jennissimo (German Edition)
weißt schon, vormittags.“
Caitlin nickte. „Das ginge. Dann rufe ich Jolene an und frage sie, ob sie mal ein Stündchen Zeit hat.“
Ein Stündchen. Jenna rang sich ein Lächeln ab. „Aber klar. Meldet euch dann.“ Sie zog eine Visitenkarte aus der Tasche und schrieb ihre Handynummer auf die Rückseite.
„Das werden wir“, versprach Caitlin, während sie schon zur Tür eilten. „Dein kleiner Laden ist wirklich toll.“
Der Nachmittag verlief ungefähr so wie der Morgen. Ein paar Kunden kamen mit den Gutscheinen herein und kauften einige Kleinigkeiten. Jenna richtete noch mehr Tabletts mit Crackern und Pilztörtchen her, doch sobald die Leute feststellten, dass sie die Rezepte nicht zur Hand hatte, verschwanden sie wieder.
Um fünf fühlte sich Jenna geschlaucht und entmutigt. Sie betrachtete die vollen Regale, die sorgfältig ausgewählten Waren, auf die sie so stolz gewesen war. So langsam schwante ihr, dass es viel komplizierter war, einen erfolgreichen Laden zu führen, als sie jemals gedacht hätte. Sie musste sich mit den Marktgegebenheiten vertraut machen, sie brauchte einen konkreten Plan und vor allem gesunden Menschenverstand. Den hatte sie in der Zeit, in der sie lernte, wie man ein Hühnchen entbeint, offenbar schwer vernachlässigt.
Punkt achtzehn Uhr schloss Violet die Tür ab.
„Das war doch ein ganz guter Tag“, sagte sie fröhlich. „Wir haben beinahe fünfhundert Dollar eingenommen.“
Jenna nickte. „Super.“
Berücksichtigte man zusätzlich zum Einkaufspreis der Waren die Miet- und Gehaltskosten und zog außerdem die zehn Prozent ab, war sie ungefähr zweihundert Dollar in den Miesen. Und das an nur einem Tag. Wie viel Verlust sie da erst ineiner ganzen Woche machen konnte!
Violet lief quer durch den Raum auf sie zu. „Keine Sorge, das wird schon werden! Die Leute werden über den Laden sprechen, und ehe du dich versiehst, wird der Laden brummen.“
„Brummen?“ Jenna gelang es, zu lächeln. „Dagegen hätte ich nichts einzuwenden.“
„Es wird ein bisschen dauern, aber du wirst schon sehen.“ „Ich weiß ja, dass du recht hast“, log Jenna.
Violet neigte den Kopf. „Wie wäre es mit einem Drink? Ich kenne einen Barkeeper, der eine wirklich fiese Margarita macht.“
„Danke, aber meine Mom erwartet mich zum Abendessen.“
„Ja sicher. Grüß sie von mir.“
Als Violet gegangen war, beeilte sich Jenna, den Laden ebenfalls zu verlassen. Sie hatte das Gefühl, an einem Spiel teilzunehmen, bei dem jeder außer ihr die Regeln kannte. Und das Schlimmste war, dass sie daran ganz allein schuld war.
Sie ging über den Parkplatz zu ihrem Wagen. Auf dem Heimweg musste sie sich überlegen, was sie ihren Eltern erzählen sollte, damit die sich keine Sorgen machten. Die waren sowieso schon beunruhigt genug.
Beim Einsteigen hörte sie Gelächter und sah hinüber zu dem Laden neben ihrem. Only Ewe war vollgepackt mit Kunden, die Körbe mit buntem Garn in den Händen trugen. Sie sah, wie ein großer, gut aussehender Mann auf Robyn zuging, eine Hand auf ihren Rücken legte und sie küsste.
Jenna drehte sich weg. Tief in sich verspürte sie einen Stich. Sie wusste nicht, worauf sie neidischer war: auf die Kunden oder darauf, dass Robyn im Gegensatz zu ihr einen besonderen Menschen im Leben hatte.
3. KAPITEL
V iolet teilte die Zutatenliste an die sechs Kunden aus, die vor dem Küchenbereich saßen. Heute war der dritte Tag nach der Eröffnung, und jeden Moment sollte die erste Kochdemonstration beginnen. Der Tag zuvor war schon etwas besser verlaufen, zumindest hatten mehr Leute den Laden besucht. Zwar verkauften sie noch immer viel zu wenig, aber Violet war überzeugt, dass sich das mit der Zeit schon ändern würde. Vorausgesetzt, ihnen blieb genug Zeit.
Natürlich hätte man Jenna vorwerfen können, den Laden ohne konkreten Plan eröffnet zu haben, aber sie selbst hatte ja auch einfach so ihren Job hingeschmissen. Und trotzdem glaubte sie noch immer, das Richtige getan zu haben. Im schlimmsten Fall musste sie sich eben eine neue Arbeit suchen und wieder von vorn anfangen. Das hatte sie schließlich bereits unzählige Male zuvor getan.
Jenna befestigte einen Spiegel über der Kochstelle. „Können Sie alle gut sehen, was ich mache?“, fragte sie.
Die Leute murmelten zustimmend.
„Gut. Ich denke, ich werde Ihnen zu Beginn ein paar Tipps zum Zwiebelschneiden geben. Damit es schnell und leicht geht und vor allem Ihre Finger nicht unters Messer kommen.“
Messer,
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