ein.
Es kann auch passieren, daß Ihr Kind Ihre Erwartung enttäuscht und nicht das tut, was es tun soll. Dann ist das Streichen von "Vergnügen" notwendige logische Konsequenz, aber nicht willkürliche Strafe.
"Vergnügen" kann nicht nur gekürzt oder gestrichen, sondern auch extra gewährt werden. Dann wird es zur Belohnung. Eine Belohnung kann dann angebracht sein, wenn unsere Kinder ihre guten Seiten gezeigt oder sich zumindest bemüht haben. Unter der Überschrift Auf das Gute achten (S. 86) wurde bereits betont, daß wir unsere Augen dafür immer weit offen halten sollten. Eine Belohnung kann vor allem bei jüngeren Kindern Extra-Zeit für Zuwendung sein: z.B. eine zusätzliche Geschichte oder ein gemeinsames Spiel. Bei etwas älteren Kindern könnte es eine besondere Fernsehsendung, längeres Aufbleiben oder ein gemeinsamer Kino- oder Schwimmbadbesuch sein, vielleicht auch mal ein besonderer Nachtisch, ein Eis oder sogar ein kleines Geschenk.
Sollte man Belohnungen vorher ankündigen nach dem Motto: "Wenn du heute nachmittag lieb bist, kaufe ich dir ein Eis!"? Bei materiellen Belohnungen wie Eis oder kleinen Geschenken ist eher Zurückhaltung angesagt. Sonst kommt das Kind vielleicht auf die Idee, um Belohnungen mit Ihnen zu handeln und immer wieder zu fragen: "Was kriege ich, wenn...?" Gemeinsame Aktivitäten oder Zeit für Zuwendung können Sie dagegen durchaus vorher ankündigen und damit einen Anreiz setzen.
• Zusammenfassung:
Ob Sie eine logische Folge, eine Auszeit oder eine andere Konsequenz einsetzen - beachten Sie die folgenden Tips:
- Betonen Sie, daß Ihr Kind die Wahl hat. Ein Beispiel: "Du kannst entscheiden: weiter schreien und in deinem Zimmer bleiben - oder friedlich sein und zu mir kommen."
- Wenden Sie die gewählte Konsequenz jedesmal nach
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