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Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt

Titel: Jenseits des Meeres liegt die ganze Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Audur Jónsdóttir
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diesen drahtigen Kerl, der tagaus, tagein an den Regalen des Buchlagers entlangflitzt. Er grinst, als er sich zu mir neigt und mich auffordert, bei den Backwaren ordentlich zuzugreifen, unser fetter Erfolgsautor müsse schließlich auf seine Linie achten.
    Valgardur hat einen sehr athletischen Körper, verbessert ihn Stefanía scharf.
    Jemand, der solche Bücher schreibt, muss eine Wampe auf der Seele haben, sagt Kjartan, der das Ende der Welt vorausgesagt hatte, als die Verleger einen Klassiker wie Thórbergur Thórdarson verramschen ließen. Geschmeidig verschwindet er im Lager, bevor es Stefanía gelingt, ihm mit einem der titelblattlosen Hochglanzmagazine eins überzuziehen. Die Titelblätter der nicht verkauften Exemplare schicken wir an den dänischen Verlag zurück als Beweis dafür, dass das Magazin auf der Müllhalde und nicht bei einem Abonnenten gelandet ist.
    Sie sieht ihm hinterher mit einem Glänzen in ihrem Blick, das einer kühlen Sachlichkeit weicht, als sie mich ansieht und sagt: Die Brüder haben etwas Wichtiges mit dir zu besprechen. Nimm dir ruhig einen Kopenhagener, bevor du zu ihnen gehst, damit du endlich mal auf Touren kommst. Und für dein Äußeres solltest du auch mal was tun, wenn man so herumläuft wie du, hilft auch so eine feine Kette nichts. So viel kann ich schon verraten, sie wollen, dass du dich in den nächsten Tagen um die Verbrauchermärkte kümmerst, Þorgeir ist nämlich krank.
    Und wer soll dann ans Telefon gehen und die Bestellungen aufnehmen?
    Auch du. Das hat doch schon einmal ganz gut funktioniert, wenn ich mich richtig erinnere, du müsstest nur noch etwas flinker sein, meine Süße.
    Dann will ich eine Lohnerhöhung.
    Puh, prustet sie mit einer Vehemenz, dass ihre Augen fast die Brillengläser berühren. Du hast heute aber ein ganz schön freches Mundwerk. Pass auf, dass du den Brüdern nicht auf die Nerven gehst, die sind ziemlich gestresst wegen dem ganzen Bohei um das neue Buch von Valgardur. Aber das werden sie dir ja selbst erzählen.
    Mir?
    Ja, das Bohei soll nämlich besonders auf Frauen zugeschnitten sein.
    Warum hilfst du ihnen dann nicht?
    Was soll das denn jetzt? Vielleicht kommst du der Durchschnittsfrau näher als ich. Außerdem bist du das Mädchen für alles, und ich muss hier die Zahlen im Blick behalten, damit das Unternehmen auch morgen noch eine Handbreit Wasser unter dem Kiel hat.
    Ich lächele. Ich weiß, du bist unbezahlbar.
    Sie lächelt schief. Außerdem kommst du mit diesem Kram besser zurecht.
    Was für Kram?
    Sprich mit den Brüdern.
    Sie geht beschwingt davon. Ihr Hintern wackelt in dem Stewardessenrock, ihre Waden zeichnen sich durch die Nylonstrumpfhosen ab und federn mit jedem Schritt in den schwarzen Pumps. Eine sexy Sechzigjährige mit brodelndem Blut, denke ich und taste im Schrank nach einem der Kopenhagener. Als ich ihn einen Moment später mit einem Schluck Kaffee herunterspüle, höre ich, wie der Radiomoderator Mozart ablöst. So beginnt mein Arbeitstag.
    Die Brüder erwarten mich.
    *
    Nein, nein, nein. Das ist doch bekloppt. Warum habe ich ja gesagt? Ich hätte so tun sollen, als hätte ich keine Ahnung davon.
    Nach fünf Jahren hier im Verlag lasse ich mir immer noch jede Drecksarbeit aufs Auge drücken.
    Als die Brüder mich einstellten – ein entfernter Verwandter hatte ein gutes Wort für mich eingelegt –, war davon die Rede gewesen, dass ich nach einer gewissen Probezeit Gelegenheit bekäme, Bücher aus dem Spanischen zu übersetzen. Und irgendwann würde ich auch isländische Originalmanuskripte lektorieren. Bis dahin müsse ich mich allerdings damit begnügen, alles zu machen, was anfiel. Momentan fehle im Verlag nämlich genau so ein Mädchen für alles. Am Anfang sollte ich ans Telefon gehen, Kaffee kochen, Kjartan bei der Inventur im Lager helfen, Bestellungen aufnehmen, gelegentlich mal eine Kinderbuch-Übersetzung Korrektur lesen und eine der Übersetzungen aus dem Spanischen durchsehen, die ihren Anteil daran haben, dass die Brüder seit langer Zeit als Fackelträger der Kultur in Reykjavík gelten.
    Im ersten Jahr war ich hochzufrieden. Diesen ganzen Kleinkram zu erledigen war zwar kein Traumjob, aber die Aussichten waren vielversprechend, und ich ließ mich von der allgegenwärtigen Spannung in der Verlagsbranche anstecken.
    Nun muss ich teure Yoga-Kurse besuchen, um die ganze Anspannung wieder loszuwerden. Was anfänglich so verlockend schien, ist mir inzwischen ein Graus. Bis jetzt habe ich außer einigen

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