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Jenseits Der Unschuld

Jenseits Der Unschuld

Titel: Jenseits Der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
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erhitzt und gerötet, ihr Atem ging keuchend, und jeder -allen voran ihre Mutter - würde sofort wissen, dass etwas mit ihr nicht stimmte und nach dem Grund fragen.
    Sofie nahm den längeren Weg zum Haus, an den Dünen entlang und am Tennisplatz vorbei, der gottlob nicht bespielt wurde. Der Schmerz in ihrem rechten Knöchel war unerträglich geworden und verschlimmerte sich mit jedem Schritt. Mit einem kleinen Aufschrei sank sie in den Sand hinter dem Platz und barg das Gesicht in den Händen.
    Wie konnte sie so etwas getan haben? Als ihr klar wurde, dass sie ein Liebespaar überraschte - noch dazu, als sie in der Frau eine langjährige Nachbarin erkannte -, hätte sie umkehren und fliehen müssen. Das hatte sie nicht getan.
    Sie hatte jede Kontrolle über ihren Körper und ihren Willen verloren. Sie war geblieben. Sie war bis zum Ende geblieben.
    Sofie zitterte haltlos und griff nach ihrem kaputten Fuß. Was ist das für ein Gefühl so geküsst zu werden? In den Armen eines solchen Mannes zu liegen?
    Sofie verdrängte ihre verräterischen Gedanken und tastete den Knöchel ab. Dass sie geblieben war und zugesehen hatte war schlimm genug, aber solchen Gedanken nachzuhängen war wesentlich schlimmer. Sie hatte sich nie törichten Träumereien hingegeben - und würde jetzt nicht damit anfangen. Sie würde nie wissen, wie sich so etwas anfühlte. Schluss damit.
    Sofie umfasste stöhnend ihren Knöchel. Tränen stiegen ihr in die Augen, ob allerdings vor Schmerz oder Seelenpein wollte sie erst gar nicht wissen.
    Heftig blinzelte sie ihre Tränen zurück. Das Liebespaar hatte sie nicht bemerkt, ihr Geheimnis blieb also gewahrt.
    Nur einen kurzen Augenblick hatte sie gedacht, der Mann habe zu ihr hergeschaut, am Ende, doch sie wusste, dass sie sich getäuscht haben musste, denn andernfalls hätte er vor Schreck von seinem sündigen Tun abgelassen.
    Sofie massierte den schmerzenden Knöchel. Sie durfte nicht daran denken, was er getan hatte oder wie er dabei ausgesehen hatte. Aber sie konnte den prachtvollen Anblick des Fremden nicht vergessen. Nun begriff Sofie, wieso den Studentinnen die Teilnahme an Aktkursen in der Kunstakademie verwehrt war, wenn nackte Männer Modell saßen.
    Sie verzog das Gesicht und kam mühsam auf die Füße. Der Schmerz, der ihr durchs Bein bis in die Hüfte schoss, brachte sie auf andere Gedanken. Sie biss sich auf die Unterlippe. Ihre Mutter würde nur wieder sagen, sie sei selbst schuld, wenn sie - noch dazu alleine - zum Strand ging.
    Doch manchmal war Sofie es leid, ständig eingesperrt zu sein, Dinge nicht tun zu können, die für andere junge Mädchen eine Selbstverständlichkeit waren. Wenn sie arbeitete, duldete sie keine Gesellschaft, es sei denn, das Modell oder den Zeichenlehrer. Nachdem Sofie die letzten zweieinhalb Monate in der Stadt verbracht hatte, genoss sie den Sommertag am Strand um so mehr und hatte ihre sonstige Vorsicht und Vernunft völlig vergessen. Sie hatte so selten Gelegenheit, en plein air zu arbeiten und noch seltener am Meer. Sie hatte angenommen, dieser Ausflug könne ihr nicht schaden - sie hatte sich geirrt.
    Sofie schüttelte den Sand aus den Rüschenmanschetten ihrer weißen Bluse. Sie atmete wieder normal, und ihre Hände zitterten nicht mehr so heftig. Wer mochte der Fremde am Strand gewesen sein? Sein Vorname war Edward, ein Name, der ihr nichts sagte. Sofie schloss die Augen. »Du Närrin«, schalt sie sich laut. Ein Mann wie er würde keinen Blick verschwenden an eine Frau, die nicht nur ein Krüppel, sondern auch noch exzentrisch war.
    »Mrs. Ralston?«
    Suzanne setzte ein verbindliches Lächeln auf und drehte sich in der offenen Glastür zur Veranda um, hinter der sich eine weitläufige Rasenfläche erstreckte, wo einige Gäste sich beim Kricketspiel vergnügten. Der Salon, in den sie sich zurückgezogen hatte, war kühl und dämmrig. Sofies Mutter blickte dem pausbäckigen jungen Mann entgegen und versuchte, sich an seinen Vornamen zu erinnern.
    Sie wusste lediglich, dass er ein entfernter verarmter Cousin von Annette Marten war, der vor kurzem sein Jurastudium in Harvard beendet hatte und im Begriff war, sich in New York als Anwalt niederzulassen. Vor ihrer Europareise hatte Annette Marten Suzanne ans Herz gelegt, ihren Cousin zu einer ihrer Wochenendgesellschaften einzuladen, damit er einige einflussreiche Leute kennenlernte. Nun, Junggesellen waren Suzanne stets willkommen, besonders wenn sie blaublütig waren. Auf mittellose Junggesellen legte sie

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