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Jenseits des Spiegels

Jenseits des Spiegels

Titel: Jenseits des Spiegels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Markstoller
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gelauert hatte, stürmte eine cremefarbene, schlanke Wölfin, die sofort auf den Waldrand zustürmte. Veith fluchte, und wollte der Wölfin nachsetzten, doch in dem Augenblick landeten die beiden Drachen vor uns.
    Der Wind, den sie mit ihren Flügeln fabrizierten, haute mich einfach mal von den Socken – wortwörtlich. Ich wurde umgeweht, landete schmerzhaft auf dem Hintern, und hatte plötzlich eine riesige Drachenschnauze vor der Nase. Das Wimmern das ich ausstieß, wurde nur von Veiths warnendem Knurren übertönt. Es war, als hielte die ganze Lichtung einen Moment die Luft an, als der Drachenkopf sich mir immer weiter nährte. Ich konnte schon den warmen Atem auf meiner Haut spüren. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, und jetzt wusste ich ganz genau, dass es einfach nur dämlich gewesen war, zu dem Grünling zu gehen. „Es tut mir leid“, flüsterte ich, auch wenn ich nicht glaubte, dass es irgendwas bringen würde.
    Als der Drache die Nüstern blähte, spürte ich wie mir der heiße Atem ins Gesicht fegte. Es roch nach … gemähtem Gras? Er stieß einen leisen, singenden Laut aus, der dem des Kleinen so ähnelte, und warf dann den Kopf in den Nacken, um unter einem gewaltigen Brüllen eine Feuerfontäne in den Himmel zu schicken.
    Die Härchen auf meinen Armen richteten sich auf, jeder meiner Muskeln spannte sich an, als beide Drachen sich vom Boden abstießen, und damit die Erde zum beben brachten. Pfeilschnell schossen sie ihn die Höhe. Im gleichen Moment stießen sich die anderen vier Drachen von den Kippen ab. Drei von ihnen folgten den Gefährten in den Himmel, der Vierte aber, der größte von ihnen, ließ sich mit wild flatternden Flügeln zu Boden gleiten. Nein, er landete gar nicht, flog über den kleineren Drachen, und packte den Kadaver mit seinen Klauen, um sich dann durch kräftige Flügelschläge gemeinsam mit ihm in die Höhe zu schrauben.
    Als sich die Pranke von dem Grünling, von Erions zerquetschten Leib löste, hörte ich ein schmatzendes Geräusch, das mich wohl bin in meine Alpträume verfolgen würde. Nicht mal das zuhalten der Ohren brachte etwas. Wie ein Echo halte es immer und immer wieder in meinem Kopf umher, als die Drachen über das Gebirge flogen, und in der Entfernung verschwanden. Zurück ließen sie einen Ort des Grauens, getränkt vom Blut der Unschuldigen, und meinen verzweifelten Tränen.
    „Talita.“
    Ich schüttelte den Kopf, und als Veith mir seine Hand auf dem Arm legte, schüttelte ich sie ab. Ich verdiente keinen Trost.
    „Komm schon, du musst aufstehen.“
    „Nein. Geh weg.“
    Am Rand des Waldes gab es eine kleine Keilerei. Tyge, der sich auf die cremefarbene Wölfin gestürzt hatte, und sie zu Boden drückte, damit sie nicht entkommen konnte. Sie schnappte nach ihm, und knurrte, kam aber nicht weg, da Tyge sie mit seinem ganzen Gewicht nach unten drückte.
    „Das ist Isla“, erklärte Veith. „Meine Cousine.“
    „Sie hat sich nicht zurückverwandelt.“
    „Nein, das haben die wenigsten.“
    Wieder wanderte mein Blick über diesen Ort, über all die toten Wölfe, über die mit Stricken festgebundenen Lykaner an den Bäumen, über die Meute mit der ich gekommen war, und die alles versuchten um den Verletzten zu helfen – ob diese nun wollten, oder nicht. Ich entdeckte Sinssi, die klagend und schluchzend über dem Leib eines goldgelben Wolfes kauerte, und ihr Leid zur Welt hinausschrie. Ich sah verstörte und verschreckte Gesichter von Erions Wölfen, die nicht wussten, was mit ihnen geschehen war, und ich erblickte Crypos, der eine ältere Frau in die Arme geschlossen hatte, und alle anknurrte, die ihr zu nahe kamen. Auch in ihren Augen lag dieser verwirrte Glanz, den alle Wölfe von Erion zeigten. Ein Meer des Schreckens, ohne Hoffnung auf ein Happy End.
    „Komm“, sagte Veith wieder. Er griff nach meinen Arm, und zog mich auf die Beine. Ich ließ es widerstandslos über mich ergehen, dass er mich an den Rand zu Kovu und Pal brachte – der sich in der Zwischenzeit aufgesetzt hatte –, und mich zwischen die Beiden auf den Boden drückte. Dann ging er zu seinem Vater, und half ihm, Isla mit einem Strick an einen Baum zu binden, damit sie nicht in den Tiefen des Waldes verschwinden konnte.
    Ich sah Leute, und hörte Stimmen. Alle verschmolzen zu einem Zerrbild der Realität. Najat wies die Lykaner an in den Wald zu laufen, und die flüchtigen Wölfe einzusammeln. ALLE, wie er mehr als einmal betonte. Sie dort draußen rumlaufen zu lassen, wäre zu

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