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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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Frank auf. »Sporthochseeschein … Was bedeutet das?«, rief sie wassertretend.
    Â»Sporthochseeschifferschein«, korrigierte Frank sie. »Das heißt, sie darf alle Meere befahren, unter Segel und Motor. Ich muss schon sagen, das hätte ich Anna-Dora nicht zugetraut. Ich werde mit jeder Sekunde neugieriger auf das, was in Natal auf uns wartet.«
    Neugierig ist die Untertreibung des Jahrhunderts, dachte Anita. Ich platze geradezu. Mit beiden Armen warf sie sich vorwärts und kraulte davon. »Fang mich!«, schrie sie.
    Frank holte sie mühelos ein. Nachdem sie mehrere Male das Boot umrundet und sich anschließend eine übermütige Wasserschlacht geliefert hatten, kletterten sie wieder an Bord. Nass wie sie waren, warfen sie sich auf ihre Liegekissen auf dem Vorschiff, hielten sich an den Händen und schauten den Möwen nach, die über den azurblauen Himmel in die Ferne glitten. Es roch salzig nach Meer. Nach Freiheit.
    Nach Leben, dachte Anita und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Das ungute Gefühl verzog sich in die hinterste Ecke ihres Bewusstseins.
    Â 
    Ãœber dem sonnenverbrannten Inland der Insel hatte die Sonne indessen die letzte Feuchtigkeit aufgesaugt. Hitze knisterte in den
Pinien, die Mallorquiner legten sich zur Siesta nieder, die Touristen rösteten sich entweder am Strand oder suchten Abkühlung an der Bar oder in den Swimmingpools. Die aufgeheizte Luft stieg vom heißen Boden auf und traf auf kühlere, feuchtere Schichten. Wassertröpfchen entstanden, die sich bald zu milchigem Dunst vereinigten. Er wurde dichter und schwerer, und nach und nach ballte er sich zu Wolken.
    Die Keimzelle eines gewaltigen Gewitters war geboren.
    Anita und Frank, die im lichten Schatten des Sonnensegels dösten, schienen nichts davon zu merken. Ihre Finger hatten sie fest ineinander verflochten, die Augen geschlossen.
    Anna-Dora saß neben dem Ruder auf der Bank und hielt das Rad locker mit einer Hand, mit der anderen wischte sie sich den Schweiß vom Gesicht. Besorgt spürte sie, dass sich ein heißer Druck von der Größe eines Tennisballs in ihrem Hinterkopf zusammenballte. Für gewöhnlich verhieß das eine Drei-Tage-Migräne. Früher hatte ihr nicht einmal die Hitze in Afrika etwas ausgemacht. Seit sie jedoch die siebzig überschritten hatte, setzte ihr schwüles Wetter immer mehr zu. Plötzliche Blitze vor ihrem Blickfeld kündigten den nächsten Anfall an. Stöhnend ließ sie den Kopf in den Nacken fallen, wobei sie das Ruder versehentlich fahren ließ.
    Das Boot reagierte fast unmerklich, aber Frank richtete sich dennoch auf. »Alles in Ordnung?«, rief er ihr zu.
    Anna-Dora nickte stumm, bemüht, nicht zu zeigen, wie sie sich fühlte. Sie hatte nicht vor, ihrer Tochter diesen Tag mit Gejammer über Kopfschmerzen zu verderben.
    Â»Bekommst du Migräne?«, rief er besorgt. »Sollen wir den Motor anwerfen und in den Hafen fahren?« Er stemmte sich auf die Füße.
    Â»Ach was, nein. Ich nehme ein Aspirin, und dann geht’s wieder.« Hoffentlich, dachte Anna-Dora und strich sich über die Stirn. »Aber ich glaube, das Wetter ändert sich.«

    Ihre Annahme wurde Minuten später bestätigt. Eine plötzliche Bö ließ Staubwirbel über den Strand tanzen, die verkrüppelten Pinien am Ufer schüttelten sich, und das Meer bekam eine Gänsehaut. Das Segelboot schwankte kurz und heftig, wobei Frank fast die Balance verlor. Der Dunstschleier über dem Horizont verdichtete sich zu einer soliden, giftig violetten Wolkenwand. Der erste Donner rollte übers Meer. Noch war er kaum wahrnehmbar, verursachte eigentlich nur eine Erschütterung der Luft.
    Frank aber hatte ihn gehört. »Ich muss die Segel reffen«, rief er.
    Auf einmal fegte ein starker Windstoß übers Wasser, die Segel blähten sich mit einem Knall, und das Boot nahm Fahrt auf. Mit einem Satz war Frank beim Baum und wickelte eilig das überschüssige Tuch des Großsegels mittels der Handkurbel um den Baum, den er anschließend gegen weiteres Verdrehen sicherte. Seine Badeshorts flatterten in der steifer werdenden Brise.
    Â»Herrlich! Wir bekommen endlich Wind«, schrie er Anita zu, die das hin und her schlagende Sonnensegel festhielt. »Hol bitte die Schwimmwesten.«
    Der Himmel zog sich zusehends zu. Das strahlende Blau war von einem schweren Bleigrau verschluckt worden.
    Â»Das gibt

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