Jerry Cotton - 2913 - Die beste Waffe
Und was diesen Immobilienmakler betrifft, da haben wir vielleicht den Zusammenhang nur noch nicht gefunden.«
»Überzeugend klingt das für mich nicht unbedingt, Phil.«
»Aber immer noch überzeugender als ein Irrer, der behauptet, die Überlegenheit seines Gewehrs beweisen zu wollen!«
»Den können wir ja jetzt wohl ausschließen.«
Wir erreichten schließlich die Mott Street. Ich setzte den Jaguar neben eines der Einsatzfahrzeuge des NYPD. Dr. Heinz und die Kollegen der SRD waren noch nicht eingetroffen. Zumindest sah ich keinen ihrer Wagen. Aber um von den SRD-Labors in der Bronx zur Mott Street zu gelangen, hatten sie gegenüber uns auch den längeren Weg.
Wir zeigten den uniformierten Kollegen, der den Tatort abgeriegelt hatte, unsere Ausweise und gelangten schließlich zu Mancini’s Coffee Shop . Scherben bedeckten den Bürgersteig. Die Fenster waren noch nicht einmal besonders groß. Jemanden zu treffen, der dahinter an einem der Tische Platz genommen hatte, war ausgesprochen schwierig.
Der Schütze musste wirklich gut ein.
»Wir müssen zusammen mit Walt noch mal sämtliche Daten durchgehen, die wir über ehemalige oder aktive Mitglieder von SWAT-Teams oder Scharfschützen in den Streitkräften haben«, meinte Phil, doch dieser Vorschlag drückte letztlich nur die ganze Ratlosigkeit aus, die er empfand. »Der Täter muss eine militärische Ausbildung gehabt haben. So gut schießt doch wirklich nur jemand, der das beste Training genossen hat.«
Wir betraten den Coffeeshop.
Ein lockenköpfiger Lieutenant begrüßte mich. Er hieß Roger Coleman und ich kannte ihn schon von anderen Einsätzen.
»Hallo, Jerry! Hallo, Phil! Sieht noch wüst hier aus. Die Spurensicherung war noch nicht da und der Gerichtsmediziner auch nicht.«
Ich sah kurz zu der Toten. Sie lag mit erstarrtem Gesicht auf dem Boden. Der Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, war umgestürzt. Ihr Cappuccino auf dem Tisch auch. Es stand noch eine zweite Tasse auf der anderen Seite der Tischplatte. Ausgetrunken.
»Kanntest du Rita Garth?«, fragte ich.
»Eher flüchtig«, sagte Roger Coleman. »Sie gehörte nicht zu unserem Revier, aber ich hatte ein paar Mal mit ihr zu tun, als es um einen Mord an einem Drogenhändler ging, der in unserem Gebiet passierte.«
»Hast du eine Ahnung, mit wem sie sich getroffen hat?«, hakte ich nach und deutete dabei auf die zweite Tasse.
Lieutenant Coleman schüttelte den Kopf. »Die meisten Zeugen waren weg, bevor wir eintrafen.«
»Und der Betreiber dieses Coffeeshops?«
»Mister Mancini steht unter Schock. Er sitzt drüben in seiner Küche. Eine Kollegin ist bei ihm, aber bislang konnte man kein vernünftiges Wort aus ihm herausholen.«
Phil blieb am Tatort. Ich ging hinter den Tresen des Coffeeshops. Dort war der Durchgang zur Küche und dort fand ich Mancini. Er saß mit starrem Gesicht da, hatte den Kopf auf seine Faust aufgestützt und machte ein Gesicht, das seine Erschütterung mehr als deutlich zum Ausdruck brachte.
Eine Polizistin in Uniform sprach beruhigend auf ihn ein.
»Mister Mancini?«, fragte ich.
Er blickte auf. »Ja?«
Ich zeigte ihm meine ID-Card. »Cotton, New York. Ich habe ein paar Fragen an Sie.«
»Es war furchtbar«, meinte er. »Die Frau saß da und dann zersprang die Scheibe und …« Er sprach nicht weiter, sondern schüttelte nur den Kopf. »Für Sie ist das wahrscheinlich Routine, aber ich komme da nicht so einfach drüber weg.«
»Wenn Sie annehmen, dass das für mich Routine ist, dann irren Sie sich«, erwiderte ich. »Solche Dinge werden niemals Routine, glauben Sie mir.«
»Ich fürchte nur, dass ich Ihnen überhaupt nicht helfen kann. Ich habe nur gesehen, wie die Frau zu Boden fiel. Dann habe ich mich hinter den Tresen geduckt. Ich dachte nur: Wer weiß, was noch kommt.«
»Erinnern Sie sich daran, mit wem die Frau am Tisch saß?«
Er verengte die Augen. »Saß da jemand?«
»Es steht noch immer eine zweite Tasse auf dem Tisch.«
»Ja, richtig. Sie haben recht.«
»War das ein Mann oder eine Frau?«
»Ein Mann.«
»Wie sah er aus?«
»Unscheinbar. Grauhaarig. Er trug einen Anzug, Mantel. Es war nichts Besonderes. Ich schätze ihn auf etwa fünfzig. Na ja, plus minus zehn Jahre. Das ist immer schwer zu sagen, und außerdem habe ich ihn mir auch nicht so genau angesehen. Schließlich weiß man ja nicht im Voraus, dass man so ein Gesicht mal beschreiben soll …«
Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Dann atmete er tief durch. »Ich sehe immer
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