jennissimo (German Edition)
nicht ähnlich.“
Jenna lächelte. „Das überrascht mich nicht. Ich bin adoptiert. Mom sagt, ich stamme von einer Sippe rothaariger Amazonen und dass sie mich darum beneidet.“
Adoptiert. Violet dachte einen Moment darüber nach. Hat auch Vorteile, nicht zu wissen, woher man stammt, überlegte sie. „Ihr beide steht euch sehr nahe.“
„Ja, das war schon immer so. Meine Mom ist meine beste Freundin.“ Jenna lächelte. „Das klingt so gekünstelt, aber es stimmt. Sie war immer für mich da.“
„Das ist schön. Und was ist mit deinen richtigen Eltern?“
„Keine Ahnung. Ich habe sie nie kennengelernt.“
„Hast du je überlegt, sie ausfindig zu machen?“
Jenna zuckte mit den Schultern. „Ich wüsste nicht, wozu. Ich habe eine Familie. Ich brauche keine andere.“
Weil diese so gut ist, dachte Violet eher etwas verblüfft als neidisch. Es war, als würde man ein exotisches Tier im Zoo betrachten. Die waren süß und so weiter, hatten aber nichts mit einem selbst zu tun.
Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es wäre, so eine Verbindung mit ihrer Mutter zu haben. Violet war als Kind geschlagen worden und mit fünfzehn von zu Hause abgehauen.
Fünf lange Jahre hatte sie auf der Straße gelebt, bis ihr klar wurde, dass sie nicht mal fünfundzwanzig werden würde, wenn sie so weitermachte. Es war nicht leicht gewesen, von der Straße wegzukommen, aber sie hatte es hingekriegt.
Und jetzt bin ich hier, dachte sie, und als sie sich in dem Laden umsah, konnte sie sich bereits genau vorstellen, wie alles einmal aussehen würde. Vielleicht wusste Jenna nicht genau, was sie da tat, aber dafür war ja Violet da. Zusammen würden sie dafür sorgen, dass Grate Expectations ein Erfolg wurde. Jenna besaß Klasse und Geld und musste sich etwas beweisen, während Violet wusste, wie man das Leben meisterte, egal, welche Hindernisse sich einem in den Weg stellten. Ein ungleiches Paar, dachte sie, aber ein gutes. Jenna fügte ein Gewürz nach dem anderen hinzu. Dann rührte sie schnell die Filetspitzen um und briet siescharf auf starker Hitze an. Im Hintergrund liefen die Nachrichten, und sie trank bereits ihr zweites Glas Wein.
Nachdem sie sich selbst davon überzeugt hatte, dass es keine Rolle spielen würde, weil nie jemand etwas davon erfahren würde, nahm sie die Schüssel mit der Soße, die sie gerade aus einer Laune heraus kreiert hatte, und goss sie in die Pfanne. Die Flüssigkeit begann zu kochen und sich dann sofort auf fast nichts zu reduzieren. Sie bewegte die Pfanne und drehte mit einem Wender das Fleisch ein letztes Mal um, bevor sie es auf eine warme Tortilla kippte. Nachdem sie die Pfanne auf einer anderen Herdplatte abgestellt hatte, drehte sie die Hitze ab und trank einen kräftigen Schluck Wein.
Das war es also. Eine Art Taco. Sie hatte schon öfter mit dem Gedanken gespielt, die mexikanische und indische Küche miteinander zu kombinieren. Sie lächelte, doch als sie ihre Kreation betrachtete, wurde sie wieder ernst.
Sie war nervös. Früher einmal war ihr das Herumexperimentieren so leichtgefallen, es hatte ihr so viel Freude bereitet. Jetzt hatte sie Angst davor. Noch schlimmer – ihr wurde geradezu schlecht. Ein wichtiger Teil von ihr war verloren gegangen. Sie sehnte sich so sehr danach, wieder die Frau zu sein, die sie einmal gewesen war, und wollte sich nicht eingestehen, dass es sie wahrscheinlich einfach nicht mehr gab.
Jenna hob das Kinn, nahm den Taco in die Hand und biss ab. Die ungewöhnliche Gewürzmischung fühlte sich nicht gut auf der Zunge an. Es war ihr unmöglich, zu kauen, geschweige denn, zu schlucken, deswegen spuckte sie das Fleisch ins Spülbecken und spülte es mit Wasser hinunter. Dann warf sie den Rest des Tacos in den Müll.
Sie ignorierte die Tränen, die in ihr aufstiegen.
„Ich mache mir Sorgen“, sagte Beth, während sie das abgespülte Geschirr auf dem Küchentresen stapelte. „Jenna weiß überhaupt nicht, wie man so ein Geschäft führt. Sie geht ja nicht einmal gerne einkaufen – außer, wenn sie Messer braucht, damitkönnte sie Stunden verbringen. Aber das hier ist etwas anderes. Jetzt muss sie sich um Kunden kümmern.“
„Sie ist ein kluges Mädchen.“ Marshall räumte den Geschirrspüler ein. „Gib ihr doch eine Chance. Sie wird schon dahinterkommen, wie es geht.“
„Aber dafür wird sie nicht viel Zeit haben. Ihr ganzes Geld steckt in dem Laden. Ihr Erspartes und die Hälfte von dem, was sie und Aaron für ihr armseliges kleines Haus
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