Jenseits des Meeres
er gedacht, Megan wäre für immer verloren.
Er bemerkte, wie Megans Blicke Kieran O’Mara folgten, als dieser seine Mutter sowie seine Schwester zum endgültigen Abschied zu ihr führte. Zwischen Megan und diesem Mann war irgendetwas, doch das ging Jamie nichts an. Megan war schließlich die MacAlpin. Nichts durfte sie davon abhalten, ihren rechtmäßigen Platz als Anführerin des Clans einzunehmen, wie er und Brice sie gemahnt hatten, als sie endlich einmal mit ihr allein gewesen waren.
Stolz beobachtete der junge Mann nun, wie sie Haltung bewahrte, als sich das Kind namens Bridget weinend an sie klammerte. Sie schwang sich nur in den Sattel und winkte noch einmal.
„Gute Reise, Mylady“, flüsterte Kieran und drückte ihr die Hand.
Megan biss sich auf die Lippe, bis sie Blut schmeckte, doch sie weinte nicht. Sie sagten einander Lebewohl. Das alles hatte sie schon einmal durchgemacht, als sie noch geglaubt hatte, sie würde Malcolm MacAlpin heimbegleiten. Doch jetzt war es ihr, als gäbe es keinerlei Hoffnung mehr.
Kieran hatte seine Pflichten, und sie hatte ihre. Sie hatte zwar gewusst, welch hoher Preis mit der Führerschaft verbunden war, doch nie hätte sie gedacht, dass sie je einen solchen Schmerz verspüren würde.
Während sie Hugh, Lady Katherine, Cara, Colin und der kleinen Bridget zunickte, die jetzt die Hände ihrer Eltern festhielt, hatte sie das Gefühl, als verabschiedete sie sich von ihrer eigenen Familie. Ihr wurde bewusst, dass sie diese Menschen liebte. Und ganz besonders Kieran, der mit ernster, undurchdringlicher Miene dastand. Ihn so zu sehen, griff ihr ans Herz. Doch es gab nichts zu sagen oder zu tun, was die Trennung weniger schmerzlich gemacht hätte.
Auf Jamies Befehl bildeten die schottischen Krieger ordentliche Marschkolonnen und warteten, während Megan, gefolgt von Jamie und Brice, zwischen sie ritt. Nachdem sich ihre Anführerin endlich wieder an der Spitze ihrer Truppe befand, setzte sich der Zug in Bewegung.
Auf dem Kamm eines Hügels zügelte Megan ihr Ross und schaute noch einmal auf das Kastell zurück, dessen Türmchen in das Licht der Nachmittagssonne getaucht waren. Schwäne glitten über den spiegelglatten Teich. Eine einsame Gestalt stand im Hof auf der Treppe und schaute ihnen nach. Megan wusste, dass es Kieran war, doch sie konnte ihn nicht klar erkennen, weil Tränen ihr den Blick verschleierten.
Kieran streifte sich das Hemd ab, ging durch das Gemach und stocherte in der Asche des Kamins. Die Kohlen darunter glühten in der Dunkelheit, und bald fing die Borke eines Holzscheits Feuer.
Nun blickte er zum Nachthimmel hinauf. Wolken zogen über den Halbmond. Nach dem lärmerfüllten Tag schien die Nacht gespenstisch still.
Kieran hatte ziemlich viel Zeit in Colins Herrenhaus verbracht und die Dorfarbeiter überwacht. Cara hatte wichtige Änderungen an dem alten Gebäude vornehmen lassen.
Änderungen. Er lehnte sich an das Söllergitter und dachte über all die Veränderungen nach, die in den vergangenen Tagen ihr Leben durcheinander gewirbelt hatten.
Der Bischof hatte das Begräbnis seiner tapferen Priester geleitet, die nun neben der Kapelle zur ewigen Ruhe gebettet waren. Und obgleich Seamus O’Mara eigentlich schon längst ins Kloster zurückkehren wollte, blieb er noch hier, weil ihm die kleine Kapelle das Gefühl von Frieden vermittelte.
Lady Katherine hatte Hugh Cleary geheiratet und war mit ihm und seinen Mannen zu seiner Burg in Armagh zurückgekehrt. Kieran hatte sie noch nie so strahlend erlebt.
Fiona und ihr Gatte waren mit der kleinen Bridget auf ihr Anwesen außerhalb Londons gezogen, von wo aus das Ehepaar die Arbeit für den Frieden zwischen England und Irland fortsetzen wollte. Kieran konnte nur staunen, dass seine Schwester mit einem Engländer so glücklich war.
Doch waren nicht er und Megan ebenfalls ein ungleiches Paar? Dieser Gedanke versetzte ihm einen Stich ins Herz.
Megan. Am Tage verging kaum ein Moment, da er nicht an sie dachte, und im Schlaf drängte sie sich in seine Träume. Er versuchte, sie sich an Bord des Schiffes nach Schottland vorzustellen, doch dieser Gedanke schmerzte zu sehr.
Er hörte, dass an seine Tür geklopft wurde, und seine Miene verfinsterte sich. Er hatte genug von Mistress Peakes Beschwerden, dass nun niemand mehr die von ihr zubereiteten Speisen aß. Die Haushälterin fand, das Kastell sei nun entschieden zu leer. Das meinte er zwar ebenfalls, doch es ließ sich nun einmal nicht ändern.
Schnellen
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