jennissimo (German Edition)
wieder davon angefangen, dass sie eine Anzeige in einer lokalen Zeitung schalten oder einen Flyer drucken lassen sollten. Aber Jenna hatte abgelehnt. Weil sie sich so verdammt sicher gewesen war.
Auf einmal überkam sie das dringende Bedürfnis, etwas zu backen. Die Finger in warmen Teig gleiten zu lassen und, den Duft von Hefe in der Nase, knuspriges, buttriges Gebäck auszurollen. Oder vielleicht eine Tarte zu machen. Eine zarte, krustige, mit Eiern, Käse, Knoblauch und Nüssen gefüllte Quiche.
Oder Rinderbrust. Sie war wieder in Texas, also müsste das Fleisch zart sein, fast schon auseinanderfallen, und zugleich würzig und scharf. Gegrillte, himmlisch schmeckende Kartoffeln. Ihr kam da eine Idee, wie sie die würzen könnte …
Sie schüttelte den Kopf und verdrängte solche Wunschvorstellungen. So was machte sie nicht mehr. Sie kochte, aber siekreierte nichts. Hatte sie sich das denn nicht oft genug selbst bewiesen?
Hinter sich hörte sie, wie Violet die Waren auf den Regalen hin- und herschob, um sich irgendwie zu beschäftigen. Eines musste man ihr lassen: Sie sah nicht so aus, als würde sie am liebsten „Ich hab’s dir doch gesagt!“ brüllen. Und das, obwohl sie wirklich vehement darauf beharrt hatte, auf irgendeine Weise Werbung zu machen.
Sie hatte den metallischen Geschmack von Angst auf der Zunge. Jeder einzelne Penny, den sie besaß, steckte in diesem Laden. Sie hatte einen Dreijahresmietvertrag unterzeichnet, und ihr Vermieter erwartete, dass sie jeden Monat pünktlich zahlte, egal wie sehr sie als Geschäftsfrau versagte.
Jenna wirbelte zu Violet herum. „Ich weiß nicht, was ich tun soll!“, platzte sie heraus.
Violet, die gerade ein Regal abstaubte, richtete sich auf. „Koch was!“, sagte sie schnell. „Irgendwas Kleines, Köstliches, das ich auf einem Tablett den Leuten anbieten kann.“
„Wozu das denn? Hier ist doch niemand.“
Ihre Assistentin lächelte. „Wenn die Leute nicht reinkommen, dann gehe ich eben zu ihnen hinaus. Während du kochst, werde ich Gutscheine ausdrucken und jedem geben, den ich sehe. Zehn Prozent Nachlass auf alles anlässlich unserer Eröffnung. Das wird die Kunden in den Laden bringen.“
Jenna nickte und zwang sich, nicht nachzurechnen, wie sich diese zehn Prozent auf ihren Profit auswirkten. Es ist immer noch besser, weniger zu verdienen als gar nichts, dachte sie, ging zum Herd und suchte die Zutaten für einfache, aber sehr leckere Appetithappen zusammen.
Eine halbe Stunde später waren die Cracker mit Ziegenkäsecreme fertig. Die kleinen mit Pilzen gefüllten Törtchen mussten noch eine Viertelstunde im Ofen backen.
„Der Trick sind die Kräuter“, verkündete sie. „Frische Kräuter sind am besten, und sie müssen wirklich fein gehackt sein.“
„Spar dir die Erklärungen für die Kunden auf“, entgegneteViolet und schnappte sich ein Tablett. „Ich werde die Gutscheine an jedes Auto im Umkreis von hundert Metern stecken. Wenn die Leute kommen, dann verführen wir sie mit deinem Essen.“ Sie hielt einen Moment inne. „Kommst du hier drinnen allein zurecht?“
„Natürlich“, log Jenna. Die Vorstellung, allein mit einem Kunden zu sein, ängstigte sie. Aber daran hätte sie wohl denken sollen, bevor sie einen Laden eröffnete.
„Biete ihnen einfach was zu essen an und rede über Rezepte“, sagte Violet lächelnd. „Ich komme zurück, sobald ich mit den Gutscheinen fertig bin.“
Jenna nickte und setzte ein souveränes Lächeln auf, während sie Violet hinterhersah.
Sie selbst trug eine schwarze Hose und wie üblich die weiße Kochjacke, Violet hingegen einen geraden dunkellila Rock und eine bunte, langärmlige Bluse. Sie hatte drei oder vier Ketten um den Hals geschlungen, wie üblich klirrte ein halbes Dutzend Armreifen an ihren Handgelenken. Ihr schwarzes Haar stand stachlig in die Höhe, und sie hatte sich wieder die perfekten Smokey Eyes geschminkt, die Beth so bewunderte.
Wenn schon, dann hätte doch eher Violet fehl am Platze wirken müssen und nicht sie. Doch leider würde jeder sofort mitkriegen, dass Jenna nur eine Mogelpackung war.
Bevor sie sich selbst noch kleiner machen konnte, als sie sich sowieso schon fühlte, öffnete sich die Tür mit einem Klimpern der Glocke, die Violet dort aufgehängt hatte. Zwei Frauen traten ein. Jede von ihnen hatte einen Gutschein in der Hand.
„Oh, schau mal“, sagte die kleinere zu ihrer Freundin. „Die tollen Farben der Untersetzer. Die würden wunderbar in deine Küche
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