Jerry Cotton - 0516 - Der Satan nimmt kein Trinkgeld an
spürte, wie das Auto durch die Kurven schlitterte. Er wurde von einer Ecke des Kofferraumes in die andere geworfen. Seine Haut schürfte ab, sämtliche Knochen taten ihm weh.
Nach einer halben Ewigkeit hielt der Wagen endlich wieder. Es dauerte eine kleine Weile, bis die Wagentür wieder zugeschlagen wurde. Diesmal war der Motor ausgestellt.
Slim Service wartete mit angehaltenem Atem. Er hörte, wie ein anderer Wagen in geraumer Entfernung gestartet wurde. Dann war alles ruhig. Tödlich ruhig.
Slim Services Hände tasteten den gewölbten Deckel des Kofferraumes ab. Seine gekrümmten Finger fanden den Mechanismus des Schnappschlosses, aber es gab immer noch nicht nach. Slim Service versuchte es mit dem Wagenheber. Zuerst rutschte er ab. Schließlich knallte er das schwere Eisenstück mehrere Male genau gegen das Schloß. Er zerschlug die Hakenöse, der Deckel des Kofferraumes öffnete sich.
Für einen Augenblick blieb Slim Service sprachlos liegen. Er sah die hohen Wipfel mehrerer Hickory-Eichen. Das war, zumindest für eine Harlem-Ratte Wie ihn, eine große Seltenheit.
Noch erstaunlicher war allerdings, daß er nur mit einer Unterhose bekleidet in dem Wagen lag.
Fluchend sprang der kleine Gangster aus seinem bisherigen Gefängnis heraus. Nervös blickte er sich um. Kein Mensch war zu sehen.
Slim klappte den Kofferraum notdürftig zu und lief um den Wagen herum. Zu seiner Erleichterung stellte er fest, daß der Zündschlüssel steckte.
Gleichzeitig entdeckte er seine Kleidung auf dem Rücksitz.
In Sekundenschnelle hatte er sich angezogen. In der Hosentasche spürte er den Druck seiner altvertrauten Waffe.
Slim Service startete den Wagen und brauste nach Manhattan zurück.
Er hatte das Gefühl, um Haaresbreite einer gefährlichen Sache entkommen zu sein. Dieses Gefühl war ein großer Irrtum.
Als er nichtsahnend zwei Stunden später seine Wohnung betrat, warteten schon drei Beamte der Mordkommission Manhattan II East auf ihn. Lieutenant Harry Easton leitete den Einsatz. Er hatte einen Haftbefehl gegen Slim Service und ein Foto, das den Gangster von hinten zeigte, wie er sich über einen Toten beugte.
Die Schußwaffe, die Harry Easton dem Gangster abnahm, war die Waffe, mit der der Mann auf dem Foto erschossen worden war.
***
»Ich war zusammen mit Harry Easton in Kokies Bar in der 19. Straße«, begann ich meinen Bericht für Mr. High. »Es gelang uns, einen Rauschgiftverteiler ausfindig zu machen. Bei seiner Verhaftung wollte er fliehen und wurde von Harry angeschossen. Leider saß die Kugel so unglücklich, daß der Mann kurz darauf starb. Vorher machte er uns aber noch einige Angaben.«
»Welche?« wollte Phil ungeduldig wissen. Verständlich, der Fall brannte ihm schon seit einigen Wochen unter den Nägeln.
»Daß er für die ›Company of Devil‹ arbeitete, von ihnen das Heroin erhielt und noch in der gleichen Nacht in der 19. Straße von seinem Vorgesetzten erwartet würde. Deswegen blieb ich dort.«
»Hat er sonst noch etwas sagen können?«
»Ja, wir erhielten den Hinweis, daß drei Kellner des Kennedy Airports ebenfalls Rauschgiftverteiler sind.«
»Okay«, sagte Mr. High. »Vermutlich wollte das Rauschgiftsyndikat nichts mehr mit dem Verteiler zu tun haben. Sie haben die Schläge bekommen, die dem Gangster zugedacht waren. Um die Kellner werden wir uns kümmern.«
Ich rieb mir das Kinn und betastete mein geschwollenes Gesicht: »Solche Irrtümer schätze ich nicht«, brummte ich. »Den Burschen, der mir diese Schläge verpaßt hat, werde ich mir eingehend vorknöpfen.«
»Nichts leichter als das«, frotzelte Steve Dillaggio. »Du brauchst nur ein paar Kleinigkeiten zu erledigen, dann hast du ihn.«
»Welche?«
»Finde die Bande, die sich so hochtrabend Company of Devil nennt, liefere Beweise für ihre Tätigkeit und verhafte die Brüder.«
»Ihr wolltet doch heute eigentlich die Entwöhnungsanstalten aufsuchen. Habt ihr dort keinen Hinweis bekommen? Schließlich muß doch jeder Süchtige wissen, woher er das Rauschgift bezogen hat.« , Phil nickte. »Natürlich wissen die ganz genau, wer die Company of Devil ist. Nur, sie sagen es nicht. Alle hoffen darauf, einmal wieder aus der Anstalt herauszukommen. Dann möchten sie natürlich wieder Rauschgift haben. Auf keinen Fall werden sie einem Nichtsüchtigen ihre Quelle verraten. Da ist also nichts zu machen.«
Ich überlegte einen Augenblick. Die Bekanntschaft, die ich bisher mit der Gesellschaft des Satans gemacht hatte, war durchaus
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