Jenseits des Meeres
ihnen lagen, wurden sie immer gelöster.
Megan sah lächelnde Gesichter statt düsterer Blicke, und Lachen hallte durch den großen Saal, doch an der Tafel, an der sie zwischen Kieran und Jamie saß, gab es weder das eine noch das andere.
Neben Jamie hatte Brice Campbell Platz genommen, und neben Kieran dessen Bruder Colin. Die vier Männer hätten ebenso gut steinerne Statuen sein können. Ihre Speisen lagen unangerührt auf ihren Tellern, und ihre Humpen waren noch randvoll, denn kein Tropfen war ihnen bisher über die Lippen gekommen.
„Wir bieten Euch und Euren Mannen Unterkunft an“, verkündete Lady Katherine. „Hinter Euch liegt ein langer und beschwerlicher Ritt. Ihr werdet sicherlich ein paar Tage hier verweilen wollen, bevor Ihr Eure Heimreise antretet.“ Sie drehte sich zu ihrem Sohn um. „Nicht wahr?“
„Ja“, antwortete Kieran leise.
„Für Euer freundliches Angebot sind wir dankbar, Mylady.“ Jamie hatte einen kurzen Blick für sie übrig und schaute dann auf seine zahlreichen Leute. „Doch wir werden noch einige Stunden Tageslicht haben, und nachdem sich die Männer satt gegessen haben, werden wir unsere Heimreise unverzüglich antreten. “
„So bald schon?“ fragte Megan bestürzt.
„Willst du nicht so schnell wie möglich wieder nach Haus kommen?“ Brice Campbell schaute sie an und bemerkte, dass sie auf einmal ganz blass geworden war.
„Gewiss. Wenn ich nur an alle jene denke, die ich vergessen hatte. Die alte Morna, meine Amme. “ Ein wehmütiger Ausdruck trat in ihre Augen. „Bancroft.“ An Kieran gewandt, erläuterte sie: „Das ist unser Torhüter. Wie Euer Padraig, arbeitet auch er schon seit drei Generationen für die MacAlpins.“ Bei dem Gedanken an ihre Familie flüsterte sie verträumt: „Und ich werde meine Schwestern Brenna und Meredith wieder sehen.“
Als der Name seiner Ehefrau fiel, berichtete Brice: „Meredith ist übrigens wieder guter Hoffnung. Du und Brenna fehlen ihr sehr, und sie meint, ein weiteres weibliches Wesen sei eine erfreuliche Ergänzung unseres Haushaltes.“
Kieran sah den sehnsüchtigen Ausdruck in Megans Augen, als die Rede auf ihre Schwester kam. Er wusste, dass es selbstsüchtig von ihm wäre, wenn er sie hier bei sich behalten wollte. Dazu hatte er kein Recht, zumal sie bereits so lange von ihren Lieben getrennt war. Dennoch lastete es ihm schwer auf der Seele, sie ziehen lassen zu müssen.
Er schaute auf, als Mistress Peake in Tränen aufgelöst in den Saal kam. Er schob seinen Stuhl zurück, erhob sich und fasste die Haus-hälterin bei den Schultern.
„Was ist geschehen? Weshalb weint Ihr so?“
„O Herr.“ Ihre Lippen zitterten. Sie schluchzte so sehr, dass sie kein Wort hervorbrachte.
„Redet, Mistress Peake. Was hat..." Er wandte sich zum Eingang. Eine wunderschöne Frau mit pechschwarzem Haar und Augen so blau wie der Sommerhimmel stand dort und neben ihr ein gut aussehender großer Mann.
„Gott im Himmel ..."
Bei Kierans Ausruf schaute die anderen Anwesenden hoch.
Lady Katherine, die tief in einem Gespräch mit Hugh Cleary vertieft gewesen war, schrie plötzlich leise auf und eilte durch den Raum. Die kleine Bridget neben ihr schaute ein paar Sekunden völlig verwirrt drein, und als ihr die Erkenntnis dämmerte, rannte sie auf das Paar zu.
„Vater, Mutter“, rief sie.
„Ach Fiona, bist du es wirklich?“
Die junge Frau hob ihre kleine Tochter hoch, zog Lady Katherine fest an sich und umarmte sie heftig. Kieran und Colin folgten, und am Ende lag sich die ganze Familie lachend und weinend in den Armen.
„Jetzt bin ich glücklich“, sagte Lady Katherine zwischen einzelnen Schluchzern.
Vom Tisch aus beobachtete Megan Fionas Heimkunft und musste dabei an ihre eigene denken. Wenn sie erst einmal wieder mit ihrer Familie vereint war, würde ebenfalls gelacht und geweint werden, doch sie wusste auch, dass diese Heimkehr mit einem Abschied verbunden war. Um zu ihren Verwandten zurückkehren zu können, musste sie Killamara verlassen. Und Kieran.
Sie freute sich so sehr für diese guten Menschen hier, doch weshalb war es ihr dann, als bräche ihr das Herz?
Unbemerkt stand sie vom Tisch auf, begab sich in ihr Gemach und bereitete sich auf ihre Heimreise vor.
Jamie saß stolz auf seinem Ross. Er war ausgezogen, um seine Clansführerin zu suchen, und er hatte sie gefunden. Die Hürde, die ihm einst unüberwindlich erschien, war jetzt genommen und der Weg wieder frei. Das erleichterte Jamie ungemein. Lange hatte
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