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Jenseits von Timbuktu

Jenseits von Timbuktu

Titel: Jenseits von Timbuktu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gercke Stefanie
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gewinnen, ehe sie ihn mit dem Fingernagel aufschlitzte. Dabei blickte sie ihre Mutter zweifelnd an, fand, dass sie merkwürdig erregt wirkte, denn ihre Augen glänzten fiebrig, und sie konnte ihre Hände offensichtlich kaum stillhalten. Der Umschlag musste etwas ganz Besonderes enthalten.
    Und das war es. Etwas ganz Besonderes. Es war eine Einladung für Anita und Frank, zusammen mit ihr nach Südafrika zu fliegen. Anita starrte die Worte an, die fein säuberlich mit blauer Tinte auf weißen Leinenkarton geschrieben standen: Flug von Hamburg nach Frankfurt und weiter nach Durban, Südafrika, Aufenthalt in einem Hotel namens Cabana Beach in Umhlanga Rocks, KwaZulu-Natal. Rückflug zwei Wochen später auf derselben Route.

    Â»Aber Mama«, brach es konsterniert aus Anita heraus.
    Ihre Mutter hob lachend eine Hand. »Es ist an der Zeit. Das hätte ich schon vor sehr langer Zeit machen sollen.«
    Â»Zeit … wozu?« Anita sah sie hilflos an.
    Wieder dieses Lachen. Aufgeregt, ein bisschen überdreht. Glücklich. Glücklicher, als sie ihre Mutter seit Langem erlebt hatte. »Du wirst schon sehen.«
    Anita fand keine Worte. Was war nur in ihre Mutter gefahren? Woher wollte sie das Geld nehmen? Rasch überschlug sie die Kosten. Unter fünftausend Euro würde ihre Mutter kaum davonkommen, schätzte sie und erschrak.
    Â»Ausgeschlossen«, sagte sie laut. »Mama, das ist zu viel! Viel zu viel.«
    Â»Anita hat recht, Anna-Dora«, mischte sich Frank ein. »Das ist einfach zu viel. Lass uns wenigstens die Flüge selbst bezahlen.« Liebevoll streichelte er seiner Schwiegermutter über den Arm. Ihr Verhältnis war von Anfang an sehr gut gewesen. Er mochte sie sehr.
    Anna-Dora hob lachend beide Hände. »Geht nicht. Sind schon bezahlt.«
    Anita und Frank sahen sich verblüfft an. Anita zuckte in einer ratlosen Geste die Schultern.
    Â»Ich hab’s gespart. Macht euch keine Sorgen.« Anna-Dora hatte den Blickwechsel der beiden offenbar bemerkt.
    Â»Von deiner Rente?«, platzte Anita heraus.
    Wieder lachte ihre Mutter. »Keine Angst, ich habe noch ein paar Reserven. Meine Rente brauchte ich nicht anzutasten. Und nun möchte ich nichts mehr über Geld hören. Freust du dich nicht?« Es klang vorwurfsvoll.
    Anita riss sich zusammen und drückte ihre Mutter fest an sich. »Doch, Mama, natürlich. Danke. Das ist das überraschendste Geschenk, das ich je bekommen habe  – und das üppigste.« Es kam seltsam hölzern heraus, und ein merkwürdig unruhiges Gefühl
setzte sich in ihr fest, besonders als sie bemerkte, dass ihrer Mutter die Tränen in den Augen standen. »Es ist an der Zeit … Willst du mir nicht verraten, was du damit meinst?«
    Anna-Dora blickte durch sie hindurch, war ganz offensichtlich in Gedanken weit weg. »Nein, das will ich nicht. Nicht jetzt. Gedulde dich noch ein wenig. Wir fliegen am 20. Januar. Es dürfte doch kein Problem für euch sein, dann Urlaub zu bekommen, nicht wahr? Einen Mietwagen habe ich auch schon bestellt.« Ohne eine Entgegnung abzuwarten, stand sie auf und fing an abzudecken. Sie kippte die Langustenreste in eine Plastiktüte und verknotete sie, damit nicht das ganze Boot danach stank, anschließend trug sie die abgegessenen Teller in die Kombüse.
    Frank sah ihr nach. »Du musst mit deiner Gynäkologin sprechen, ob du im Januar noch eine solche Reise machen kannst.«
    Â»Das mache ich, wenn wir zurück in Deutschland sind. Der siebte Monat wird die Grenze sein. Vielleicht kann Mama den Flug auf einen früheren Termin umbuchen.«
    Er lehnte sich zu ihr hinüber und nahm ihre Hand. »Hast du irgendeine Vorstellung, was Anna-Dora meint? Wozu ist es jetzt Zeit? Es muss etwas mit dem Leben deiner Eltern in Zululand zu tun haben, da bin ich mir sicher.«
    Sie hob die Schultern. »Ich habe keinen Schimmer. Ich habe schon mein Gedächtnis gründlich durchforstet, aber mir ist nichts eingefallen. Über ihre Zeit in Zululand weiß ich so gut wie gar nichts.«
    Â»Hast du deine Eltern denn nie gefragt? Sie haben doch immerhin rund zwanzig Jahre dort gelebt.«
    Â»Doch, schon«, antwortete sie und spielte dabei mit einer Gabel. »Immer wieder. Jahrelang. Aber ich habe nie wirklich Antworten bekommen. Ich weiß nur, dass sie dort eine Farm hatten, die sie Timbuktu genannt haben. Früher haben sie davon geschwärmt,

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