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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Gernt
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lassen. Dadurch öffnete sich für Inur die Möglichkeit, sein eigenes Erz zu verkaufen und den größten Teil des Gesamthandels Onurs mit diesem Rohstoff unter seine Fittiche zu nehmen. Das Verhandlungsgespräch selbst hatte keine halbe Stunde gedauert und war zum größten Teil von Kumien diktiert worden. Erst gegen Ende hatte Inur den Mut gefunden, einigen Details zu widersprechen und Verbesserungsvorschläge anzubringen. Auch wenn er den Eindruck hatte, dass Kumien ihn insgeheim auslachte – immerhin hatte der Layn ihm zugehört und sich sogar für Argumente zugänglich gezeigt. Die Änderungen wurden sofort in den bereits vorgefertigten Verträgen eingefügt, unterzeichnet, und damit war die Angelegenheit erledigt. Er brannte vor Spannung, was Lys dazu sagen würde!
    Nun sollte Inur noch die Ausrüstung inspizieren, die morgen früh in eine von Kumiens Minen gebracht werden sollte, der Himmel mochte wissen, wozu das gut sein sollte. Zum Glück durfte er allein gehen, er brauchte es also nicht zu übertreiben. Und wer wusste schon, vielleicht entdeckte er ja doch etwas, ein Werkzeug vielleicht, das sich als gute Idee entpuppte und von ihm übernommen werden konnte?
    Inur streifte zwischen den Wagen einher, nahm mal dies, mal jenes in die Hand und beschloss dann, dass es zu kalt für solche Unternehmungen war. Auf dem Weg zurück fiel ihm ein Bündel in einem der Wagen auf, das er vorhin wohl übersehen hatte. Als er näher kam, verzog er angewidert das Gesicht: ein Sklave. Beinahe erstaunlich, dass es bloß ein Einziger war, diese furchtbar rückständigen Barbaren hier in Irtrawitt behandelten solche Menschen ja schlechter als Tiere! Immerhin hatte man dem armen Mann eine Decke gegeben. Inur wollte sich abwenden, stutzte dann jedoch plötzlich. Er konnte nur den Hinterkopf des Sklaven erkennen, aber die Haare, die Art, wie sie fielen …
    Lächerlich, das ist unmöglich. Lys ist in Onur. Ich hab gerade an ihn gedacht und glaube ihn zu sehen, das ist alles.
    Unbehaglich trat er näher heran, beugte sich über den Mann, der in solch schwere Ketten gelegt war, als müsste man einen wilden Stier bändigen, hob die Laterne höher – und erstarrte.
    „Herr?“, flüsterte er ungläubig. „Lys?“ Hastig stellte er die Laterne an einen freien Platz und kletterte in den Wagen, so schnell seine Körperfülle es zuließ. Noch immer konnte er es nicht glauben, hoffte auf eine Täuschung, eine zufällige Ähnlichkeit. Konnte dieses bleiche Geschöpf mit den eingefallenen Wangen, auf denen Tränen sich Spuren durch den Schmutz gegraben hatten, wahrhaftig der Fürst von Corlin sein?
    „Lys?“
    Zögernd streckte Inur die Hand aus, legte sie an den Hals des Schlafenden, unterhalb des breiten Eisenbandes, um sich zu vergewissern, dass er wirklich noch lebte. Dann rüttelte er ihn zaghaft an der Schulter, bis Lys die Augen öffnete, schlaftrunken und verwirrt um sich blickte. Sobald er Inur sah, schreckte er auf, riss die Arme abwehrend hoch, soweit die Fesseln es zuließen. Er schrie vor Schmerz, versuchte in Panik zu entkommen, kauerte sich dann zusammen, als die Ketten ihn aufhielten, den Kopf schutzsuchend unter den Armen verborgen. Inur verfolgte jede dieser Bewegungen voller Entsetzen, starrte auf dieses zerstörte, von Angst geschüttelte Wesen, bis er es endlich schaffte, sich zusammenzureißen.
    „Lys“, sagte er leise, mit zugeschnürter Kehle. „Lys, beruhigt Euch, bitte.“ Ein Wimmern war die einzige Antwort, doch Inur wollte nicht aufgeben. „Ihr kennt mich, ich bin Inur von Sorala. Bitte, beruhigt Euch, ich will Euch helfen!“
    Langsam glitt der Arm herab, unter dem Lys zu schützen versucht hatte. Er regte sich nicht weiter, blickte nur ausdruckslos ins Leere; zumindest aber blieb er still, als Inur näher heranrutschte.
    „Herr, was ist geschehen?“
    „Ihr müsst verschwinden, Inur“, wisperte Lys kaum hörbar. „Ihr könnt mir nicht helfen.“
    „Herr – Lys, Ihr seid verletzt, ich …“ Inur hatte im Schein der Laterne die Blutspuren am Rücken des groben weißen Hemdes entdeckt. Es machte ihn regelrecht krank, Lys so zu sehen, so verstört und gebrochen. Gerade Lys, der immer vor Lebenskraft gesprüht hatte! Inur erinnerte sich, einen Brunnen in der Mitte des Hofes bemerkt zu haben und floh regelrecht von diesem Wagen herab. Irgendetwas war ganz fürchterlich falsch gelaufen, wie sollte er, Inur, der Hasenfuß von Sorala, das hier in Ordnung bringen? Hastig wühlte er durch eine Ladung

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