Jerry Cotton - 0584 - Du musst toeten Cotton
die Tür aufstieß.
Vor mir lag ein Raum im Zwielicht. In der Mitte stand ein Tisch. Daran saß der alte Trödler. Er schaute mich aus weit aufgerissenen Augen an. Zwischen seinen Augen, genau über der Nasenwurzel, befand sich ein häßlicher Fleck. Ein dunkler Streifen zog sich von dort bis zum Mundwinkel.
***
»Wer spricht?« fragte Myrna, die Telefonistin mit der Mitternachtsstimme.
Die Stimme schien den Anrufer etwas zu verunsichern. »Hallo — spreche ich mit dem FBI?«
»Ja, hier ist das FBI, Distrikt New York. Wer spricht?«
»Hast ’ne heiße Stimme, Girly«, grunzte der Anrufer. »Möchte dich verdammt gern kennenlernen!«
»Ihre Wunsche bitte«, sagte Myrna ungerührt. Sie kannte solche Anträge aus langer Erfahrung und wußte, daß völlige Nichtbeachtung die beste Gegenwehr ist.
Es bestätigte sich auch diesmal wieder. »Ich möchte‘euren Boß sprechen!« vernahm sie.
»Ihr Name, Sir!«
»Miller«, sagte der Mann mit einer Stimme, die keinen Zweifel daran ließ, daß er einen falschen Namen genannt hatte. »Charly Miller.«
»Worum handelt es sich, Mr. Miller?«
»Ich will deinem Boß einen guten Tip geben, Girly!«
Myrna hatte wie alle Angestellten der Zentrale für diesen Fall ihre festen Vorschriften. Es ist klar, daß Mr. High, unser Chef, nicht mit jedem anonymen Anrufer verbunden werden kann. Andererseits werden uns manchmal interessante Dinge mitgeteilt.
»Ich verbinde«, sagte Myma kurz und legte mit einem Knopfdruck auf dem Pult der elektronischen Vermittlung das Gespräch zum Leiter des Bereitschaftsdienstes. So landete es bei Jo Sandfield.
»Bist du der Boß von deinem Laden, Bulle?« fragte der sogenannte Mr. Miller.
Jo hatte keinerlei Gewissensbisse, als er sich die Sache einfach machte. »Klar, Mister! Schießen Sie los!«
»Ich kann euch Bullen verdammt nicht leiden«, gab der angebliche Miller bekannt. »Verstanden?«
»Verstanden«, bestätigte Jo Sandfield. »Ich bin ungemein erleichtert, daß ich das jetzt weiß. Uns sind nämlich schon graue Haare gewachsen, weil wir nicht wußten, was Charly Miller von uns hält!«
Es dauerte einige Sekunden, bis der Anrufer die Sprache wiederfand. Dann reagierte er wiederum wie ein Gangster. »Wenn ich dich mal treffe, Bulle, schlage ich dir auf dein freches Maul!«
»Sonst noch was?« fragte Jo ungerührt. »Ja, verdammt«, knurrte Miller, »es geht nämlich um einen alten Freund von mir. Er soll umgelegt werden. Das ist ’ne Schande.«
»Vielleicht können wir helfen«, deutete Jo an. »Pack aus, Miller! Wie heißt du richtig? Wie heißt dein Freund? Wer will ihn umlegen?«
»Du fragst zuviel, Bulle«, antwortete der Anrufer barsch. »Wenn ich das alles sagen wollte, könnte ich ja gleich zu euch kommen und…«
»Sorry, Miller«, unterbrach Jo Sandfield seinen Gesprächspartner. »Wir haben hier eine ganze Menge zu tun. Was ist jetzt? Sollen wir dir helfen oder nicht?«
»Natürlich sollt ihr mir helfen!«
»Dann beantworte meine Fragen! Anders können wir nicht Zusammenarbeiten.«
»Den Teufel werde ich tun und dir deine Fragen beantworten. Ihr könnt mir auch so helfen. Paß genau auf! Heute abend um zehn müßt ihr da sein. Pier 16, an dem roten Lagerhaus. Dort könnt ihr den Mann fassen, der meinen Freund umlegen soll!«
»Wer ist dieser Mann?«
»Eure Sache!« knurrte der angebliche Miller. »Ich habe genug gesagt und…«
»Stopp!« unterbrach Jo Sandfield wieder den Gangster, der offensichtlich dabei war, das Gespräch zu beenden.
»Was?« fragte Miller verblüfft.
»Wir können keinen Mann fassen, der einen Mord erst plant. Er würde innerhalb einer Stunde wieder auf freiem Fuß sein, wenn wir ihm kein Verbrechen nachweisen können. Vorbereitung ist noch kein Verbrechen, zumal wir nicht einmal wissen, wen er umbringen will!« Jo Sandfield sagte die Wahrheit. Sein Gesprächspartner schien das auch zu begreifen. Er schwieg einige Sekunden lang, so daß Jo schon die Befürchtung hatte, die Verbindung wäre abgebrochen.
»Hallo, Miller!«
»Ja?«
»Also, was ist mit dem anderen Namen?«
»Du hast recht, Bulle«, sagte Miller schleppend, als zögere er noch. »Okay, dann laßt es bleiben! Ich sage nichts mehr!«
Ein kurzes Knacken im Hörer zeigte, daß er aufgelegt hatte.
***
»Kommen Sie bitte zu mir!« sprach ich schnell ins Telefon. »Ich würde Ihnen gern den Weg abnehmen, aber ich kann mich nicht zuviel blicken lassen.«
»Warum?« fragte Captain Baker von der Schwerverbrechen-Abteilung — dem
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