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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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herausforderndem Blick aus, schweiften über Royston und Simon, die ihm, spöttisch der eine, angriffslustig der andere, entgegensahen, wanderten hinüber zu Stephen, der sich zu ihm umgedreht hatte, und saugten sich dann an Jeremys Nacken fest. Unter der sommersprossigen Haut spannten sich die Kiefermuskeln stramm an. »Und ob ich den hab! Kann ruhig jeder wissen, was ich denke! Eine Schande ist das, dass eine Kanaille wie Danvers hier überhaupt zugelassen wird und dann –«
    »Ah-ah«, fiel Leonard ihm ins Wort und wackelte mit dem Zeigefinger, deutete dann auf Jeremy. »Nicht mir sollst du das sagen. Sondern ihm , und zwar direkt ins Gesicht. – Wo du doch so unglaublich viel von Ehre, Tapferkeit und Anstand hältst ...«, fügte er neckend hinzu, unterstrichen von einem Lächeln, das beinahe schon charmant ausfiel.
    »Lass gut sein, Len«, kam es von Jeremy. In einer energischen Bewegung zurrte er die Schnalle an seiner Tasche zurecht.
    Leonard und Freddie maßen sich mit Blicken, bevor Ersterer mit einem Schulterzucken das Bein herunternahm und die Kadetten um Highmore vorbeiließ.
    »Du weißt, Sis und ich rechnen fest mit dir am Wochenende«, wandte er sich wieder an Jeremy.
    Jeremy zeichnete mit dem Finger die Nähte im Leder nach und schwieg.
    »Na komm schon!« Leonard boxte ihn gegen die Schulter. »Ist alles ganz zwanglos!« Als Jeremy ihn ansah, den Mund spöttisch verzogen, lachte er und hob die Hände. »Also schön – zumindest größtenteils zwanglos! Für den Abend leih ich dir aber gern einen Frack.«
    »Du wirst wohl nicht unserer illustren Gesellschaft –«, protestierte Royston.
    »... und der der Mädels!«, schnurrte Simon voller Vorfreude.
    »... und der der Ladys «, nahm Royston mit hochgezogenen Brauen den Faden wieder auf, »ein Wochenende in dieser langweiligen Höhle hier vorziehen!« Drohend richtete er den Zeigefinger auf Jeremy. »Versuch gar nicht erst, dich damit rauszureden, dass du noch lernen musst! Du könntest die Prüfungen jetzt schon mit links bestehen! Im Gegensatz zu uns armen Würstchen, die wir im Schweiße unseres Angesichts noch pauken werden, bis unsere Schicksalsstunde geschlagen hat.«
    »Becky ist auch eingeladen – nicht wahr, Stephen?«
    Leonards augenzwinkernde Bemerkung rief eine leichte Röte auf Stephens Wangen hervor.
    »Du könntest dann endlich auch Ada kennenlernen«, lenkte dieser hastig ab. »Sie kommt heute nämlich wieder nach Hause.«
    Jeremy schwieg, zwei, drei Herzschläge lang. Gestreift von einem unbefangenen, überschäumenden Lachen. Einem Paar brauner Augen. Einem Duft wie von feuchten Grashalmen, von Klee und Schlüsselblumen.
    Er stand auf und griff nach seiner Tasche.
    »Mal sehen.«

3
    Vogelgezwitscher erfüllte die Luft, die süß war von sonnendurchwärmtem Laub und Gras und durchwürzt von den herben Aromen des Kräutergärtchens. Jetzt, zur Mittagszeit, konnte man die Farben des Gartens förmlich riechen, das Safrangelb der Ringelblumen, das Königsblau des Rittersporns und das sanfte Violett des Phlox, das Scharlachrot der letzten späten Tulpen. Aus der Ferne schallte das metallische Schmettern eines Horns herüber, das die zügige Vorüberfahrt der von vier Pferden gezogenen Postkutsche nach Brighton verkündete, deren Route hinter Shamley Green vorbeiführte.
    Vierhundert Morgen Land umfasste das Anwesen, gut fünf Meilen südwestlich von Guildford; ein eher bescheidener Grundbesitz, aber mit einer langen Geschichte. Als Wilhelm der Eroberer englischen Boden betrat, war Shamele , wie es damals noch hieß, bereits Teil der Ländereien des Benediktinerklosters von Chertsey Abbey, und nach der Auflösung aller englischen Klöster machte Heinrich VIII . es einem seiner Höflinge zum Geschenk – oder vielmehr dessen Frau, allenthalben als »die schöne Anne« bekannt und berühmt.
    Es war gutes, es war reiches Land, das Land von Shamley Green. Saftige Weiden nährten Kühe und Schafe, und auf den Feldern gediehen Weizen, Hafer und Gerste, Mangold und Grünkohl, später Kartoffeln und Rüben, während die dichten Wälder wertvolles Eichenholz lieferten. Seit nunmehr einhundertdreißig Jahren war es das Land der Norburys, seit des Colonels Urgroßvater, ein Captain zur See und in Diensten der East India Company zu Wohlstand gelangt, es erworben hatte.
    Das Lied der Meisen und Rotkehlchen in den Baumwipfeln fand sein Echo in den Stimmen der vier Frauen und in den glockenhellen, anheimelnden Klängen von Porzellan und Silber und

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